Verdachtskündigung
Unter einer Verdachtskündigung versteht man einen Sachverhalt, bei dem der Arbeitgeber gegenüber seinem Arbeitnehmer eine Kündigung des Arbeitsverhältnisse ausspricht, weil er den durch aussagekräftige Indizien belegten Verdacht hat, dass der Arbeitnehmer eine strafbare Handlung oder eine schwerwiegende Pflichtverletzung begangen hat. Voraussetzung für den Ausspruch einer solchen Verdachtskündigung ist u. a. das der Arbeitgeber den Arbeitnehmer vor der Erklärung der Kündigung erfolglos angehört hat. Erfolglosigkeit der Anhörung bedeutet dabei, dass auch nach der Anhörung des Arbeitnehmers die Indizien, die für die Straftat oder sonstige schwerwiegende Pflichtverletzung sprechen, nicht widerlegt wurden. In der jüngeren Rechtsprechung setzt das Bundesarbeitsgericht (BAG) den Begriff der Verdachtskündigung dem der Vertrauenskündigung gleich (BAG, Urt. v. 26.09.2013 – 8 AZR 1026/12, veröffentlicht u. a. in DB 2014, 429).
Aus der umfangreichen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) sind u. a. folgende Entscheidungen zu beachten:
BAG, Urt. v. 31.01.2019 – 2 AZR 426/18:
„1. Der dringende Verdacht einer Pflichtverletzung kann eine ordentliche Kündigung aus Gründen in der Person des Arbeitnehmers i.S.v. § 1 Abs. 2 KSchG sozial rechtfertigen.
2. Die Einsichtnahme in auf einem Dienstrechner des Arbeitnehmers gespeicherte und nicht als ´privat´ gekennzeichnete Dateien setzt nicht zwingend einen durch Tatsachen begründeten Verdacht einer Pflichtverletzung voraus.“
In den Entscheidungsgründen heißt es weiter:
„c) Die Verdachtskündigung ist „keine unterentwickelte Tatkündigung“ (zutreffend vHH/L/Krause 15. Aufl. § 1 Rn. 464) im Sinn einer Absenkung des von § 286 Abs. 1 ZPO verlangten Beweismaßes (aA Grunsky ZfA 1977, 167, 169 ff.). Vielmehr unterscheidet sich der materiell-rechtliche Bezugspunkt der richterlichen Überzeugungsbildung. Bei einer Tatkündigung muss das Gericht davon überzeugt sein, der Arbeitnehmer habe eine kündigungsrelevante Pflichtverletzung begangen. Die diese Würdigung tragenden (Indiz-)Tatsachen müssen entweder unstreitig oder bewiesen sein. Hingegen muss das Gericht bei einer Verdachtskündigung mit dem nach § 286 Abs. 1 ZPO erforderlichen Grad an Gewissheit zu der Überzeugung gelangen, der Arbeitnehmer weise aufgrund des Verdachts einer schwerwiegenden Pflichtverletzung einen Eignungsmangel auf. Dazu müssen die den Verdacht begründenden (Indiz-)Tatsachen ihrerseits unstreitig sein oder vom Arbeitgeber „voll“ bewiesen werden.
d) Eine Verdachtskündigung ist stets eine personenbedingte Kündigung. Sie wird nicht deshalb zu einer Kündigung aus Gründen im Verhalten des Arbeitnehmers, weil dieser die entscheidungserheblichen Verdachtsmomente selbst gesetzt hat. Ein Arbeitnehmer begeht nicht dadurch eine eigenständige Pflichtverletzung, dass er sich durch ein für sich genommen pflichtwidriges Verhalten einer weiter gehenden, schwerer wiegenden Pflichtverletzung (nur) verdächtig macht (so wohl auch KR/Fischermeier 12. Aufl. § 626 BGB Rn. 226). Ist zB der Arbeitnehmer – insoweit unstreitig – immer wieder in dem Bereich „herumgeschlichen“, aus dem Gegenstände abhandengekommen sind, kann dies nur unter zwei Umständen eine verhaltensbedingte Kündigung rechtfertigen: Das Gericht muss entweder – auch – aufgrund des „Herumschleichens“ davon überzeugt sein, der Arbeitnehmer habe die Gegenstände entwendet, oder das „Herumschleichen“ muss als solches eine Pflichtverletzung darstellen, weil der Arbeitnehmer den betreffenden Bereich nicht betreten durfte. In beiden Fällen handelte es sich um Tatkündigungen. Stellt das „Herumschleichen“ für sich genommen keine Pflichtverletzung dar und vermag sich das Gericht nicht davon zu überzeugen, der Arbeitnehmer sei der „Täter“, kommt – unter den weiteren Voraussetzungen einer Verdachtskündigung – allenfalls eine personenbedingte Kündigung in Betracht.
