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Kündigungsgründe Arbeitsvertrag A-Z

Arbeitszeitbetrug

Der Arbeitszeitbetrug kann zu einer ordentlichen wie auch einer außerordentlichen Kündigung aus wichtigem Grund führen. Das ist stets eine Frage des Einzelfalls.

BAG, Urt. v. 13.12.2018 – 2 AZR 370/18:

„1. Der vorsätzliche Verstoß eines Arbeitnehmers gegen seine Verpflichtung, die abgeleistete, vom Arbeitgeber nur schwer zu kontrollierende Arbeitszeit korrekt zu dokumentieren (hier: vorsätzlich falsches Erfassen von Überstunden in einem Formular), ist an sich geeignet, einen wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung i.S.v. § 626 Abs. 1 BGB darzustellen.

2. Bei der Frage der Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung geht es nicht um eine repressive Strafzumessung oder Sanktion für begangenes Unrecht in der Vergangenheit, sondern um die Vermeidung des Risikos künftiger Störungen des Arbeitsverhältnisses sowie um die Abwägung von Interessen im Zusammenhang mit der Frage, ob dem Arbeitgeber die Fortsetzung des Dauerschuldverhältnisses für die Zukunft zumutbar ist. Dabei kann nicht auf die Grundsätze der Strafzumessung gemäß § 46 StGB abgestellt werden.

3. (…)

4. Das Gewicht einer Pflichtverletzung des Arbeitnehmers wird durch das bewusste, kollusive Zusammenwirken mit anderen Mitarbeitern zum Nachteil des Arbeitgebers nicht gemildert sondern verstärkt, da der ihm gegenüber begangene Vertrauensmissbrauch durch diese Vorgehensweise vergleichsweise sicher vor Entdeckung umgesetzt werden kann.“

LAG Rheinland-Pfalz, Beschl. v. 24.10.2017 – 8 TaBV 19/17 m. Anm. Hidalgo in DB 2018, 1470 [Orientierungssatz]:

„1. Das Tätigen privater Einkäufe während der Arbeitszeit ohne korrekte Bedienung der Zeiterfassung ist als Verhalten grundsätzlich geeignet, an sich einen wichtigen Grund im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB für eine außerordentliche Tat- oder Verdachtskündigung darzustellen.

2. Eine Kündigung der Betriebsratsvorsitzenden deswegen und ohne vorherige Abmahnung ist bei langjähriger, störungsfreier Betriebszugehörigkeit (hier: 37 Jahre) unverhältnismäßig, da vorliegend der Ausspruch einer Abmahnung eine angemessene Reaktion auf das gezeigte Fehlverhalten der Betriebsratsvorsitzenden gewesen wäre.“

LAG Baden-Württemberg, Urt. v. 29.05.2018 – 19 Sa 61/17:

„1. Der vorsätzliche Verstoß eines Arbeitnehmers gegen seine Verpflichtung, die abgeleistete, vom Arbeitgeber nur schwer zu kontrollierende Arbeitszeit korrekt zu dokumentieren, ist an sich geeignet, einen wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung i.S.v. § 626 Abs. 1 BGB darzustellen. Ein Arbeitnehmer, der über Jahre hinweg monatlich zu den geleisteten Überstunden weitere sieben Stunden sich abzeichnen und vergüten lässt, begeht eine schwerwiegende Pflichtverletzung. Er kann sich regelmäßig nicht darauf berufen, er habe auch sonstige Überstunden geleistet, die nicht geltend gemacht wurden. Er kann sich auch nicht darauf berufen, ihm würden zu Unrecht Erschwerniszuschläge gem. § 19 TVöD vorenthalten. Ein Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes kann sich auch nicht darauf berufen, sein Vorgesetzter habe es gebilligt, dass er monatlich fiktive Überstunden in einem Umfang geltend macht, der dem Wert der aus Sicht des Arbeitsnehmers und seines Vorgesetzten zu Unrecht versagten Erschwerniszuschlägen entspricht.

2. In einem solchen Fall ist der Ausspruch einer Abmahnung von dem der Kündigung entbehrlich. Im Rahmen der Interessenabwägung ist u.a. das Verschulden des Arbeitnehmers zu berücksichtigen. Es wirkt sich zu seinen Gunsten aus, wenn er mit guten Gründen davon ausgehen durfte, ihm stünden die versagten Erschwerniszuschläge auch weiterhin zu. Darüber hinaus ist zu seinen Gunsten zu berücksichtigen, wenn er von einer Mitarbeiterin des Personalbereichs zu seinem betrügerischen Verhalten angestiftet wurde und sein unmittelbarer Vorgesetzter dieses gebilligt und aktiv gedeckt hat.“

Im Leitsatz einer Entscheidung des Landesarbeitsgerichts (LAG) Rheinland-Pfalz heißt es (LAG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 25.11.2014 – 8 Sa 363/14 mit Anm. von Glaser/Block in DB 2015, 1905):

„1. Gibt ein Arbeitnehmer im Voraus eine ganztägige Dienstreise für die Zeiterfassung an und leistet an diesem Tag tatsächlich mehrere Stunden Hilfe bei einer Sportveranstaltung, ist dieses Verhalten an sich geeignet, einen wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung i.S.v. § 626 Abs. 1 BGB darzustellen.

2. Bei einer Einsicht in als privat markierte Einträge im elektronischen Kalender des Arbeitnehmers ist die Rechtmäßigkeit des Eingriffs nach § 32 Abs. 1 S. 2 BDSG zu überprüfen. Eine in Anwesenheit des Arbeitnehmers durchgeführte Kontrolle des Kalenders ist regelmäßig das mildere Mittel zur Aufklärung eines Arbeitszeitbetrugs.

3. Aufgrund der anzustellenden Güterabwägung unter Berücksichtigung der Art und Weise des Verstoßes gegen § 32 Abs. 1 S. 2 BDSG kann sich auch bei einer unverhältnismäßigen Kontrolle von als privat markierten Einträgen im elektronischen Kalender eine Verwertbarkeit des unstreitig gewordenen Sachverhalts ergeben.“

(Letzte Aktualisierung: 22.03.2019)

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