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Erbrecht

Nottestament

Das Gesetz enthält in §§ 2249 bis 2252 BGB Vorschriften über Nottestamente. Es gibt drei Formen des Nottestaments, wobei das Nottestament auf See streng genommen kein Nottestament ist, da es keine Notlage voraussetzt (Grüneberg/Weidlich, BGB, Komm., 82. Aufl. 2023, § 2251, Rn. 1).

Bürgermeistertestament (§ 2249 BGB)

  • 2249 BGB regelt das so genannte Bürgermeistertestament. Nach § 2249 Abs. 1 S. 1 BGB gilt:

„Ist zu besorgen, dass der Erblasser früher sterben werde, als die Errichtung eines Testaments vor einem Notar möglich ist, so kann er das Testament zur Niederschrift des Bürgermeister der Gemeinde, in der sich auffällt, errichten.“

Nach § 2249 Abs. 1 S. 2 BGB muss der Bürgermeister zu der Beurkundung zwei Zeugen zuziehen. Als Zeuge kann nicht zugezogen werden, wer in dem zu beurkundenden Testament bedacht oder zum Testamentsvollstrecker ernannt wird (§ 2249 Abs. 1 S. 3, 1. HS BGB.

Voraussetzungen für die wirksame Errichtung eines Bürgermeistertestaments sind (alternativ) die Besorgnis des vorzeitigen Ablebens des Erblassers (§ 2249 Abs. 1 Satz 1 BGB) oder eine örtliche Absperrung (§ 2250 Abs. 1 BGB i.V.m. § 2249 BGB). Zu den weiteren Einzelheiten siehe auch die Kommentierung bei HK-BGB/Hoeren, 11. Aufl. 2022, § 2249, Rn. 4 ff..

Dreizeugentestament (§ 2250 BGB)

  • 2250 BGB befasst sich mit dem Nottestament vor drei Zeugen.

„Wer sich an einem Ort aufhält, der infolge außerordentlicher Umstände dergestalt abgesperrt ist, dass die Errichtung eines Testaments vor einem Notar nicht möglich oder erheblich erschwert ist, kann das Testament in der durch § 2249 BGB bestimmten Form oder durch mündliche Erklärung vor drei Zeugen errichten“ (§ 2250 Abs. 1 BGB).“

Wer sich in so naher Todesgefahr befindet, dass voraussichtlich auch die Errichtung eines Testaments nach § 2249 BGB nicht mehr möglich ist, kann das Testament durch mündliche Erklärung vor drei Zeugen errichten (§ 2250 Abs. 2 BGB). Wird das Testament durch mündliche Erklärung vor drei Zeugen errichtet, so muss hierüber eine Niederschrift aufgenommen werden (§ 2250 Abs. 3 S. 1 BGB).

Siehe auch den Beitrag von Roth in NJW-Spezial 2021, 679 [„Beweislastverteilung und Fehler beim Drei-Zeugen-Testament“]

Seetestament (§ 2251 BGB)

  • 2251 BGB befasst sich mit dem so genannten Nottestament auf See. Wer sich während einer Seereise an Bord eines deutschen Schiffes außerhalb eines inländischen Hafens befindet, kann ein Testament durch mündliche Erklärung vor drei Zeugen nach § 2250 Abs. 3 BGB errichten.

Ein nach § 2249, § 2250 oder § 2251 BGB errichtetes Testament gilt als nicht errichtet, wenn seit der Errichtung drei Monate verstrichen sind und der Erblasser noch lebt (§ 2252 Abs. 1 BGB). Nach § 2252 Abs. 2 BGB sind Beginn und Lauf der Frist gehemmt, solange der Erblasser außer Stande ist, ein Testament vor einem Notar zu errichten.

