Startseite | Stichworte | Unzumutbarkeitsgrenze
https://www.etl-rechtsanwaelte.de/stichworte/medizinrecht/unzumutbarkeitsgrenze
Gesundheit / Medizinrecht

Unzumutbarkeitsgrenze

Hier geht es um eine „berühmte“ Rechtsprechung zum Gebührenrecht der Ärzte bzw. Zahnärzte, nämlich die Entscheidung des BGH v. 27.05.2004 (BGH, Urt. v. 27.05.2004 – III ZR 264/03, MDR 2004, 987 = NJW-RR 2004, 1198 = VersR 2004, 1138). Im Kern geht es um die Frage der gesonderten Berechnungsfähigkeit von Materialien, die der (Zahn-)Arzt verwendet, auch wenn Materialien grundsätzlich durch entsprechenden Ziffern in der GOÄ bzw. GOZ als abgegolten gelten. Im Bereich der Zahnmedizin hat das in erster Linie Folgen für die Abrechenbarkeit von Oraqix®  (GOZ 008), ProRoot MTA® (GOZ 2440) und Harvard MTA OptCaps® (GOZ 2440).

In der eingangs zitierten Entscheidung des BGH heißt es:

„a) Die Kostenabgeltung durch die Gebühren und die gesonderte Berechnungsfähigkeit von Artikeln, die der Arzt oder Zahnarzt im Rahmen der Behandlung seiner Patienten benötigt, hat sich für das jeweilige Gebührenrecht dieser Ärzte unterschiedlich entwickelt. Nach der Gebührenordnung für Ärzte vom 18. März 1965 (BGBl. I S. 89) und der Gebührenordnung für Zahnärzte vom gleichen Tag (BGBl. I S. 123) galten zunächst dieselben Grundsätze. Die „allgemeinen“ Praxiskosten und die durch die Anwendung von ärztlichen/zahnärztlichen Instrumenten und Apparaturen entstehenden Kosten wurden mit den Gebühren abgegolten, soweit nicht etwas anderes bestimmt war (§ 5 Abs. 1 der Gebührenordnungen). Neben den für die einzelnen Leistungen festgesetzten Gebühren konnten nur die Kosten für Arzneimittel, Verbandmittel und Materialien, die Kosten für Instrumente, Gegenstände und Stoffe, die der Kranke zur weiteren Verwendung behielt oder die mit einer einmaligen Anwendung verbraucht waren, sowie bei den Zahnärzten die zahntechnischen Laborkosten berechnet werden, soweit nicht etwas anderes bestimmt war (§ 5 Abs. 2 der Gebührenordnungen). Die Gebührenordnung für Ärzte enthielt in § 5 Abs. 3 eine hier nicht weiter interessierende Sondervorschrift für die Laboratoriumsund Röntgendiagnostik. In den Einzelbegründungen zu den jeweiligen Verordnungsentwürfen ist zu § 5 Abs. 2 ausgeführt, die Einrechnung dieser von Fall zu Fall sehr unterschiedlichen Kosten in die Gebührensätze sei nicht möglich (BR-Drucks. 550/64 S. 7, BR-Drucks. 551/64 S. 7). Wären in der damaligen Gebührenordnung für Zahnärzte bereits Leistungen der Implantologie vorgesehen gewesen, hätten nach deren § 5 Abs. 2 Instrumente, die -wie hier -mit einer einmaligen Anwendung verbraucht waren, daher gesondert berechnet werden dürfen.

