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Arbeitsrecht

Aufzeichnungspflichten (MiLoDokV)

Mit Wirkung ab dem 01.08.2015 gilt die sog. Mindestlohndokumentationspflichtenverordnung. Sie lautet: „Verordnung zu den Dokumentationspflichten nach den §§ 16 und 17 des Mindestlohngesetzes und den §§ 18 und 19 des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes in Bezug auf bestimmte Arbeitnehmergruppen (Mindestlohn­dokumentations­­pflichtenverordnung – MiLoDokV) vom 29. Juli 2015

Auf Grund des § 17 Absatz 3 des Mindestlohngesetzes vom 11. August 2014 (BGBl. I S. 1348) und des § 19 Absatz 3 des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes vom 20. April 2009 (BGBl. I S. 799), der durch Artikel 6 Nummer 12 Buchstabe c des Gesetzes vom 11. August 2014 (BGBl. I S. 1348) angefügt worden ist, verordnet das Bundesministerium für Arbeit und Soziales:

§ 1

(1) Die Pflicht zur Abgabe einer schriftlichen Anmeldung nach § 16 Absatz 1 oder 3 des Mindestlohngesetzes, die Pflicht zur Abgabe einer Versicherung nach § 16 Absatz 2 oder 4 des Mindestlohngesetzes sowie die Pflicht zum Erstellen und Bereithalten von Dokumenten nach § 17 Absatz 1 und 2 des Mindestlohngesetzes werden vorbehaltlich des Absatzes 3 dahingehend eingeschränkt, dass sie nicht gelten für Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen, deren verstetigtes regelmäßiges Monatsentgelt brutto 2.958 Euro überschreitet. Für die Ermittlung des verstetigten Monatsentgelts sind ungeachtet ihrer Anrechenbarkeit auf den gesetzlichen Mindestlohnanspruch nach den §§ 1 und 20 des Mindestlohngesetzes sämtliche verstetigte monatliche Zahlungen des Arbeitgebers zu berücksichtigen, die regelmäßiges monatliches Arbeitsentgelt sind. Satz 1 und Satz 2 gelten entsprechend für Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen, deren verstetigtes regelmäßiges Monatsentgelt brutto 2.000 Euro überschreitet, wenn der Arbeitgeber dieses Monatsentgelt für die letzten vollen zwölf Monate nachweislich gezahlt hat; Zeiten ohne Anspruch auf Arbeitsentgelt bleiben bei der Berechnung des Zeitraums von zwölf Monaten unberücksichtigt.

(2) Die in Absatz 1 Satz 1 genannten Pflichten nach § 16 Absatz 1 bis 4 und § 17 Absatz 1 und 2 des Mindestlohngesetzes sowie die entsprechenden Pflichten nach § 18 Absatz 1 bis 4 und nach § 19 Absatz 1 und 2 des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes werden vorbehaltlich des Absatzes 3 dahingehend eingeschränkt, dass sie nicht gelten für im Betrieb des Arbeitgebers arbeitende Ehegatten, eingetragene Lebenspartner, Kinder und Eltern des Arbeitgebers oder, wenn der Arbeitgeber eine juristische Person oder eine rechtsfähige Personengesellschaft ist, des vertretungsberechtigten Organs der juristischen Person oder eines Mitglieds eines solchen Organs oder eines vertretungsberechtigten Gesellschafters der rechtsfähigen Personengesellschaft.

(3) In Bezug auf die in Absatz 1 oder 2 genannten Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen hat deren Arbeitgeber diejenigen Unterlagen im Inland in deutscher Sprache bereit zu halten, aus denen sich die Erfüllung der in Absatz 1 oder 2 genannten Voraussetzungen ergibt.

