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Strafrecht/Strafprozessrecht

Akteneinsicht (§ 147 StPO)

Grundsätzlich bedeutet Akteneinsicht, dass einem Betroffenen des Verfahrens (über einen Rechtsanwalt) die Möglichkeit eingeräumt wird, sich über die bei der jeweiligen Behörde oder dem Gericht gesammelten Ermittlungsergebnisse zu informieren. Zu diesem Zweck wird dem Vertreter des Betroffenen die zu dem jeweiligen Vorgang angelegte Akte zur Verfügung gestellt.

Rechtlich fußt das Akteneinsichtsrecht des Beschuldigten bzw. seines Verteidigers auf § 147 StPO. Das Akteneinsichtsrecht des Geschädigten ergibt sich hingegen aus § 406e StPO.

Dem Verteidiger steht nicht in jeder Lage des Verfahrens eine vollständige Akteneinsicht zu. Sind die Ermittlungen noch nicht abgeschlossen, kann dem Verteidiger die Akteneinsicht ganz oder teilweise verwehrt werden. Wird die Akteneinsicht nach Abschluss der Ermittlungen verweigert oder eingeschränkt, ist dies nur dann rechtmäßig, wenn eine Akteneinsicht den Untersuchungszweck gefährden würde. Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn gerade die Durchsuchung beim Beschuldigten vorbereitet wird.

Vernehmungsprotokolle, Durchsuchungsniederschriften, Haftbefehl und Sachverständigengutachten sind dem Verteidiger nach § 147 Abs. 3 StPO jederzeit zur Verfügung zu stellen.

LG Augsburg, Beschl. v. 18.02.2020 – J Qs 51/20:

Datenkopien von Videoaufzeichnungen, die sich bei den Akten befinden, sind Aktenbestandteile. Diese unterliegen nicht dem Besichtigungsrecht von Beweisstücken, sondern dem Akteneinsichtsrecht (§ 147 StPO).

OLG Hamburg, Beschl. v. 08.01.2018 – 2 Ws 229/17, 2 Ws 229/17– 1 OBL 103/17:

„Der bis zum 31. Dezember 2017 in § 147 Abs. 4 Satz 2 StPO geregelte Ausschluss der Anfechtung gerichtlicher Entscheidungen über die Art und Weise der Akteneinsichtsgewährung umfasst auch nach der seit dem 1. Januar 2018 geltenden Neuregelung in § 32f Abs. 3 StPO auch die Anfechtung solcher Entscheidungen durch die Staatsanwaltschaft.“

LG Trier, Beschl. v. 14.09.2017 – 1 Qs 46/17:

„1. Die Entscheidung über die Akteneinsicht steht nicht in einem inneren Zusammenhang mit dem späteren Urteil

2. Ein die Akteneinsicht versagender Beschluss des Gerichts kann durch den Betroffenen mit der Beschwerde nach § 304 StPO angefochten werden.“

LG Regensburg, Beschl. v. 24.07.2017 – 6 Qs 29/17:

1. Das Akteneinsichtsrecht der Verteidigung gem. § 147 Abs. 1 StPO umfasst auch die Überlassung von Kopien der im Rahmen der Telekommunikationsüberwachung aufgezeichneten Audiodateien.

2. Bei den Originalaufzeichnungen handelt es sich zwar um Augenscheinsobjekte und damit um Beweisstücke, die nach § 147 Abs. 1 u. 4 S. 1 StPO nur am Ort der amtlichen Verwahrung besichtigt bzw. angehört werden dürfen. Reicht die Besichtigung der Originaldateien am Ort der Verwahrung aber zu Informationszwecken nicht aus, hat der Verteidiger unter dem Gesichtspunkt des fairen Verfahrens, speziell der Waffengleichheit, einen Anspruch auf Herstellung und Überlassung von Kopien der Dateien (Anschluss OLG Celle, 5. Juli 2016, 2 Ws 114/16, NStZ-RR 2017, 48).

3. Kopien von Audiodateien, die im Rahmen der Telefonüberwachung aufgezeichnet wurden, sind keine Beweisstücke, sondern Aktenbestandteile und unterliegen damit der Akteneinsicht.“

(Letzte Aktualisierung: 05.06.2020)