b) Die Gebührenordnung für Ärzte vom 12. November 1982 (BGBl. I S. 1522) knüpfte an diese Rechtslage im wesentlichen an (vgl. Begründung des Verordnungsentwurfs BR-Drucks. 295/82 S. 13, 15). In weitgehender Übereinstimmung mit dem bisherigen § 5 Abs. 1 waren nach § 4 Abs. 3 Satz 1 dieser Gebührenordnung mit den Gebühren die Praxiskosten einschließlich der durch die Anwendung von Instrumenten und Apparaten entstehenden Kosten abgegolten, soweit nicht in dieser Verordnung etwas anderes bestimmt war. Der bisherige Grundsatz des § 5 Abs. 2 GOÄ 1965 wurde unter Straffung des Wortlauts nach § 10 Abs. 1 übernommen. Danach durften -vorbehaltlich einer anderen Bestimmung in der Verordnung -neben den für die einzelnen ärztlichen Leistungen vorgesehenen Gebühren nur die Kosten für diejenigen Arzneimittel, Verbandmittel und sonstigen Materialien berechnet werden, die der Patient zur weiteren Verwendung behielt oder die mit einer einmaligen Anwendung verbraucht waren. Eine Novellierung der Gebührenordnung für Zahnärzte scheiterte zu diesem Zeitpunkt daran, daß man -anders als in der ärztlichen Versorgung -den einheitlichen Bewertungsmaßstab für zahnärztliche Leistungen als Grundlage für ein neues Leistungsverzeichnis nicht für geeignet hielt (vgl. Begründung des Entwurfs der GOZ 1987, BR-Drucks. 276/87 S. 51 f).

c) Ehe die Gebührenordnung für Zahnärzte im Jahr 1987 novelliert wurde, hatte die Bundesregierung auf der Grundlage einer Entschließung des Bundesrates im Dezember 1985 über Erfahrungen mit der Gebührenordnung für Ärzte von 1982 einen Bericht erstattet (BR-Drucks. 625/85). Zum Thema Praxiskosten und Auslagen wird in dem Bericht ausgeführt, die Berechnung von Auslagen nehme in der ärztlichen Abrechnungspraxis einen immer breiteren Raum ein, insbesondere was Verbrauchsmaterialien angehe. Bei Einzelauswertungen sei ermittelt worden, daß auch Einmalartikel berechnet würden, die dem allgemeinen Praxisbedarf zugeordnet werden müßten. Der Verband der privatärztlichen Verrechnungsstellen begründe die zunehmende Berechnung von Auslagen damit, daß es sich bei den meisten der berechneten Materialien um Sprechstundenbedarf im Sinn der kassenärztlichen Versorgung handele, der im Honorar für kassenärztliche Leistungen nicht enthalten sei. Die Erstattungsstellen würfen in diesem Zusammenhang die Frage auf, inwieweit die sich abzeichnende Tendenz zur Einzelabrechnung von Auslagen den Begriff der Praxiskosten in unzulässiger Weise aushöhle (aaO S. 28 f).

d) Vor diesem Hintergrund wurden die aufeinander bezogenen Vorschriften über die Abgeltung von Kosten durch die Gebühren und über den Ersatz von Auslagen geändert, wobei der Verordnungsgeber im Detail unterschiedlich vorging.

