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Erbrecht

Fiskuserbrecht

Siehe dazu §§ 1964 bis 1966 BGB.

OLG Celle, Beschl. v. 20.04.2021 – 6 W 60/21 [Entscheidungsgründe]:

„Nach § 1964 Abs. 1 BGB hat das Nachlassgericht festzustellen, dass ein anderer Erbe als der Fiskus nicht vorhanden ist, wenn der Erbe nicht innerhalb einer den Umständen entsprechenden Frist ermittelt wird.

Durch die Vorschrift wird dem Nachlassgericht eine Erbenermittlungspflicht auferlegt, wenn – wie hier – der Fiskus als gesetzlicher Erbe in Betracht kommt.

Zutreffend ist die dem angefochtenen Beschluss zugrunde gelegte Annahme, dass Reichweite und Umfang der Ermittlungen im pflichtgemäßen Ermessen des Nachlassgerichts stehen. Damit ist für den konkreten Einzelfall zu bestimmen, welche Ermittlungen geboten sind. Den vorliegend zu stellenden Anforderungen genügt der Beschluss nicht (§ 26, § 342 Abs. 1 Nr. 4 FamFG).

Es bedarf vorliegend keiner Entscheidung, ob der Senat als Beschwerdegericht das Ermessen des Rechtspflegers durch das eigene Ermessen ersetzen darf. Jedenfalls darf er feststellen und ist er vorliegend verpflichtet festzustellen, dass die Ermessensausübung nicht fehlerfrei erfolgt ist.

Einmal ganz abgesehen davon, dass es überraschen muss, dass das Amtsgericht die Feststellung des Fiskuserbrechts bereits wenige Wochen nach dem Tod der Erblasserin getroffen hat, hat es die angezeigten Ermittlungsmöglichkeiten nicht ausgeschöpft.

Dabei war die Notwendigkeit der Ermittlungen nicht deswegen von vornherein in der vom Amtsgericht angenommen Weise reduziert, weil – möglicherweise – der Nachlass geringwertig oder überschuldet war (vgl. MünchKomm-Leipold, BGB, 8. Aufl., § 1964 Rn. 4 und 5 m. w. N.). Aus § 1965 Abs. 1 S. 2 BGB ergibt sich, dass eine Erbenermittlungspflicht nicht schon dann nicht besteht, wenn der Nachlass geringwertig oder überschuldet ist. Feststellungen dazu hat das Amtsgericht nicht getroffen. Allein der Umstand, dass die Erblasserin in einer verschmutzten Wohnung aufgefunden worden war, reicht nicht aus; Verwahrlosung bedeutet nicht ohne Weiteres, dass der Nachlass geringwertig oder überschuldet sein muss. Und weiter bedeutet Überschuldung nicht ohne Weiteres, dass Erben sicher die Erbschaft ausschlagen werden.

Der vorliegende Fall weist die Besonderheit auf, dass bekannt ist, dass die Erblasserin eine Tochter haben soll, von der der Name, das Geburtsdatum und der Geburtsort bekannt sind. Nicht nur, dass ohnehin sehr selten sein dürfte, dass jemand ohne gesetzliche Erben verstirbt (vgl. §§ 1928, 1929 BGB), bedeutet die Kenntnis von der Existenz eines nahen Angehörigen, dass das Amtsgericht weitere Ermittlungen anstellen musste.

Jedenfalls als Faustformel wird gesagt werden können, dass mindestens Anfragen an Sterberegister, Eheregister und Geburtenregister der feststellbaren Lebensmittelpunkte eines Erblassers gerichtet werden müssen.“

OLG Braunschweig, Beschl. v. 17.12.2021 – 3 W 48/21:

„1. Für die Feststellung des Fiskuserbrechts gemäß § 1964 BGB ist beim Nachlassgericht funktionell grundsätzlich der Rechtspfleger zuständig; der landesrechtliche Richtervorbehalt des § 14 Abs. 1 Satz 2, Satz 1 Nr. 4 ZustVO-Justiz umfasst das Feststellungsverfahren auch dann nicht, wenn Einwände gegen die Feststellung erhoben worden sind.

  1. Eine Fiskuserbschaft kommt neben Erben dritter Ordnung nicht in Betracht; ist die ganze Linie eines Großelternpaares weggefallen, tritt gemäß § 1926 Abs. 4 BGB die Linie des anderen Großelternpaares an ihre Stelle, nicht der Fiskus.“

(Letzte Aktualisierung: 17.01.2022)

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