e) Die in Art. 6 Abs. 2 EMRK verankerte Unschuldsvermutung steht der Zulässigkeit einer Verdachtskündigung nicht entgegen. Diese Vermutung bindet unmittelbar lediglich den Richter, der über die Begründetheit der Anklage zu entscheiden hat (BAG 14. September 1994 – 2 AZR 164/94 – zu II 3 c der Gründe, BAGE 78, 18). Hingegen können Rechtsfolgen, die – wie die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses – keinen Strafcharakter besitzen, in gerichtlichen Entscheidungen an einen Verdacht geknüpft werden (BVerfG 29. Mai 1990 – 2 BvR 254/88, 2 BvR 1343/88 – zu C I 4 der Gründe, BVerfGE 82, 106; BAG 12. Februar 2015 – 6 AZR 845/13 – Rn. 30, BAGE 151, 1; EGMR 23. Januar 2018 – 15374/11 – [Güç/Türkei] Rn. 38). Zwar darf durch staatliche Stellen die strafrechtliche Verantwortung eines beschuldigten, angeschuldigten oder angeklagten Arbeitnehmers nicht vorweggenommen oder gar ein erfolgter Freispruch infrage gestellt werden. Doch hindern ein anhängiges Strafverfahren und selbst ein rechtskräftiger Freispruch jedenfalls dann nicht die Annahme, eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses sei wirksam, wenn dem eine eigene richterliche Würdigung auf der Grundlage eines geringeren Beweismaßes (§ 286 ZPO gegenüber § 261 StPO) zugrunde liegt und sich das Arbeitsgericht einer strafrechtlichen Bewertung enthält (vgl. EGMR 23. Januar 2018 – 15374/11 – [Güç/Türkei] Rn. 38 ff.; 18. Oktober 2016 – 21107/07 – [Alka?i/Türkei] Rn. 30 f.; ErfK/Niemann 19. Aufl. BGB § 626 Rn. 133a, 176). Das gilt für eine verhaltensbedingte Tatkündigung und erst recht für eine personenbedingte Verdachtskündigung.
2. Angesichts der jeweils aus Art. 12 Abs. 1 GG folgenden, gegenläufigen Grundrechtspositionen der Arbeitsvertragsparteien bedarf das Rechtsinstitut der Verdachtskündigung gleichwohl der besonderen Legitimation. Die verfassungskonforme Auslegung von § 1 Abs. 2 KSchG ergibt, dass eine Verdachtskündigung auch als ordentliche Kündigung sozial nur gerechtfertigt ist, wenn Tatsachen vorliegen, die zugleich eine außerordentliche, fristlose Kündigung gerechtfertigt hätten.“
BAG, Urt. v. 25.10.2012 – 2 AZR 700/11, veröffentlicht u. a. in DB 2013, 641:
„Nach § 626 Abs. 1 BGB kann das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund außerordentlich gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses selbst bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann.
a) Auch der Verdacht einer schwerwiegenden Pflichtverletzung kann einen wichtigen Grund bilden. Ein solcher Verdacht stellt gegenüber dem Vorwurf, der Arbeitnehmer habe die Tat begangen, einen eigenständigen Kündigungsgrund dar. Eine Verdachtskündigung kann gerechtfertigt sein, wenn sich starke Verdachtsmomente auf objektive Tatsachen gründen, die Verdachtsmomente geeignet sind, das für die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses erforderliche Vertrauen zu zerstören, und der Arbeitgeber alle zumutbaren Anstrengungen zur Aufklärung des Sachverhalts unternommen, insbesondere dem Arbeitnehmer Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben hat (…).