aa) In der Gebührenordnung für Zahnärzte vom 22. Oktober 1987 wurde die Abgeltungsregelung in § 4 Abs. 3 erweitert. Hiernach sind mit den Gebühren die Praxiskosten einschließlich der Kosten für Füllungsmaterial, für den Sprechstundenbedarf sowie für die Anwendung von Instrumenten und Apparaten abgegolten. An die Stelle eines Vorbehalts anderweiter Regelung in der Verordnung trat der Vorbehalt einer anderen Bestimmung im Gebührenverzeichnis. Dies hat insbesondere für die zahlreichen Materialien Bedeutung, die in der zahnärztlichen Praxis verwendet werden, und zwar vorwiegend für die Behandlung von Patienten. Im Gebührenverzeichnis ist an verschiedenen Stellen die gesonderte, vom Grundsatz des § 4 Abs. 3 Satz 1 GOZ abweichende Berechnungsfähigkeit von Materialien vorgesehen (vgl. etwa Abschnitt A Allgemeine Bestimmungen Nr. 2; Abschnitt K Allgemeine Bestimmungen Nr. 2; Gebührennummer 213, 214, 219, 225, 226 und viele andere). Darüber hinaus ist hinsichtlich der zahntechnischen Leistungen -der Laborleistungen, die auch im Labor verarbeitete Materialien einschließen -in § 9 GOZ ein Auslagenersatzanspruch vorgesehen. Der auf einzelne im Gebührenverzeichnis aufgeführte zahnärztliche Leistungen bezogenen Regelung über die Berechnungsfähigkeit von Materialien muß man entnehmen, daß andere in der Praxis des Zahnarztes verwendete Materialien, die im Gebührenverzeichnis nicht genannt sind, mit den Gebühren abgegolten sind, ohne daß es im einzelnen darauf ankäme, die Begriffe der Praxiskosten und des Sprechstundenbedarfs für die Zwecke der Gebührenordnung begrifflich näher zu umreißen. Würde man die Auffassung vertreten, es gäbe im Gebührenverzeichnis nicht bezeichnete Materialien, die weder als Praxiskosten noch als Sprechstundenbedarf zu qualifizieren seien (so offenbar Heberer, in: Kastenbauer/Pillwein/Rat, Die richtige Honorarabrechnung des Zahnarztes, Kapitel 4.5 Rn. 11 „einzelfallbezogene Kosten“; Liebold/ Raff/Wissing, GOZ, § 4 Rn. 8 ff), damit durch die Gebühren nicht abgegolten und dementsprechend gesondert berechnungsfähig seien (vgl. § 4 Abs. 4 Satz 1 GOZ), wäre in die Abrechnung und Anwendung der Gebührenordnung eine Unsicherheit hineingetragen, die angesichts der im Bericht der Bundesregierung angesprochenen Erfahrungen gerade vermieden werden sollte und die in Nr. 3 der Allgemeinen Bestimmungen des Abschnittes A des Gebührenverzeichnisses und in der Begründung des Verordnungsentwurfs keine Stütze findet (vgl. BR-Drucks. 276/87 S. 66 und S. 3). Auch die Hervorhebung der nach dem Gebührenverzeichnis gesondert berechnungsfähigen Materialien in § 10 Abs. 2 Nr. 6 GOZ fügt sich in die vorbeschriebene Systematik ein.

bb) Für den ärztlichen Bereich ist der Verordnungsgeber mit der Dritten Verordnung zur Änderung der Gebührenordnung für Ärzte vom 9. Juni 1988 (BGBl. I S. 797) einen anderen Weg gegangen. In die Abgeltung durch die Gebühren ist zwar ähnlich wie in der Gebührenordnung für Zahnärzte der Sprechstundenbedarf einbezogen worden. Eine anderweitige Bestimmung ergibt sich aber vor allem aus der Regelung des § 10 GOÄ über den Auslagenersatz, der das Konzept zugrunde liegt, die Voraussetzungen hierfür -bezogen auf den gesamten Bereich ärztlicher Leistungen, der seinem Umfang nach weit über den der Zahnärzte hinausgeht -in der Art einer an das frühere Recht angelehnten Generalklausel (Kosten für diejenigen Arzneimittel, Verbandmittel und sonstigen Materialien, die der Patient zur weiteren Verwendung behält oder die mit einer einmaligen Anwendung verbraucht sind) zu umschreiben und bestimmte Positionen des Sprechstundenbedarfs hiervon gezielt auszunehmen (vgl. § 10 Nr. 1 GOÄ in der Fassung der Neubekanntmachung vom 10. Juni 1988, BGBl. I 818). Durch die Vierte Verordnung zur Änderung der Gebührenordnung für Ärzte vom 18. Dezember 1995 (BGBl. I S. 1861) ist die Bestimmung über den Auslagenersatz noch einmal neu geordnet worden, wobei die erwähnte Generalklausel jetzt in § 10 Abs. 1 Nr. 1 GOÄ enthalten ist und die einer Auslagenerstattung entzogenen Artikel in § 10 Abs. 2 GOÄ festgehalten sind.

