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Arbeitsrecht

Betriebsvereinbarungsoffenheit

Unter diesem Begriff versteht man die rechtliche Möglichkeit, insbesondere Regelungen in einem Formulararbeitsvertrag so auszugestalten, dass diese ggf. auch zum Nachteil des betroffenen Arbeitnehmers durch eine Betriebsvereinbarung abgeändert werden können. Siehe hierzu beispielsweise BAG, Urt. v. 30.01.2019 – 5 AZR 450/17:

„a) Die Arbeitsvertragsparteien können ihre vertraglichen Absprachen dahingehend gestalten, dass sie einer Abänderung durch betriebliche Normen unterliegen. Eine solche Vereinbarung kann ausdrücklich oder bei entsprechenden Begleitumständen konkludent erfolgen und ist namentlich bei betrieblichen Einheitsregelungen und Gesamtzusagen möglich. Hiervon ist regelmäßig auszugehen, wenn der Vertragsgegenstand in Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthalten ist und – wie stets bei Gesamtzusagen – einen kollektiven Bezug hat. Mit deren Verwendung macht der Arbeitgeber für den Arbeitnehmer erkennbar deutlich, dass im Betrieb einheitliche Vertragsbedingungen gelten sollen. Eine betriebsvereinbarungsfeste Gestaltung der Arbeitsbedingungen stünde dem entgegen. Da Allgemeine Geschäftsbedingungen ebenso wie Bestimmungen in einer Betriebsvereinbarung auf eine Vereinheitlichung der Regelungsgegenstände gerichtet sind, kann aus Sicht eines verständigen und redlichen Arbeitnehmers nicht zweifelhaft sein, dass es sich bei den vom Arbeitgeber gestellten Arbeitsbedingungen um solche handelt, die einer, möglicherweise auch verschlechternden Änderung durch Betriebsvereinbarung zugänglich sind. Etwas anderes gilt nur dann, wenn Arbeitgeber und Arbeitnehmer ausdrücklich Vertragsbedingungen vereinbaren, die unabhängig von einer für den Betrieb geltenden normativen Regelung Anwendung finden sollen ( BAG 24. Oktober 2017 – 1 AZR 846/15 – Rn. 18; 5. März 2013 – 1 AZR 417/12 – Rn. 60; im Ergebnis ebenso für Versorgungszusagen, die auf einer Gesamtzusage beruhen: BAG 21. Februar 2017 – 3 AZR 542/15 – Rn. 34; 10. März 2015 – 3 AZR 56/14 – Rn. 32).

b) Soweit hiergegen eingewandt wird, die Annahme einer Betriebsvereinbarungsoffenheit beruhe auf Unterstellungen und Fiktionen (Waltermann RdA 2016, 296, 301; Lang Die verdrängende Betriebsvereinbarung S. 179; sehr pointiert Preis/Ulber NZA 2014, 6, 9), wird verkannt, dass diese Ausführungen erkennbar typisierenden Charakter haben und keine Fiktion im Rechtssinne darstellen (zutr. Linsenmaier RdA 2014, 336, 342 f.). Die Kritik an dieser Rechtsprechung marginalisiert zudem den generalisierenden Charakter der Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Dieser bringt sie hinsichtlich ihres Gegenstands in die Nähe von Betriebsvereinbarungen, die ebenfalls nicht individuell für das einzelne Arbeitsverhältnis ausgehandelt werden, sondern betriebsbezogen oder zumindest gruppenbezogen wirken (Linsenmaier RdA 2014, 336, 343). Sowohl Allgemeine Geschäftsbedingungen als auch Betriebsvereinbarungen zielen auf eine Vereinheitlichung der Regelungsgegenstände. Eine betriebsvereinbarungsfeste Gestaltung der Arbeitsbedingungen liefe dem zuwider. Die Änderung und Umgestaltung von betriebseinheitlich gewährten Leistungen wäre nur durch den Ausspruch von Änderungskündigungen möglich. Der Abschluss von betriebsvereinbarungsfesten Abreden würde zudem den Gestaltungsraum der Betriebsparteien für zukünftige Anpassungen von Arbeitsbedingungen mit kollektivem Bezug einschränken ( BAG 5. März 2013 – 1 AZR 417/12 – Rn. 60).“

(Letzte Aktualisierung: 25.06.2020)

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