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Kündigungsgründe Arbeitsvertrag A-Z

Drohung

Siehe zu diesem (möglichen) Kündigungsgrund etwa BAG, Urt. v. 05.12.2019 – 2 AZR 240/19, NJW 2020, 1695:

„Droht der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber mit einem empfindlichen Übel, um die Erfüllung eigener streitiger Forderungen zu erreichen, kann – je nach den Umständen des Einzelfalls – ein erheblicher, ggf. sogar die fristlose Kündigung des Arbeitsverhältnisses rechtfertigender Verstoß gegen seine Pflicht zur Rücksichtnahme auf dessen Interessen liegen. Eine auf ein solches Verhalten gestützte Kündigung setzt regelmäßig die Widerrechtlichkeit der Drohung voraus. Unbeachtlich ist demgegenüber, ob das Verhalten den Straftatbestand der Nötigung (§ 240 StGB) erfüllt (BAG 19. November 2015 – 2 AZR 217/15 – Rn. 36; 13. Mai 2015 – 2 AZR 531/14 – Rn. 43; 8. Mai 2014 – 2 AZR 249/13 – Rn. 19 f.).“

Das Arbeitsgericht Siegburg hat entschieden, dass einem Arbeitnehmer die fristlose Kündigung des Arbeitsverhältnisses drohen kann, wenn er einem Vorgesetzten droht (ArbG Siegburg, Urt. v. 04.11.2021 – 5 Ca 254/21).

In der Pressemitteilung des Gerichts v. 11.01.2022 heißt es:

„Kündigt ein Arbeitnehmer einer Kollegin gegenüber glaubhaft an, er beabsichtige seinen Vorgesetzten aus dem Fenster zu schmeißen und er sei kurz vorm Amoklauf, kann dies eine fristlose Kündigung rechtfertigen.

Der Kläger war bei der beklagten Stadt seit über 13 Jahren in der Buchhaltung beschäftigt. Der Kläger äußerte gegenüber seiner Kollegin nach einer Auseinandersetzung mit seinem Vorgesetzten über diesen: ´Diesen kleinen Wicht schmeiße ich aus dem Fenster. Ich lasse mir das nicht länger gefallen. Ich bin kurz vorm Amoklauf. Ich sage dir, bald passiert was. Der lebt gefährlich, sehr gefährlich.´ Der Kläger erhielt am 28.12.2020 deswegen eine fristlose und hilfsweise fristgerechte Kündigung zum 30.06.2021. Hiergegen erhob er Kündigungsschutzklage.

Mit Urteil vom 04.11.2021 wies das Arbeitsgericht Siegburg die Klage ab. Die fristlose Kündigung hielt es nach Vernehmung der Kollegin als Zeugin für gerechtfertigt. Der wichtige Kündigungsgrund lag nach Auffassung der Kammer darin, dass der Kläger in ernstzunehmender Art und Weise gegenüber seiner Kollegin Äußerungen getätigt habe, die sowohl die Ankündigung für eine Gefahr von Leib und Leben des Vorgesetzten als auch die Ankündigung eines Amoklaufs beinhaltet hätten. Der Kläger habe die Drohung nach Überzeugung des Gerichts absolut ernst gemeint. Eine vorherige Abmahnung sei in diesem Fall entbehrlich. Eine Weiterbeschäftigung des Klägers bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist sei dem Arbeitgeber nicht zuzumuten. (…).“

BAG, Urt. v. 29.06.2017 – 2 AZR 47/16:

„Die ernstliche und im Zustand freier Willensbetätigung abgegebene Drohung mit Selbstmord kann einen wichtigen Grund zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses bilden, wenn es dem Arbeitnehmer darum geht, mit der Drohung Druck auf den Arbeitgeber auszuüben, um bestimmte eigene Interessen oder Forderungen durchzusetzen.

Im Orientierungssatz dieser Entscheidung heißt es weiter:

  1. Eine ernstliche Drohung des Arbeitnehmers mit Gefahren für Leib oder Leben des Arbeitgebers, von Vorgesetzen und/oder Arbeitskollegen, für die kein allgemeiner Rechtfertigungsgrund eingreift, kommt „an sich“ als wichtiger Grund i.S.d. § 626 Abs. 1 BGB in Betracht. In einem solchen Verhalten liegt eine massive Störung oder jedenfalls konkrete Gefährdung des Betriebsfriedens. Es stellt, ohne dass es auf seine Strafbarkeit nach § 241 StGB ankäme, eine erhebliche Verletzung der sich aus § 241 Abs. 2 BGB ergebenden, den Arbeitnehmer auch während der Durchführung eines Wiedereingliederungsverhältnisses treffenden Nebenpflicht dar, auf die berechtigten Interessen des Arbeitgebers Rücksicht zu nehmen. Das gilt unabhängig davon, ob das Verhalten des Arbeitnehmers auf die Herbeiführung eines bestimmten Erfolgs zielt.
  2. Eine erhebliche Pflichtverletzung in Gestalt einer ernstlichen Drohung liegt vor, wenn die Äußerung nach ihrem sorgfältig zu ermittelnden Erklärungsgehalt objektiv geeignet ist, bei einem „normal“ empfindenden Menschen den Eindruck der Ernstlichkeit zu erwecken, und der Wille des Drohenden darauf gerichtet ist, dass der Adressat die Drohung ernst nimmt. Nicht entscheidend ist, ob der Drohende seine Ankündigung verwirklichen kann oder will. Ebenso wenig kommt es grundsätzlich darauf an, ob der Adressat sie tatsächlich ernst nimmt, und ob eine Störung des Rechtsfriedens eintritt.“

Wenn ein Mitarbeiter des Landeskriminalamtes seinen Vorgesetzten mit den Worten „Ich stech dich ab“ bedroht, kann dies die außerordentliche und fristlose Kündigung des Arbeitsverhältnisses rechtfertigen. Das hat das Landesarbeitsgericht (LAG) Düsseldorf entschieden (LAG Düsseldorf, Urt. v. 08.06.2017 – 11 Sa 823/16).

(Letzte Aktualisierung: 20.01.2022)