cc) Während also in der Gebührenordnung für Ärzte Materialien, die der Patient zur weiteren Verwendung behält oder die mit einer einmaligen Anwendung verbraucht sind, über die Regelung des § 10 Abs. 1 Nr. 1 grundsätzlich gesondert berechnungsfähig sind, gilt dies für die Gebührenordnung für Zahnärzte nicht, die -abgesehen von der Regelung über den Auslagenersatz bei zahntechnischen Leistungen (§ 9 GOZ) -die gesonderte Berechnungsfähigkeit an eine entsprechende Bestimmung im Gebührenverzeichnis, also an einzeln beschriebene zahnärztliche Leistungen knüpft. Überlegungen in der Literatur (vgl. z.B. Tiemann/Grosse, GOZ, 2. Aufl., § 4 Anm. 4; Liebold/Raff/Wissing, GOZ, § 4 Rn. 12; Heberer aaO Kapitel 4.5 Rn. 11), die Bestimmung des § 10 Abs. 1 Nr. 1 GOÄ auch außerhalb des für den Zahnarzt nach § 6 Abs. 1 GOZ eröffneten Wegs als Leitlinie heranzuziehen, ob bestimmte Artikel gesondert berechnungsfähig sind, entsprechen dem unterschiedlichen Aufbau beider Gebührenordnungen nicht. Sie lassen sich auch nicht -wie die Revision und der vom Gericht hinzugezogene Sachverständige Dr. L. meinen -unter dem Gesichtspunkt einer Gleichbehandlung von Ärzten und Zahnärzten rechtfertigen. Denn es führt kein Weg daran vorbei, daß der Verordnungsgeber durch die Anknüpfung der Berechnungsfähigkeit von Materialien an bestimmte zahnärztliche Leistungen im übrigen den Grundsatz der Kostenabgeltung durch die Gebühren verfolgt hat. Sind aber die Gebühren im zahnärztlichen Bereich so bemessen, daß eine gesonderte Berechung von Materialien nur bei ganz bestimmten Leistungen vorgesehen ist, kann diese Entscheidung des Verordnungsgebers nicht durch eine ergänzende oder analoge Anwendung des § 10 Abs. 1 Nr. 1 GOÄ unterlaufen werden.

e) Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht aus § 3 GOZ, den die Revision als Grundlage für einen Auslagenersatzanspruch ansieht. Ähnlich wie § 1 GOZ 1965, § 1 GOÄ 1965 und § 3 GOÄ 1982 enthält § 3 GOZ nur eine Aufzählung der dem Zahnarzt zustehenden Vergütungsarten für seine eigentliche Berufstätigkeit, zu denen das nähere in den folgenden Bestimmungen der Gebührenordnung geregelt ist. Eine eigenständige Anspruchsgrundlage für Auslagenersatz enthält § 3 GOZ nicht (vgl. Meurer, GOZ, 2. Aufl., zu § 3; Heberer aaO Kapitel 4.4 Rn. 1, anders jedoch in Kapitel 4.5 Rn. 11). Zwar ist anerkannt, daß dem Zahnarzt aus dem Behandlungsvertrag auch ein Anspruch aus § 670 BGB zustehen kann. Dieser bezieht sich jedoch nur auf Gegenstände, die mit der zahnärztlichen Tätigkeit nichts zu tun haben und um die es im vorliegenden Rechtsstreit nicht geht.

3. Gemessen an diesen Grundsätzen kann die gesonderte Berechnungsfähigkeit der hier in Rede stehenden Materialien im Ergebnis nicht verneint werden.

a) Soweit es um die verwendeten Einmalbohrersätze geht, ist zu unterscheiden:

aa) Beide Rechnungen weisen als ärztliche Leistungen je einmal die Implantation von Knochen auf, bei der es sich um eine gemäß § 6 Abs. 1 GOZ auch für Zahnärzte eröffnete ärztliche Leistung aus dem Abschnitt L (Chirurgie, Orthopädie) Unterabschnitt V (Knochenchirurgie) der Gebührenordnung für Ärzte (Gebührenverzeichnis Nr. 2254) handelt, die mit dem 1,7-fachen des Gebührensatzes (143,23 DM) berechnet worden ist. Als Verbrauchsmaterial sind insoweit Knochenkernbohrer zum Preis von 354 DM und 307,50 DM berechnet worden. Soweit dem Zahnarzt die Gebührenordnung für Ärzte eröffnet ist, kann er auch nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 GOÄ die Kosten dieses mit der einmaligen Anwendung verbrauchten Artikels berechnen (vgl. Meurer, § 6 Anm. 3; BR-Drucks. 276/87 S. 71), der nicht zu den in § 10 Abs. 2 GOÄ aufgeführten Kleinartikeln gehört. Insoweit durfte das Berufungsgericht daher die Klage nicht abweisen.

