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Kündigungsgründe Arbeitsvertrag A-Z

Anzeigepflicht (Krankheit)

Ob die Verletzung der Pflicht zur unverzüglichen Anzeige einer Krankheit oder deren Fortdauer (§ 5 Entgeltfortzahlungsgesetz) einen Kündigungsgrund darstellt, ist immer eine Frage des Einzelfalls.

Siehe hierzu etwa BAG, Urt. v. 07.05.2020 – 2 AZR 619/19, NJW-Spezial 2020, 531 m. zustimmender Anm. Weber in DB 2020, 2302:

„2. Auch eine schuldhafte Verletzung der sich aus § 5 Abs. 1 Satz 1 EFZG ergebenden (Neben-)Pflicht zur unverzüglichen Anzeige der Fortdauer einer Arbeitsunfähigkeit ist grundsätzlich geeignet, die Interessen des Vertragspartners zu beeinträchtigen und kann daher – je nach den Umständen des Einzelfalls – einen zur Kündigung berechtigenden Grund im Verhalten des Arbeitnehmers iSv. § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG darstellen (BAG 16. August 1991 – 2 AZR 604/90 – zu III 2 und 3 d aa der Gründe; 31. August 1989 – 2 AZR 13/89 – zu II 1 a der Gründe).

a) Gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 EFZG ist der Arbeitnehmer verpflichtet, dem Arbeitgeber die Arbeitsunfähigkeit und deren voraussichtliche Dauer unverzüglich mitzuteilen. Die Anzeigepflicht ist nicht auf den Fall einer Ersterkrankung beschränkt. Sie umfasst die Verpflichtung, auch die Fortdauer einer Arbeitsunfähigkeit über die zunächst angezeigte Dauer hinaus unverzüglich mitzuteilen (zu § 3 Abs. 1 Satz 1 LFZG vgl. BAG 16. August 1991 – 2 AZR 604/90 – zu III 1 a der Gründe). Daran hat sich mit dem insofern gegenüber § 3 Abs. 1 Satz 1 LFZG unveränderten Wortlaut von § 5 Abs. 1 Satz 1 EFZG nichts geändert. Die „voraussichtliche Dauer“ der Arbeitsunfähigkeit verlängert sich bei ihrer Fortdauer über die zunächst mitgeteilte Dauer hinaus und bedarf daher einer erneuten Information des Arbeitgebers. Nur dies entspricht Sinn und Zweck von § 5 Abs. 1 Satz 1 EFZG. Die Anzeigepflicht soll den Arbeitgeber in die Lage versetzen, sich auf das Fehlen des arbeitsunfähig erkrankten Arbeitnehmers möglichst frühzeitig einstellen zu können (zu § 3 Abs. 1 Satz 1 LFZG vgl. BAG 31. August 1989 – 2 AZR 13/89 – zu II 1 b der Gründe). Dieses Bedürfnis besteht auch bei einer Fortdauer der Arbeitsunfähigkeit über den zunächst mitgeteilten Zeitraum hinaus und grundsätzlich auch unabhängig davon, ob der Arbeitgeber noch zur Entgeltfortzahlung verpflichtet ist. Soweit der Senat in der Vergangenheit ausgeführt hat, § 5 Abs. 1 Satz 1 EFZG gelte für die Fortdauer einer Arbeitsunfähigkeit „entsprechend“ (BAG 3. November 2011 – 2 AZR 748/10 – Rn. 30), bedeutet dies nicht, es bedürfe in diesem Fall einer analogen Anwendung der Bestimmung. Diese umfasst vielmehr bereits nach ihrem Wortlaut sowie dem Normzweck die entsprechende Verpflichtung auch bei Fortdauer der Arbeitsunfähigkeit.

b) Nach der Legaldefinition in § 121 Abs. 1 Satz 1 BGB bedeutet „unverzüglich“ auch im Rahmen des § 5 Abs. 1 Satz 1 EFZG „ohne schuldhaftes Zögern“ (zu § 3 Abs. 1 Satz 1 LFZG vgl. BAG 16. August 1991 – 2 AZR 604/90 – zu III 1 a der Gründe; 31. August 1989 – 2 AZR 13/89 – zu II 1 b der Gründe).

c) Die Mitteilung über die Fortdauer der Arbeitsunfähigkeit kann an einen vom Arbeitgeber zur Entgegennahme von derartigen Erklärungen autorisierten Mitarbeiter gerichtet werden. Fehlt es an einer besonderen Regelung, ist ein Vorgesetzter oder die Personalabteilung zu benachrichtigen (Schmitt/Küfner-Schmitt in Schmitt EFZG/AAG 8. Aufl. § 5 EFZG Rn. 36; ErfK/Reinhard 20. Aufl. EFZG § 5 Rn. 8; MüKoBGB/Müller-Glöge 8. Aufl. § 5 EFZG Rn. 6). Der Arbeitnehmer kann sich anderer Personen zwar als Boten bedienen, trägt dabei aber das Risiko der rechtzeitigen und zutreffenden Übermittlung (Schmitt/Küfner-Schmitt in Schmitt aaO Rn. 37; ErfK/Reinhard aaO).“

(Letzte Aktualisierung: 26.11.2020)