b) Der Verdacht muss auf konkrete – vom Kündigenden darzulegende und ggf. zu beweisende – Tatsachen gestützt sein. Der Verdacht muss ferner dringend sein. Es muss eine große Wahrscheinlichkeit dafür bestehen, dass er zutrifft (…). Die Umstände, die ihn begründen, dürfen nach allgemeiner Lebenserfahrung nicht ebenso gut durch ein Geschehen zu erklären sein, das eine außerordentliche Kündigung nicht zu rechtfertigen vermöchte. Bloße, auf mehr oder weniger haltbare Vermutungen gestützte Verdächtigungen reichen dementsprechend zur Rechtfertigung eines dringenden Tatverdachts nicht aus (…).
c) Für die kündigungsrechtliche Beurteilung der Pflichtverletzung, auf die sich der Verdacht bezieht, ist ihre strafrechtliche Bewertung nicht maßgebend. Entscheidend sind der Verstoß gegen vertragliche Haupt- oder Nebenpflichten und der mit ihm verbundene Vertrauensbruch (…). Deshalb besteht regelmäßig keine Rechtfertigung für die Aussetzung eines Kündigungsschutzprozesses bis zur rechtskräftigen Erledigung eines Strafverfahrens, in dem der Kündigungsvorwurf auf seine strafrechtliche Relevanz hin geprüft wird (…).“
BAG, Urt. v. 23.05.2013 – 2 AZR 102/12, veröffentlicht u. a. in DB 2013, 2805:
„1. In einem Rechtsstreit über die Wirksamkeit einer Verdachtskündigung sind nicht nur die dem Arbeitgeber bei Kündigungsausspruch bekannten tatsächlichen Umstände von Bedeutung. Es sind auch solche später bekannt gewordenen Umstände zu berücksichtigen – zumindest wenn sie bei Kündigungszugang objektiv bereits vorlagen -, die den ursprünglichen Verdacht abschwächen oder verstärken.
2. Daneben können selbst solche Tatsachen in den Prozess eingeführt werden, die den Verdacht eines eigenständigen – neuen – Kündigungsvorwurfs begründen. Voraussetzung ist, dass der neue Kündigungsgrund bei Ausspruch der Kündigung schon gegeben, dem Arbeitgeber nur noch nicht bekannt war.
3. Sowohl bei lediglich verdachtserhärtenden neuen Tatsachen, als auch bei Tatsachen, die den Verdacht einer weiteren Pflichtverletzung begründen, bedarf es keiner erneuten Anhörung des Arbeitnehmers. Er kann sich gegen den verstärkten bzw. neuen Verdacht ohne weiteres im anhängigen Kündigungsschutzverfahren verteidigen.
4. Neu bekannt gewordene, bei Kündigungsausspruch objektiv aber bereits gegebene Gründe können noch nach Ablauf der Zweiwochenfrist in den Prozess eingeführt werden. Die Frist gilt nach dem Wortlaut allein für die Ausübung des Kündigungsrechts. Ist die Kündigung als solche rechtzeitig erklärt, schließt § 626 Abs. 2 S. 1 BGB ein Nachschieben nachträglich bekannt gewordener Gründe nicht aus.“
BAG, Urt. v. 26.09.2013 – 8 AZR 1026/12, veröffentlicht u. a. in DB 2014, 429:
„1. Nach der Rechtsprechung des Senats ( ) hat der Arbeitnehmer wegen der Verletzung arbeitsvertraglicher Pflichten (§ 280 Abs. 1 BGB) dem Arbeitgeber die durch das Tätigwerden eines Detektivs entstandenen notwendigen Kosten zu ersetzen, wenn der Arbeitgeber aufgrund eines konkreten Tatverdachts einem Detektiv die Überwachung des Arbeitnehmers überträgt und der Arbeitnehmer einer vorsätzlichen Vertragspflichtverletzung überführt wird. Insofern handelt es sich um keine Vorsorgekosten, die unabhängig von konkreten schadensstiftenden Ereignissen als ständige Betriebsausgabe vom Arbeitgeber zu tragen sind. Nach § 249 BGB erstreckt sich die Schadensersatzpflicht auf alle Aufwendungen des Geschädigten, soweit diese nach den Umständen des Falles als notwendig anzusehen sind. Dazu gehört auch die Abwehr drohender Nachteile, wenn sich insofern konkrete Verdachtsmomente ergeben. § 254 BGB verlangt von einem Geschädigten allerdings die Rücksichtnahme auf das Interesse des Schädigers an der Geringhaltung des Schadens. Daraus folgt, dass der Arbeitgeber nur für die Maßnahmen Erstattungsansprüche hat, die ein vernünftiger, wirtschaftlich denkender Arbeitgeber nach den Umständen des Einzelfalles zur Beseitigung der Störung bzw. zur Schadensverhütung nicht nur als zweckmäßig, sondern auch als erforderlich ergriffen haben würde ( ).
