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Familienrecht

Inkognito-Adoption

Hierbei handelt es sich um einen Fall der Adoption, bei dem den leiblichen Eltern letztlich unbekannt bleibt, wo sich deren Kind aufhält. Die Inkognito-Adoption sieht kein Recht auf Umgang und Auskunft mit dem adoptierten Kind vor.

Zum Fall einer Inkognito-Adoption hat das Verwaltungsgericht (VG) Neustadt (Weinstraße) entschieden (VG Neustadt, Urt. v. 2.10.2015 – 4 K 292/15.NW):

„Nach der Rechtsprechung des EGMR fällt auch das Interesse der leiblichen Eltern am Umgang mit ihrem Kind nach dessen Adoption grundsätzlich unter den Schutzbereich des Privatlebens gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK. Die Feststellung etwaiger verbleibender oder neu begründeter Rechte im Verhältnis zwischen den biologischen Eltern, den Adoptiveltern und ihren leiblichen Kindern, betreffen nach dieser Rechtsprechung einen wichtigen Teil der Persönlichkeit der leiblichen Eltern (vgl. EGMR, I.S. ./. Deutschland, Urteil vom 5. Juni 2014 – 31021/08 -, NJW 2015, 2319 und juris Rn. 69). Die Verweigerung von Umgang und Auskunft über das adoptierte Kind kann im Einzelfall nach Art. 8 Abs. 2 EMRK gerechtfertigt sein. Danach darf eine Behörde in die Ausübung des Rechts aus Art. 8 Abs. 1 EMRK nur eingreifen, soweit der Eingriff gesetzlich vorgesehen und in einer demokratischen Gesellschaft notwendig ist für die nationale oder öffentliche Sicherheit, für das wirtschaftliche Wohl des Landes, zur Aufrechterhaltung der Ordnung, zur Verhütung von Straftaten, zum Schutz der Gesundheit oder der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer. Die Inkognito-Adoption, die kein Recht auf Umgang und Auskunft mit dem adoptierten Kind vorsieht, stellt in der Rechtsprechung des Gerichtshofes ein grundsätzlich legitimes Ziel zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer dar und kann die Rechte aus Art. 8 Abs. 1 EMRK der leiblichen Eltern demgemäß ausnahmsweise einschränken. Im Vordergrund steht das Recht, das adoptierte Kind zu schützen, sich zu entwickeln und eine Bindung zu seinen Adoptiveltern einzugehen. Auch den Adoptiveltern kommt das anerkannte Recht zu, eine Bindung zu den Adoptivkindern aufzubauen und ein ungestörtes Familienleben zu entwickeln (vgl. EGMR, I.S. ./. Deutschland, Urteil vom 5. Juni 2014 – 31021/08 -, NJW 2015, 2319 und juris Rn. 76 ff.). Der mit der Inkognito-Adoption verbundene Eingriff ist indes nur dann gerechtfertigt, wenn er nach Art. 8 Abs. 2 EMRK in einer demokratischen Gesellschaft notwendig ist. Dies setzt voraus, dass der Eingriff notwendig ist, um das legitime Ziel zu verfolgen und ein gerechter Ausgleich im Einzelfall zwischen den Rechten des Kindes, der Adoptivfamilie, und dem Privateben der leiblichen Eltern des Kindes herbeigeführt wird.“

(Letzte Aktualisierung: 15.12.2016)