Spaltgesellschaft
Siehe zu diesem Stichwort dazu die nachfolgend beschriebene Entscheidung des Oberlandesgerichts (OLG) Hamm:
Der Kläger war Alleingesellschafter der nach englischem Recht gegründeten Limited (Ltd.) mit inländischer Zweigniederlassung. Die Ltd. wurde im englischen Handelsregister gelöscht. Die Beklagte schuldete der Ltd. die Begleichung mehrerer Forderungen. Der Kläger macht den Ausgleich der Rechnungen in eigener Person geltend. Zu Recht, so urteilte das OLG Hamm mit Urteil vom 11.04.2014 – I-12 U 142/13.
Das Gesellschaftsstatut juristischer Personen, die nach dem Recht eines anderen EG-Mitgliedsstaates gegründet worden sind, bestimme sich im Rahmen der durch Artikel 43, 48 EGV garantierten Niederlassungsfreiheit nach dem Recht des Gründungsstaates. Das beträfe das Gesellschaftsstatut in seinem gesamten Anwendungsbereich, insbesondere im Hinblick auf den Umfang und den Fortbestand der Rechtsfähigkeit der Gesellschaft.
Nach dem englischen Recht sei die Ltd. aufgrund der Löschung im englischen Handelsregister erloschen und habe als solche aufgehört zu existieren. Nach englischem Recht falle mit der Löschung einer englischen Ltd. dass etwaige Vermögen kraft Gesetzes an die englische Krone. Dieser Rechtsgrundsatz gälte nach dem Territorialprinzip jedoch nur für das in England belegene Vermögen der Gesellschaft. Nicht umfasst sei etwaiges Auslandsvermögen.
Nach der ganz überwiegenden Auffassung, der sich auch das Oberlandesgericht Hamm angeschlossen hat, bleibt die in England erloschene Gesellschaft in Deutschland als Rest- oder Spaltgesellschaft in der Rechtsform einer OHG oder einer GbR bestehen, solange sie in Deutschland noch Vermögen besitzt, das ansonsten keinem Rechtsträger zugeordnet werden kann.
Diese Grundsätze wendet das Oberlandesgericht Hamm nun auf den Alleingesellschafter einer Ltd. an:
“Die Rest- oder Spaltgesellschaft kann in einem solchen Fall nicht in der Rechtsform einer OHG oder GbR fortbestehen. Denn das deutsche Recht kennt eine Ein-Mann-Personengesellschaft nicht. Es verbleibt deshalb nur die Einordnung als Einzelunternehmen des Gesellschafters [ ]. Hiernach ist der Kläger als Einzelkaufmann Rechtsnachfolger und Inhaber der inländischen Forderungen der Gesellschaft geworden.
Ergänzende Hinweise
Nach britischem Gesellschaftsrecht kann die Registerbehörde eine Ltd. löschen, wenn Grund zu der Annahme besteht, dass die Gesellschaft nicht mehr am wirtschaftlichen Leben teilnimmt. Als ein solcher Grund wird angesehen, dass die Ltd. ihren Pflichten zur Publizität, zur Zahlung der Gebühren etc. nicht oder nur unvollständig nachkommt. Erfolgt nach dreimaliger Aufforderung zur Beseitigung des Mangels und einer öffentlichen Androhung im Amtsblatt tatsächlich die Löschung, ist die Gesellschaft nach britischem Recht aufgelöst.
Die Annahme einer Spalt- und Restgesellschaft ist schon aus Kostengründen einer Nachtragsliquidation nach englischem Recht vorzuziehen.
(Letzte Aktualisierung: 26.09.2014)
Unsere Standorte finden Sie hier.
Steffen Pasler
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht
Mail: rostock@etl-rechtsanwaelte.de