2. Rechtsfehlerfrei ist das Landesarbeitsgericht weiter davon ausgegangen, dass die den Verdacht begründenden sogenannten Belastungstatsachen Verletzungen von Vertragspflichten darstellen können und dann der Grund für die Erstattungspflicht aufgewendeter Detektivkosten sind.
a) Der Verdacht, der Vertragspartner bzw. Arbeitnehmer könnte eine strafbare Handlung oder eine schwerwiegende Pflichtverletzung begangen haben, kann nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts einen wichtigen Grund für eine außerordentliche Kündigung bilden ( ). Entscheidend sind dabei der Verdacht eines Verstoßes gegen vertragliche Haupt- oder Nebenpflichten und der damit verbundene Vertrauensverlust ( ). Es muss gerade der Verdacht sein, der das zur Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses notwendige Vertrauen des Arbeitgebers in die Redlichkeit des Arbeitnehmers zerstört oder zu einer unerträglichen Belastung des Arbeitsverhältnisses geführt hat ( ). Daher erscheint der Begriff der Vertrauenskündigung angemessen ( ). Letztlich geht es darum, dass erhebliche Verdachtsmomente das für ein weiteres Zusammenwirken erforderliche Vertrauen zerstört haben. Die Kündigung wegen Verdachts stellt neben der Kündigung wegen der Tat einen eigenständigen Tatbestand dar ( ).
b) Das dem Verdacht zugrunde liegende Fehlverhalten des Arbeitnehmers muss eine erhebliche Verfehlung des Arbeitnehmers – strafbare Handlung oder schwerwiegende Vertragsverletzung – sein ( ). Der Verdacht muss objektiv durch Tatsachen – sog. Belastungstatsachen – begründet sein, die so beschaffen sind, dass sie einen verständigen und gerecht abwägenden Arbeitgeber zum Ausspruch der Kündigung veranlassen können ( ). Der Verdacht muss darüber hinaus dringend sein, d.h. es muss eine große Wahrscheinlichkeit dafür bestehen, dass der gekündigte Arbeitnehmer die Straftat oder die Pflichtverletzung begangen hat ( ). Hierfür ist eine wertende Beurteilung und kein bestimmter Grad der Wahrscheinlichkeit notwendig ( ). Die Verdachtsmomente und die Verfehlungen, deren der Arbeitnehmer verdächtigt wird, müssen so schwerwiegend sein, dass dem Arbeitgeber die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht zugemutet werden kann. Als derartige schwere Verfehlungen gelten etwa Veruntreuungen eines Filialleiters, Verrat von Geschäftsgeheimnissen, Diebstahl, Betrug bei der Spesenabrechnung, Erschleichen der Lohnfortzahlung, eine illegale verfassungsfeindliche Tätigkeit oder die sexuelle Belästigung von Mitarbeitern ( ).“
BAG, Urt. v. 21.11.2013 – 2 AZR 797/11, veröffentlicht u. a. in DB 2014, 367:
„Eine Verdachtskündigung ist auch als ordentliche Kündigung sozial nur gerechtfertigt, wenn Tatsachen vorliegen, die zugleich eine außerordentliche, fristlose Kündigung gerechtfertigt hätten.“
Das BAG hält auch eine Verdachtskündigung gegenüber einem Auszubildenden für möglich (BAG, Urt. v. 12.02.2015 – 6 AZR 845/13).
