Startseite | Stichworte | Crowdfunding (spendenrechtliche Beurteilung, § 10b EStG)
https://www.etl-rechtsanwaelte.de/stichworte/steuerrecht/crowdfunding-spendenrechtliche-beurteilung-paragraf-10b-estg
Steuerrecht

Crowdfunding (spendenrechtliche Beurteilung, § 10b EStG)

Siehe dazu BMF, Schreiben v. 15.12.2017 – IV C 4 S 2223/17/10001:

„I. Allgemeines

Crowdfunding bezeichnet eine Form der Mittelakquise unter Nutzung internetbasierter Strukturen, die die Beteiligung einer Vielzahl von Personen (der „Crowd“) ermöglicht. Dabei werden die einzelnen durch einen Dritten („Projektveranstalter“) durchzuführenden Projekte oder zu entwickelnden Produkte auf einer Internetplattform (sog. „Crowdfunding-Portal“) vorgestellt und gezielt Gelder zur Erreichung eines häufig festen Finanzierungsziels eingeworben. Organisation und Abwicklung der einzelnen Akquisemethoden können dabei sehr unterschiedlich gestaltet sein. Im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der Länder gilt für die Frage der spendenrechtlichen Beurteilung von Zahlungen, die im Rahmen eines Crowdfunding geleistet werden, Folgendes:

II. Klassisches Crowdfunding

Bei den jeweiligen Projektveranstaltern handelt es sich in der Regel um sog. Start-Up-Unternehmen, die das sog. „klassische Crowdfunding“ nutzen, um eine möglichst effiziente Form der Anlauffinanzierung zu erreichen. Die Unterstützer dieses „klassischen Crowdfunding“ erhalten für ihren Beitrag zur Erreichung des Finanzierungsziels eine Gegenleistung. Diese besteht regelmäßig in der Überlassung einer Ausfertigung des jeweiligen Projektergebnisses nach Beendigung der Projektphase (z. B. in Form eines technischen Wirtschaftsguts).

Zahlungen im Rahmen eines „klassischen Crowdfunding“ sind nicht als „Spende“ abziehbar. Eine Spende muss ohne die Erwartung eines besonderen Vorteils an einen begünstigten Zuwendungsempfänger im Sinne des § 10b Absatz 1 Satz 2 EStG gegeben werden und die Spendenmotivation im Vordergrund stehen. Die Unentgeltlichkeit ist für die Spende und damit für den Spendenabzug nach den §§ 10b EStG, 9 Absatz 1 Nummer 2 KStG, 9 Nummer 5 GewStG konstitutives Merkmal. Die steuerliche Entlastung der Spende ist nur gerechtfertigt, wenn sie ausschließlich fremdnützig, d. h. zur Förderung des Gemeinwohls, verwendet wird. Ein Spendenabzug ist daher ausgeschlossen, wenn die Ausgaben des Zuwendenden zur Erlangung einer Gegenleistung durch den Zuwendungsempfänger erbracht werden, ohne dass der Vorteil unmittelbar wirtschaftlicher Natur sein muss. Eine Aufteilung der Zahlung in ein angemessenes Entgelt und eine den Nutzen übersteigende „unentgeltliche“ Leistung scheidet bei einer einheitlichen Gegenleistung aus, denn auch im Falle einer Teilentgeltlichkeit fehlt der Zuwendung insgesamt die geforderte Uneigennützigkeit (vgl. BFH-Urteil vom 2. August 2006, XI R 6/03, BStBl II 2007 S. 8). Ein Spendenabzug scheitert beim „klassischen Crowdfunding“ regelmäßig deswegen, weil der Zuwendungsempfänger entweder nicht steuerbegünstigt ist oder weil der Zuwendende für seine Leistung eine Gegenleistung erhält – auf das Verhältnis von Leistung oder Gegenleistung kommt es dabei nicht an (vgl. BFH-Urteile vom 25. August 1987, IX R 24/85, BStBl II 1987 S. 850 und vom 12. August 1999, XI R 65/98, BStBl II 2000 S. 65).

III. Spenden Crowdfunding

Als sog. „Spenden Crowdfunding“ werden anlassbezogene Spendensammlungen organisiert, die in der Regel ein festes Sammlungsziel haben. Nur bei Erreichen des Sammlungsziels in der vorgegebenen Höhe und Zeit leitet das Crowdfunding-Portal die eingesammelten Mittel an die jeweiligen Projektveranstalter weiter. Weder die einzelnen Zuwendenden noch das Crowdfunding-Portal erhalten für diese Zuwendung eine Gegenleistung. Wird das Sammlungsziel nicht erreicht, dann erhalten die zuwendenden Personen in einigen Fällen ihre Einzahlung ohne Abzüge zurück (sog. „Alles-oder-Nichts-Prinzip“). Wenn der Empfänger der Finanzierungsmittel aus dem Crowdfunding eine nach § 5 Absatz 1 Nummer 9 KStG i.V.m. §§ 51 ff. AO steuerbegünstigte Körperschaft oder juristische Person des öffentlichen Rechts ist, dann ist diese nach den allgemeinen gemeinnützigkeits- und spendenrechtlichen Regelungen berechtigt, für die erhaltenen Mittel Zuwendungsbestätigungen nach § 50 Absatz 1 EStDV auszustellen. Die Zulässigkeit eines steuerlichen Spendenabzugs hängt dabei von den

Eigenschaften der Beteiligten und den zwischen ihnen bestehenden rechtlichen Verbindungen ab.