bb) Demgegenüber wurden die ossären Aufbereitungsinstrumente (zweimal 594 DM in der Rechnung vom 12. Mai 2000; 317,79 DM einschließlich der gesetzlichen Mehrwertsteuer in der Rechnung vom 12. September 2000) im Zusammenhang mit den zahnärztlichen Leistungen aus dem Abschnitt K des Gebührenverzeichnisses erbracht, der lediglich die gesonderte Berechnung der verwendeten Implantate und Implantatteile zuläßt. Dem Berufungsgericht ist darin zuzustimmen, daß insoweit § 10 Abs. 1 Nr. 1 GOÄ nicht -auch nicht analog -heranzuziehen ist, so daß man nach dem Wortlaut und den systematischen Zusammenhängen der Gebührenordnung von einer Abgeltung dieser Instrumente durch die Gebühren ausgehen müßte (in diesem Sinn etwa AG und LG Köln RuS 1995, 313; LG Augsburg NJW-RR 1997, 1006 f; AG Weinheim VersR 2002, 697; OVG Münster NWVBl. 2003, 185 f und NVwZ-RR 2004, 123 f; OLG Karlsruhe, Urteil vom 15. Oktober 1998 –12 U 36/98; Meurer, aaO, Erläuterung zu Abschnitt K Allgemeine Bestimmungen Nr. 2, S. 224). Die Revision weist demgegenüber auf den Gesichtspunkt hin, angesichts des Wertes der verbrauchten Gegenstände könne dem Zahnarzt nicht zugemutet werden, die diesbezüglichen Kosten aus den allgemeinen Gebühren zu decken. Gerade bei teuren Instrumenten hätte dies zur Folge, daß der Zahnarzt bei der von ihm geschuldeten bestmöglichen Behandlung des Patienten kostenmäßig zusetzen müßte.

Der Revision ist zuzugeben, daß allein die Bohrersätze die Gebühren für die erbrachten implantologischen Leistungen zu einem beachtlichen Teil aufzehren. Die Streithelferin der Beklagten will zwar darauf abstellen, die streitgegenständlichen Verbrauchsmaterialien machten nur 6 v.H. des Gesamtrechnungsbetrages aus. Geht man jedoch davon aus, der Verordnungsgeber habe in bezug auf jede zahnärztliche Leistung bei Festlegung der Gebührenhöhe kalkulatorisch berücksichtigt, ob Materialien eingeschlossen oder gesondert berechnungsfähig sind, können die Kosten solcher Implantatbohrersätze sachgerechterweise nur den Leistungen gegenübergestellt werden, für die sie verwendet werden müssen. Betrachtet man die Rechnungen unter diesem Blickwinkel, stehen zahnärztliche Leistungen nach den Nummern 900 bis 903, hier jeweils berechnet nach dem 3,5-fachen des Gebührensatzes, folgenden Kosten für Bohrersätze gegenüber:

-Behandlung vom 25. August 1999: Leistungen von 1.085,70 DM bei Bohrerkosten von 594 DM,

-Behandlung vom 22. März 2000: Leistungen von 1.016,40 DM bei Bohrerkosten von 594 DM,

-Behandlung vom 30. August 2000: Leistungen von 646,80 DM bei Bohrerkosten von 317,79 DM.

Danach machen die Bohrerkosten zwischen rund 50 und 58 v.H. der berechneten Gebühren aus; hätte der Zahnarzt nur nach dem 2,3-fachen des Gebührensatzes abgerechnet, weil sich für ihn bei der Ausführung der Leistung keine besondere Erschwernis im Sinn des § 5 Abs. 2 GOZ gezeigt hätte, beliefen sich die Bohrerkosten auf Anteile zwischen 75 und 89 v.H.; das Einfache des Gebührensatzes hätte die Bohrerkosten nicht einmal gedeckt.