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat im Orientierungssatz wie folgt entschieden (BAG, Urt. v. 02.03.2017 – 2 AZR 698/15):
„1. Der eine Kündigung wegen Verdachts einer Straftat begründende Tatverdacht muss auf konkrete, vom Kündigenden darzulegende und ggf. zu beweisende Tatsachen gestützt sein. Er muss ferner dringend sein. Es muss eine große Wahrscheinlichkeit dafür bestehen, dass er zutrifft. Die Umstände, die ihn begründen, dürfen nach allgemeiner Lebenserfahrung nicht ebenso gut durch ein Geschehen zu erklären sein, das eine Kündigung nicht zu rechtfertigen vermöchte. Bloße, auf mehr oder weniger haltbare Vermutungen gestützte Verdächtigungen reichen nicht aus.
2. Entscheidungen im Strafverfahren binden die über die Wirksamkeit einer (Verdachts-)Kündigung befindenden Gerichte für Arbeitssachen nicht. Diese haben vielmehr alle relevanten Umstände selbst zu würdigen. Gleichwohl kann ein Freispruch im Strafverfahren unter dem Gesichtspunkt einer Entlastung des Arbeitnehmers für die arbeitsgerichtliche Prüfung im Rahmen einer Verdachtskündigung Bedeutung gewinnen. Das gilt nicht nur, wenn der Verdacht gegen den Arbeitnehmer im Strafverfahren vollständig ausgeräumt worden ist. Es reicht vielmehr aus, wenn Tatsachen festgestellt worden sind, die den Verdacht zumindest wesentlich abschwächen.
3. Eine hohe Wahrscheinlichkeit für ein vom Arbeitnehmer gezeigtes strafbares Verhalten oder eine sonstige erhebliche Pflichtwidrigkeit kann sich zwar daraus ergeben, dass ein oder mehrere Zeugen übereinstimmend ein bestimmtes Verhalten ähnlicher Natur oder ähnlichen Inhalts schildern. Dies erfordert aber eine sorgfältige, mögliche Fehlerquellen umfassend berücksichtigende Auseinandersetzung mit der Glaubhaftigkeit der jeweiligen Aussage und der Glaubwürdigkeit der Auskunftsperson(en). Dabei sind auch nach dem Kündigungszeitpunkt eingetretene Umstände zu berücksichtigen, insbesondere etwaige Änderungen von oder Widersprüchlichkeiten in den Aussagen von Belastungszeugen.“
Ergänzende Hinweise
Der Fall betrifft eine männliche Lehrkraft, die langjährig an einer Grundschule tätig war. Verschiedene Eltern von Schülern der Grundschule berichteten, dass die Lehrkraft, der spätere Kläger, Kinder unsittlich berührt habe. Im Rahmen eines Strafverfahrens wurde der Kläger in zweiter Instanz freigesprochen. Das BAG hat den Rechtsstreit zurückverwiesen. Das Revisionsgericht geht davon aus, dass das LAG mit der gegebenen Begründung die Kündigung nicht hätte für rechtmäßig erklären dürfen. Nach Einschätzung des BAG ist das LAG nicht daran gehindert, die dem Kläger vorgeworfene arbeitsvertragliche Pflichtverletzung als Tatkündigung zu betrachten, auch wenn der Arbeitgeber die Kündigung als Verdachtskündigung erklärt hatte.
Beachtenswert ist zudem eine Entscheidung des LAG Hamm (LAG Hamm, Urt. v. 14.08.2017 – 17 Sa 1540/16).
Siehe auch den Aufsatz von Fuhlrott/Oltmanns in DB 2015, S. 1719 ff.
(Letzte Aktualisierung: 01.07.2019)
Unsere Standorte finden Sie hier.
Dr. Uwe P. Schlegel
Rechtsanwalt