§ 2

Diese Verordnung tritt am 1. August 2015 in Kraft. Gleichzeitig tritt die Mindestlohndokumentationspflichten-Verordnung vom 18. Dezember 2014 (BAnz AT 29.12.2014 V1) außer Kraft.“

Die vorzitierte Verordnung wirft eine Reihe von Fragen auf. Diese wollen wir nachfolgend beantworten:

1. Was hat es mit der Einkommensgrenze von 2.958 EUR auf sich?

Ein Arbeitnehmer, der ein verstetigtes regelmäßiges Monatsentgelt von mehr als 2.958 EUR brutto erhält, unterliegt nur eingeschränkt den Anmelde- und Aufzeichnungspflichten nach MiLoG. Für diesen Personenkreis bestehen die Meldepflichten nach § 16 Abs. 1 und 3 MiLoG (Mindestlohngesetz) nicht. Zudem besteht keine Pflicht zur Aufzeichnung der Arbeitszeiten solcher Arbeitnehmer sowie zum Bereithalten der entsprechenden Dokumente nach § 17 Abs. 1 und 2 MiLoG. Allerdings ist nach § 1 Abs. 3 MiLoDokV der Arbeitgeber verpflichtet, diejenigen Unterlagen im Inland und in deutscher Sprache bereit zu halten, aus denen sich die tatsächliche Gewähr der durch die Verordnung vorgeschriebenen Überschreitung der Entgeltgrenze von 2.958 EUR ergibt.

2. Gilt die Entgeltgrenze von 2.958 EUR für die Beschäftigten aller Branchen?

Die Verordnung nimmt u. a. Bezug auf § 16 und § 17 MiLoG. Dort wiederum ist die Rede von § 2a des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes (SchwarzArbG). Damit sind jedenfalls die Branchen von der Entgeltgrenze in Höhe von 2.958 EUR nach § 1 Abs. 1 MiLoDokV erfasst, die in § 2a SchwarzArbG erwähnt werden (Gleiches gilt für die Entgeltgrenze von 2.000 EUR brutto – dazu weiter nachfolgend Frage 3).

Fraglich ist, ob § 1 Abs. 1 Satz 1 MiLoDokV auch die Branchen meint, die über § 19 des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes (AEntG) in Verbindung mit einem für allgemeinverbindlich erklärten Tarifvertrag oder einer entsprechenden Rechtsverordnung eine Pflicht zur Aufzeichnung von Arbeitszeiten trifft (die gleiche Frage stellt sich dann natürlich für die Meldepflicht nach § 18 AEntG).

Hier gibt es derzeit keine eindeutige Antwort. Betont man, dass der Verordnungsgeber ab einer Vergütung von mehr als 2.958 EUR eine Unterschreitung des Mindestlohns für nicht mehr ausreichend wahrscheinlich hält, dann sollte das auch für die Branchen gelten, die über § 19 AEntG an sich zur Aufzeichnung der Arbeitszeiten bzw. nach § 18 AEntG zur Meldung verpflichtet sind. Der Wortlaut der Verordnung bzw. der Verweis auf §§ 16 und 17 MiLoG lässt sich aber auch so deuten, dass eben nur die Branchen nach § 2a SchwarzArbG von der Lockerung der ansonsten bestehenden Arbeitgeberpflichten befreit sind. Im Übrigen erwähnt § 1 Abs. 2 der Verordnung – anders als § 1 Abs. 1 – ausdrücklich die entsprechenden Passagen im AEntG, was tatsächlich ein Hinweis darauf sein könnte, dass es § 1 Abs. 1 der Verordnung nur um die Branchen nach § 2a SchwarzArbG geht!

3. Was ist mit der Einkommensgrenze von 2.000 EUR?

Mit Wirkung ab dem 01.08.2015 gilt nach § 1 Abs. 1 S. 3 MiLoDokV, dass die Lockerungen bei den Meldepflichten sowie der Pflicht zur Aufzeichnung der Arbeitszeiten auch für solche Arbeitnehmer gelten, deren verstetigtes regelmäßiges Monatsentgelt 2.000 EUR brutto überschreitet. Allerdings gilt dies nur dann, wenn der Arbeitgeber dieses Monatsentgelt für die letzten vollen zwölf Monate nachweislich gezahlt hat. Das kann nur bedeuten, dass im Falle einer Neueinstellung eines Arbeitnehmers die erwähnten Pflichten des Arbeitgebers nicht entfallen, wenn nicht ein Zeitraum von wenigstens zwölf Monaten, während dessen kontinuierlich mehr als 2.000 EUR brutto monatlich gezahlt wurden, abgelaufen ist. Erst nach Ablauf der zwölf Monate darf von den ansonsten zu beachtenden Arbeitgeberpflichten abgesehen werden. Dies ist wiederum dann anders, wenn die Vergütung des Arbeitnehmers ein Betrag von 2.958 EUR brutto im Monat übersteigt (dazu siehe oben Frage 2), denn für diesen Fall gilt die Regelung mit dem 12-Monats-Zeitraum nicht.