Aus der sehr umfangreichen Rechtsprechung siehe auch die nachfolgenden Entscheidungen:

KG, Beschl. v. 22.06.2022 – 6 W 7/21, NJW-Spezial 2022, 647 [aus den Entscheidungsgründen]:

„Das Nachlassgericht hat jedoch zu Recht befunden, dass die Voraussetzungen der Errichtung eines Notlagentestaments vor drei Zeugen nach § 2250 Abs. 2 BGB nicht vorlagen, weil die Erblasserin sich weder objektiv noch nach der übereinstimmenden Überzeugung der Zeugen in so naher Todesgefahr befunden hat, dass voraussichtlich weder die Errichtung eines Testaments vor einem Notar (§ 2232 BGB) noch vor einem Bürgermeister (§ 2249 BGB) möglich gewesen wäre. Eine jederzeit drohende Testierunfähigkeit steht der Todesgefahr gleich, wenn sie voraussichtlich durchgängig bis zum Tode fortdauert. Die derart nahe Gefahr des Todes oder der Testierunfähigkeit muss dabei entweder objektiv vorliegen, oder es muss bei allen drei Zeugen übereinstimmend die Besorgnis tatsächlich vorhanden sein und vom Standpunkt ihres pflichtgemäßen Ermessens aus angesichts der objektiven Sachlage auch als gerechtfertigt angesehen werden, dass eine solche Gefahrenlage bestünde (Senatsbeschluss vom 29. Dezember 2015 – 6 W 93/15 -, Rn. 28, juris; BGHZ 3, 372; MüKo BGB a.a.O. § 2250 Rn. 7 f; Staudinger/Baumann (2018) BGB § 2250, Rn. 19; OLG München, Beschluss vom 14. Juli 2009 – 31 Wx 141/08 -, Rn. 10, juris).“

OLG Düsseldorf, Beschl. v. 06.01.2022 – 3 Wx 216/21:

„Trotz pandemiebedingter Kontaktbeschränkungen ist ein Nottestament nur dann wirksam, wenn während des gesamten Errichtungsaktes gleichzeitig drei Zeugen anwesend sind, § 2250 Abs. 1 BGB.“

OLG Düsseldorf, Beschl. v. 01.04.2020 – I-3 Wx 12/20 [Leitsatz zu 1.)]:

Ein ´vor dem Allgemeinen Vertreter des Bürgermeisters … sowie den beiden unabhängigen und nicht im Testament bedachten Zeugen …´ errichtetes, von sämtlichen Beteiligten unterzeichnetes „Nottestament vor dem Bürgermeister nach § 2249 BGB“ ist nicht deshalb unwirksam, weil in der Niederschrift – entgegen der Soll-Vorschrift des § 13 Abs. 1 Satz 2 BeurkG – der Vermerk fehlt, dass das Testament dem Erblasser vorgelesen, von ihm genehmigt und unterschrieben wurde.“

Siehe im Übrigen OLG Düsseldorf, Beschl. v. 03.03.2017 – I-3 Wx 269/16, 3 Wx 269/16:

„Maßgebend für die Todesgefahr im Sinne des § 2250 BGB ist, ob aufgrund konkreter Umstände der Tod des Erblassers vor dem Eintreffen des Notars oder Bürgermeisters zu befürchten ist. Nicht ausreichend ist hingegen, dass der Erblasser wegen einer fortgeschrittenen nicht mehr heilbaren Erkrankung nur noch kurze Zeit zu leben hat. Todesgefahr liegt objektiv vor, wenn von einem klinischen Zustand einer unmittelbar bevorstehenden Endphase des Lebens ausgegangen werden kann, wie etwa bei beginnenden kleinen Organausfällen.“

Siehe auch OLG Köln, Beschl. v. 05.07.2017 – 2 Wx 86/17, NJW Spezial 2017, 744:

„Besteht das Nottestament nur aus einer Verfügung zugunsten der Mutter eines Zeugen, ist dieser als beurkundender Zeuge gem. § 2250 Abs. 3 S. 2 BGB, §§ 7 Nr. 3, 27 BeurkG ausgeschlossen.

Wer nur zufällig anwesend ist und die Erklärung des Erblassers lediglich mit anhört, ist nicht Testamentszeuge (vgl. u.a. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 25. Juni 2015, 3 Wx 224/14).

Als Beurkundungsperson eines in deutscher Sprache verfassten Testaments kommt eine Zeuge, der der deutschen Sprache nicht hinreichend kundig ist/war, nicht in Betracht.“

(Letzte Aktualisierung: 10.01.2023)

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