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Erbrecht

Erbunwürdigkeit

Gründe für die Erbunwürdigkeit regelt § 2339 BGB. Die Bestimmung lautet:

„(1) Erbunwürdig ist:

  1. wer den Erblasser vorsätzlich und widerrechtlich getötet oder zu töten versucht oder in einen Zustand versetzt hat, infolge dessen der Erblasser bis zu seinem Tode unfähig war, eine Verfügung von Todes wegen zu errichten oder aufzuheben,
  2. wer den Erblasser vorsätzlich und widerrechtlich verhindert hat, eine Verfügung von Todes wegen zu errichten oder aufzuheben,
  3. wer den Erblasser durch arglistige Täuschung oder widerrechtlich durch Drohung bestimmt hat, eine Verfügung von Todes wegen zu errichten oder aufzuheben,
  4. wer sich in Ansehung einer Verfügung des Erblassers von Todes wegen einer Straftat nach den §§ 267, 271 bis 274 des Strafgesetzbuchs schuldig gemacht hat.

(2) Die Erbunwürdigkeit tritt in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 3, 4 nicht ein, wenn vor dem Eintritt des Erbfalls die Verfügung, zu deren Errichtung der Erblasser bestimmt oder in Ansehung deren die Straftat begangen worden ist, unwirksam geworden ist, oder die Verfügung, zu deren Aufhebung er bestimmt worden ist, unwirksam geworden sein würde.“

Die Erbunwürdigkeit ist durch Anfechtung geltend zu machen (Einzelheiten § 2340 BGB).

Weiteres zur Erbunwürdigkeit enthalten die gesetzlichen Bestimmungen der §§ 2341 bis 2344 BGB.

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat zur Frage der Erbunwürdigkeit entschieden (BGH, Urt. v. 11.03.2015 – IV ZR 400/14, veröffentlicht u. a. in NJW 2015, 1382). Im Leitsatz heißt es zu Ziffern 1 und 2:

„1. Erbunwürdig gemäß § 2339 Abs. 1 Nr. 1 BGB ist auch der Erbe (hier: Ehegatte), der versucht, den seit Jahren nicht mehr geschäftsfähigen Erblasser zu töten (§§ 212, 213 StGB). Das gilt jedenfalls dann, wenn der Erblasser keine Patientenverfügung hinterlassen hat, keine Tötung auf Verlangen gemäß § 216 StGB vorliegt, der Erbe nicht das Verfahren nach §§ 1901a ff. BGB eingehalten hat und sich auch sonst kein tatsächlich geäußerter Wille des Erblassers zum Abbruch lebenserhaltender Maßnahmen ermitteln lässt.

  1. Erbunwürdigkeit setzt in den Fällen des § 2339 Abs. 1 Nr. 1 BGB Schuldfähigkeit des Handelnden voraus.“

In dem durch den BGH entschiedenen Fall begehrte der Sohn des Beklagten die gerichtliche Feststellung der Erbunwürdigkeit des Vaters. Der Vater hatte versucht, die an Alzheimer erkrankte Mutter, die in einem Alten- und Pflegeheim wohnte, zu töten. Deswegen war er wegen Totschlags in einem minderschweren Fall zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr auf Bewährung verurteilt worden. Der BGH hat den Fall an die Vorinstanz  zurückverwiesen. Dort wird noch über die Frage der Schuldfähigkeit des Beklagten zu entscheiden sein.

LG Kassel, Urt. v. 14.09.2022 – 6 O 542/22, NJW-Spezial 2023, 168 [aus den Entscheidungsgründen]:

„Entgegen der Ansicht der Beklagten tritt Erbunwürdigkeit auch ein, wenn § 271 StGB im Versuchsstadium stecken bleibt. Denn § 2339 Absatz 1 Nr. 4 BGB verweist auf § 271 StGB insgesamt, also auch auf § 271 Abs. 4 StGB. Im Übrigen ist es vorliegend nur der Aufmerksamkeit des Nachlassgerichts zu verdanken, dass § 271 StGB im Versuchsstadium stecken geblieben ist. Der Unwertgehalt des Verhaltens der Beklagten wird dadurch allerdings nicht geringer.“

(Letzte Aktualisierung: 25.04.2023)

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