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Erbrecht

Behindertentestament

Mit dem Begriff Behindertentestament sind erbrechtliche Regelungen gemeint, die dem behinderten Kind zu seinen Lebzeiten zusätzlich zu den Leistungen der Sozialhilfe laufende Einnahmen verschaffen, den Nachlass aber dem Zugriff des Trägers der Sozialhilfe entziehen (Münchener Kommentar zum BGB, 8. Aufl. 2020, Vor § 2064, Rn. 23 m.w.N.). Ein derartiges Vorgehen verstößt nicht gegen § 138 BGB (Sittenwidrigkeit). Das gilt auch bei einem hohen Wert des Nachlasses.

BGH, Beschl. v. 24.07.2019 – XII ZB 560/18, NJW 2020, 58:

„Nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum sogenannten Behindertentestament sind Verfügungen von Todes wegen, in denen Eltern eines behinderten Kindes die Nachlassverteilung durch eine kombinierte Anordnung von Vor- und Nacherbschaft sowie einer – mit konkreten Verwaltungsanweisungen versehenen – Dauertestamentsvollstreckung so gestalten, dass das Kind zwar Vorteile aus dem Nachlassvermögen erhält, der Sozialhilfeträger auf dieses jedoch nicht zugreifen kann, grundsätzlich nicht sittenwidrig, sondern vielmehr Ausdruck der sittlich anzuerkennenden Sorge für das Wohl des Kindes über den Tod der Eltern hinaus (Senatsbeschlüsse vom 10. Mai 2017 – XII ZB 614/16FamRZ 2017, 1259 Rn. 12; vom 1. Februar 2017 – XII ZB 299/15FamRZ 2017, 758 Rn. 15 und vom 27. März 2013 – XII ZB 679/11FamRZ 2013, 874 Rn. 20; BGHZ 188, 96 = FamRZ 2011, 472 Rn. 12 mwN).“

Das Oberlandesgericht (OLG) Hamm hat entschieden (OLG Hamm, Urt. v. 27.10.2016 – 10 U 13/16):

„Für die Beurteilung der Sittenwidrigkeit eines sog. Behindertentestaments ist nicht danach zu differenzieren, wie groß das dem behinderten Kind hinterlassene Vermögen ist. Es ist weder eine klar umrissene Wertung des Gesetzgebers noch eine allgemeine Rechtsauffassung festzustellen, dass Eltern einem behinderten Kind ab einer gewissen Größe ihres Vermögens einen über den Pflichtteil hinausgehenden Erbteil hinterlassen müssen, damit es nicht ausschließlich der Allgemeinheit zur Last fällt.“

(Letzte Aktualisierung: 13.01.2020)

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Pia Roggendorff-Jentsch
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