Es erscheint dem Senat ausgeschlossen, daß der Verordnungsgeber Kosten in dieser Größenordnung, die zu den üblichen Kosten der Praxis und des Sprechstundenbedarfs hinzutreten, vor Augen hatte, als er (nur) die gesonderte Berechnungsfähigkeit von Implantaten und Implantatteilen regelte. Für ein unbeabsichtigtes Regelungsdefizit könnte sprechen, daß die implantologischen Leistungen erstmals in die Gebührenordnung für Zahnärzte vom 22. Oktober 1987 aufgenommen wurden, so daß es möglicherweise an hinreichenden Erfahrungen fehlte. Der Begründung des Verordnungsentwurfs ist eine gewisse Zurückhaltung in bezug auf die Implantologie anzumerken. Einerseits wird zwar in verschiedenen Zusammenhängen hervorgehoben, das Verfahren müsse in Verbindung mit eng eingegrenzten Indikationen als wissenschaftlich anerkannt gelten, andererseits wird eine Stellungnahme der Deutschen Gesellschaft für Zahn-, Mundund Kieferheilkunde wiedergegeben, nach der es weiterer Forschungen und der kritischen Sichtung klinischpraktischer Erfahrungen bedürfe, um längerfristige Erkenntnisse zu sammeln und Wege zu suchen, Mißerfolge noch weiter zu mindern (BR-Drucks. 276/87 S. 91). Es ist nicht fernliegend, daß die nur einmalige Verwendbarkeit solcher Bohrersätze, über die vielfach gestritten wurde, damals noch nicht dem allseits anerkannten Standard entsprochen hat, so daß sich die Frage der Berechnung solcher Instrumente noch nicht vollständig übersehen ließ. Unabhängig davon, ob man von einer wirklichen Regelungslücke auszugehen hätte oder nur von einer fehlerhaften Einschätzung der mit implantologischen Leistungen verbundenen Kosten, sind die Zahnärzte nicht auf eine Neuregelung durch den Verordnungsgeber zu verweisen. Denn nach Auffassung des Senats begegnet die Gestaltung von Gebühren, die im Rahmen der 2,3-fachen Gebührensätze -ohne Berücksichtigung der allgemeinen Praxiskosten und des üblichen Sprechstundenbedarfs -zu Anteilen von 75 v.H. und mehr vom Einsatz einmalig verwendbarer Werkzeuge aufgezehrt werden, insbesondere dann verfassungsrechtlichen Bedenken, wenn -wie hier -ein Zahnarzt betroffen ist, dessen Tätigkeitsschwerpunkt auf dem Gebiet der Implantologie liegt. Eine solche Gebührengestaltung entfernt sich so weit von einer sachgerechten Regelung, daß es nicht erforderlich erscheint, die Gebührenkalkulation in bezug auf Praxiskosten und Sprechstundenbedarf weiter aufzuklären und zu der positiven Feststellung zu gelangen, der Zahnarzt müsse bei Tätigkeiten der angesprochenen Art zulegen. Vielmehr ist das objektiv festzustellende Regelungsdefizit dahin zu schließen, daß so ins Gewicht fallende Kosten von Einmalwerkzeugen in erweiternder Auslegung der Allgemeinen Bestimmung Nr. 2 des Abschnitts K gesondert berechnet werden dürfen.

b) Soweit es um die Berechenbarkeit der OP-Kleidung und des OP-Sets geht, wäre dem Berufungsgericht zu folgen, wenn es um Materialien ginge, die der Zahnarzt bei einer in der Gebührenordnung für Zahnärzte beschriebenen Tätigkeit verbraucht hätte. Die verwendeten Materialien standen jedoch ausweislich der Rechnung vom 12. September 2000, die insoweit allein in Streit steht, in einem Zusammenhang mit der bereits erwähnten Implantation von Knochen nach der Gebührennummer 2254 des Gebührenverzeichnisses der Gebührenordnung für Ärzte, die zu den auch dem Zahnarzt nach § 6 Abs. 1 GOZ eröffneten ärztlichen Leistungen gehört. Insoweit kann der Auslagenersatz für mit der einmaligen Anwendung verbrauchte Materialien, was hier nicht weiter streitig gewesen ist, auf § 10 Abs. 1 Nr. 1 GOÄ gestützt werden.“

(Letzte Aktualisierung: 07.02.2020)