4. Was heißt „verstetigte regelmäßiges Monatsentgelt“?

Die Worte „verstetigt“ und „regelmäßig“ sind nach unserer Einschätzung als Synonyme zu verstehen, Klar wird, dass der Verordnungsgeber eine lediglich durchschnittliche Vergütung von mehr als 2.958 bzw. 2.000 EUR als nicht ausreichend ansieht. Es muss also keinesfalls jeden Monat ein Entgelt in identischer Höhe bezahlt werden, das Entgelt darf aber grundsätzlich in keinem Monat unterhalb der erwähnten Verdienstgrenzen liegen. Allerdings gilt das auch nicht ausnahmslos. So dürfte die Unterschreitung der Entgeltgrenzen z. B. dann unschädlich sein, wenn sich der Arbeitnehmer im Krankengeldbezug befindet.

In jedem Fall muss es sich bei der verstetigten Vergütung des Arbeitnehmers um eine solche handeln, die dem Arbeitnehmer einen einklagbaren Anspruch auf das Entgelt gewährt, ohne dass der Arbeitnehmer nachweisen muss, in einem bestimmten zeitlichen Umfang gearbeitet zu haben (HK-MiLoG 2015, Ramming, § 16, Rn. 40).

5. Was ist mit Teilzeitbeschäftigten?

Der Verordnungsgeber hat einen absoluten Betrag gewählt. Das spricht an sich dafür, dass die Regelung für Teilzeitbeschäftigte, die nicht mehr als 2.958 EUR bzw. 2.000 EUR brutto erhalten, die Arbeitgeberpflichten nach MiLoG bzw. AEntG unverändert bestehen (in diesem Sinne HK-MiLoG 2015, Ramming, § 16, Rn. 41). Sicher ist das aber derzeit nicht.

6. Welche Besonderheiten gelten für Angehörige eines Arbeitgebers?

Die Pflichten des Arbeitgebers nach§ 16 Abs. 1 bis 4 MiLoG, nach § 17 Abs. 1 und 2 MiLoG sowie die entsprechenden Pflichten nach §§ 18 sowie 19 AEntG werden vorbehaltlich § 1 Abs. 3 MiLoDokV dahingehend eingeschränkt, dass sie nicht für bestimmte Angehörige gelten. Angehörige in diesem Sinne sind nach § 1 Abs. 2 Satz 1 MiLoDokV im Betrieb des Arbeitgebers arbeitende

  • Ehegatten,
  • eingetragene Lebenspartner,
  • Kinder und
  • Eltern

des Arbeitgebers.

Onkel und Tante zählen demnach nicht zu den Angehörigen im Sinne der Verordnung. Gleiches müsste – mangels Erwähnung in § 1 Abs. 2 MiLoDokV – für Enkel gelten.

7. Was gilt bei Angehörigen und einer Gesellschaft als Arbeitgeber

Das Absehen von den ansonsten maßgeblichen Arbeitgeberpflichten gilt auch dann, wenn der Arbeitgeber eine juristische Person oder eine rechtsfähige Personengesellschaft ist und es sich um einen Angehörigen (siehe dazu Frage 5) des vertretungsberechtigten Organs der juristischen Person oder eines Mitglieds eines solchen Organs oder eines vertretungsberechtigten Gesellschafters der rechtsfähigen Personengesellschaft handelt.

(Letzte Aktualisierung: 14.09.2015)