1. Das Crowdfunding-Portal als Treuhänder

Tritt das Crowdfunding-Portal als Treuhänder für den Projektveranstalter auf und leitet es die vereinnahmten Zuwendungsmittel an diesen weiter, dann ist der Projektveranstalter zur Ausstellung von Zuwendungsbestätigungen befugt, wenn

  • es sich bei ihm um eine nach § 5 Absatz 1 Nummer 9 KStG i.V.m. §§ 51 ff. AO steuerbegünstigte Körperschaft oder um eine juristische Person des öffentlichen Rechts handelt,
  • die Unterstützer des Projekts für ihre Zuwendung keine Gegenleistung erhalten, sondern allenfalls ein rein symbolisches „Dankeschön“ (z.B. Übermittlung eines Rechenschaftsberichts über die Durchführung des finanzierten Projekts),
  • das finanzierte Projekt in Verwirklichung seiner steuerbegünstigten, satzungsmäßigen Zwecke durchgeführt wird und
  • eine zweifelsfreie Zuordnung der Spenden zum jeweiligen Zuwendenden möglich ist. Zweifelsfrei zuordenbar sind die Zuwendungen dann, wenn das CrowdfundingPortal Angaben über den Namen und die Adresse der Spender sowie die Höhe des jeweiligen Spendenbetrags in Form einer Spenderliste dokumentiert und gemeinsam mit den Spendenmitteln an den Projektveranstalter übermittelt hat. Die Summe der in der Liste aufgeführten Beträge darf dabei den tatsächlich zugewandten Betrag nicht überschreiten.

Bei treuhänderischen Crowdfunding-Spenden scheidet die Möglichkeit der vereinfachten Nachweisführung des § 50 Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 EStDV aus. Die normierte Nachweiserleichterung ist ausschließlich auf den Zahlungsverkehr zwischen zwei Beteiligten (Zuwendender und Zuwendungsempfänger) und nicht für Treuhandverhältnisse anwendbar.

2. Das Crowdfunding-Portal als Förderkörperschaft nach § 58 Nummer 1 AO

Liegen die unter III.1. genannten allgemeinen Voraussetzungen zum Zuwendungsabzug vor und handelt es sich bei dem Crowdfunding-Portal um eine nach § 58 Nummer 1 AO steuerbegünstigte Förderkörperschaft, welche die Zuwendungsmittel für eigene Rechnung vereinnahmt und in Verwirklichung der eigenen satzungsmäßigen Zwecke an nach § 5 Absatz 1 Nummer 9 KStG i.V.m. §§ 51 ff. AO steuerbegünstigte Körperschaften (z.B. Projektveranstalter) oder juristische Personen des öffentlichen Rechts weiterleitet, dann ist diese nach den allgemeinen gemeinnützigkeits- und spendenrechtlichen Regelungen berechtigt, für die erhaltenen Mittel Zuwendungsbestätigungen nach § 50 Absatz 1 EStDV an die Spender auszustellen.

In diesen Fällen ist eine vereinfachte Nachweisführung gemäß § 50 Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 EStDV unter den dort geregelten Voraussetzungen möglich.

3. Das Crowdfunding-Portal als steuerbegünstigter Zuwendungsempfänger

Ist das Crowdfunding-Portal selbst Projektveranstalter und eine nach § 5 Absatz 1 Nummer 9 KStG i.V.m. §§ 51 ff. AO steuerbegünstigte Körperschaft oder eine juristische Person des öffentlichen Rechts, ist es selbst zur Ausstellung von Zuwendungsbestätigungen nach § 50 Absatz 1 EStDV berechtigt. Dies gilt auch für den vereinfachten Zuwendungsnachweis nach § 50 Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 EStDV.

IV. Crowdinvesting, -lending

Bei dem Modell des sog. „Crowdinvesting“ werden die Mitglieder der Crowd finanziell an dem Projekterfolg beteiligt, indem ihre Investitionen eigenkapitalähnlichen Charakter besitzen. Beim sog. „Crowdlending“ vergibt die Crowd als Alternative zu einem klassischen Bankkredit über eine feste Laufzeit ein Darlehen zu einem vereinbarten Zins mit dem jeweiligen Projektveranstalter als Darlehensnehmer.

Soweit die Projektunterstützer ihr Vermögen in der vorgenannten Weise lediglich umschichten, scheidet ein Spendenabzug aus. Denn eine Ausgabe im Sinne des § 10b Absatz 1 Satz 1 EStG setzt die endgültige wirtschaftliche Belastung des jeweiligen Geldgebers voraus (vgl. BFH-Urteil vom 20. Februar 1991, X R 191/87, BStBl II S. 690).“

(Letzte Aktualisierung: 14.02.2018)