Betriebsbedingte Kündigung (dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne von § 1 Abs. 2 KSchG)
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat zu Frage des Vorliegens dringender betrieblicher Erfordernisse i.S.v. § 1 Abs. 2 KSchG entschieden (BAG, Urt. v. 20.11.2014 – 2 AZR 512/13, veröffentlicht u. a. in DB 2015, 1105). In den Entscheidungsgründen heißt es:
„a) Dringende betriebliche Erfordernisse i.S.v. § 1 Abs. 2 KSchG liegen vor, wenn die Umsetzung einer unternehmerischen (Organisations-)Entscheidung auf der betrieblichen Ebene spätestens mit Ablauf der Kündigungsfrist zu einem voraussichtlich dauerhaften Wegfall des Bedarfs an einer Beschäftigung des betroffenen Arbeitnehmers führt. Diese Prognose muss schon im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung objektiv berechtigt sein (…).
aa) Ein dringendes „betriebliches“ Erfordernis, das einer Weiterbeschäftigung entgegensteht, ist gegeben, wenn die Arbeitskraft des Arbeitnehmers im Betrieb nicht mehr gefordert ist. Der Arbeitgeber ist grundsätzlich nicht gehalten, nicht mehr benötigte Arbeitsplätze und Arbeitskräfte weiterhin zu besetzen bzw. zu beschäftigen. Dabei kommt es de lege lata nicht darauf an, ob die dem Wegfall des Beschäftigungsbedürfnisses zugrunde liegende unternehmerische (Organisations-)Entscheidung ihrerseits – etwa aus wirtschaftlichen Gründen – „dringend“ war oder die Existenz des Unternehmens auch ohne sie nicht gefährdet gewesen wäre (…). In diesem Sinne ist die unternehmerische Entscheidung zur Umorganisation bis zur Grenze der offensichtlichen Unsachlichkeit, Unvernunft oder Willkür frei. Für eine beschlossene und tatsächlich durchgeführte unternehmerische Organisationsentscheidung spricht dabei die Vermutung, dass sie aus sachlichen – nicht zuletzt wirtschaftlichen – Gründen getroffen wurde und nicht auf Rechtsmissbrauch beruht (…).
bb) Hängt der Wegfall des Beschäftigungsbedarfs von einer solchen unternehmerisch-organisatorischen Maßnahme des Arbeitgebers ab, braucht diese bei Kündigungszugang noch nicht tatsächlich umgesetzt zu sein. Es genügt, dass sie sich konkret und greifbar abzeichnet. Dazu müssen – soweit die Kündigung ihren Grund in einer Änderung der betrieblichen Organisation hat – zumindest die Absicht und der Wille des Arbeitgebers, die fraglichen Maßnahmen vorzunehmen, schon vorhanden und abschließend gebildet worden sein. Andernfalls lässt sich im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung – auf den es dafür unverzichtbar ankommt – nicht hinreichend sicher prognostizieren, es werde bis zum Ablauf der Kündigungsfrist tatsächlich zum Wegfall des Beschäftigungsbedarfs kommen (…).“
Zur betriebsbedingten Kündigung siehe auch den Beitrag von Schiefer in DB 2020, 1568 ff.
(Letzte Aktualisierung: 20.08.2020)
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Dr. Uwe P. Schlegel
Rechtsanwalt