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Versicherungsrecht

Auffahrunfall

Die Frage, ob derjenige, der auffährt, immer Schuld habe, lässt sich in dieser Absolutheit nicht mit ja beantworten. Es gilt die für Juristen häufige Antwort: „Es kommt darauf an.“

Bei Auffahrunfällen spricht der erste Anschein für ein Verschulden des Auffahrenden. Es wird vermutet, dass der Auffahrende entweder den Sicherheitsabstand nicht eingehalten oder aber er das Auffahren durch Unaufmerksamkeit verursacht hat. Diesen Schluss zieht man aus der allgemeinen Lebenserfahrung eines typischen Geschehensablaufes.

Ein solches typisches Unfallgeschehen soll aber dann nicht vorliegen, wenn weitere Tatsachen bekannt werden, welche eine Einschätzung als untypisch zulassen. Und eine solche Tatsache kann gegeben sein, wenn bei Auffahrunfällen auf Autobahnen feststeht, dass in einem engen zeitlichen und räumlichen Zusammenhang vor dem Auffahren ein Spurwechsel des Vorausfahrenden stattgefunden hat. In einem solchen Fall ist der enge zeitliche und räumliche Zusammenhang näher aufzuklären (BGH, Urt. v. 13.12.2011 – VI ZR 177/10).

Das Landgericht (LG) Hamburg hat in einem Fall entschieden, bei dem ein Fahrzeug auf ein anderes Kfz aufgefahren war, da das vorausfahrende Fahrzeug wegen eines durch den Fahrer wahrgenommenen Martinshorns abgebremst hatte (LG Hamburg, Urt. v. 21.10.2016 – 306 O 141/16). Das LG sieht die alleinige Verantwortung für den Verkehrsunfall bei dem auffahrenden Fahrzeug bzw. dessen Fahrer. Die sog. einfache Betriebsgefahr des vorderen Fahrzeugs tritt nach Einschätzung des Gerichts in einem solchen Fall zurück.

Im Leitsatz einer Entscheidung des OLG Karlsruhe heißt es (OLG Karlsruhe, Urt. v. 28.04.2017 – 9 U 189/15, MDR 2017, 760 = NJW 2017, 2626):

„1. Die abrupte Bremsung des vorausfahrenden Fahrzeugs ohne äußeren Anlass ändert bei einem Auffahrunfall grundsätzlich nichts an einem im Wege des Anscheinsbeweises festzustellenden schuldhaften Verkehrsverstoß des Hintermanns.

2. Bei einem Auffahrunfall trifft den auffahrenden Fahrzeugführer in der Regel eine Haftungsquote von 100 %. Die nicht ausgeräumte Möglichkeit, dass der Vordermann eventuell vorsätzlich aus „erzieherischen Gründen“ abrupt gebremst hat, ändert daran nichts. Denn ein Verkehrsverstoß des vorausfahrenden Fahrzeugführers wäre nur dann zu berücksichtigen, wenn er nachgewiesen wäre.“

(Letzte Aktualisierung: 07.09.2017)

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Katrin Kaiser
Rechtsanwältin
Fachanwältin für Familienrecht, Fachanwältin für Verkehrsrecht

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