Startseite | Stichworte | Containern
https://www.etl-rechtsanwaelte.de/stichworte/strafrecht-strafprozessrecht/containern
Strafrecht/Strafprozessrecht

Containern

Hierunter versteht man das Entwenden von Lebensmitteln aus Behältnissen, in denen sich Lebensmittel befinden, die auf diese Weise und entsprechend öffentlich-rechtlicher Bestimmungen entsorgt werden sollen. Die Strafbarkeit eines solchen Verhaltens ist umstritten.

Siehe hierzu  BayObLG, Beschl. v. 02.10.2019 – 206 StRR 103/19, 206 StRR 1015/19, NJW-Spezial 2020, 26:

„Nach den Feststellungen des Amtsgerichts wurden die seitens der Fa. E. für nicht mehr verkehrsfähig gehaltenen Lebensmittel in einem verschlossenen Container auf dem Grundstück der Firma im Zulieferbereich gelagert und standen zur Abholung durch ein Entsorgungsunternehmen bereit.

 (1) Die Wertlosigkeit einer Sache als solche gewährt Dritten nicht das Recht zur Wegnahme (RGSt 44, 207, 209; Vogel in Leipziger Kommentar StGB 12. Aufl. § 242 Rdn. 44 m.w.N.). Auch der Umstand, dass die Lebensmittel zur Entsorgung in einen Abfallcontainer geworfen wurden, sagt darüber, ob dem Eigentümer damit auch deren weiteres Schicksal gleichgültig ist, nicht zwingend etwas aus. Eine Dereliktion kommt vielmehr nur dann in Betracht, wenn der Wille vorherrscht, sich der Sache ungezielt zu entledigen (BayObLGSt a.a.O.). So liegt der Fall hier jedoch nicht.

(2) Bereits dadurch, dass der, zudem auf Firmengelände und nicht etwa im öffentlichen Raum stehende, Container abgesperrt war, hat der Eigentümer für Dritte deutlich erkennbar gemacht, dass die Firma die Lebensmittel nicht dem Zugriff beliebiger Dritter anheimgeben wollte bzw. dass keine Einwilligung mit einer Mitnahme besteht (vgl. Schmitz in Münchner Kommentar StGB 3. Aufl. § 242 Rdn. 35, Vergho Zur Strafbarkeit von „Containern“ StraFo 2013, 15, 17; Lorenz Containern von Lebensmitteln entkriminalisieren? jurisPR-StrafR 10/2019 Anm. 1, Ziffer III). Dem steht nicht entgegen, dass der Verschluss mit einem Werkzeug, welches kein Spezialwerkzeug der Firma bzw. des Abholunternehmens ist, zu öffnen war, zumal ein solches Werkzeug in der Regel von Passanten oder sonstigen beliebigen Dritten nicht mitgeführt wird.

(3) Hinzu kommt, dass die Lebensmittel zur Abholung durch ein (von der Firma gesondert bezahltes) Entsorgungsunternehmen bereit gestellt waren. Ein Verzichtswille, der zur Herrenlosigkeit der Sache führt, liegt aber dann nicht vor, wenn der Eigentümer das Eigentum nur zugunsten einer anderen Person (oder Organisation) aufgeben will (BayObLGSt a.a.O.; Vogel in Leipziger Kommentar 12. Aufl. § 242 Rdn. 33; Kindhäuser in Kindhäuser/Neumann/Paeffgen StGB 5. Aufl. § 242 Rdn. 22).

Dies gilt z.B. in Fällen, in denen der Eigentümer Gegenstände im Rahmen von Sammelaktionen zur Abholung bereit stellt (BayObLGSt a.a.O., Vogel a.a.O.; Kindhäuser a.a.O., Duttge in Dölling/Duttge/König/Rössner Gesamtes Strafrecht 4. Aufl. § 242 Rdn. 15; Vergho a.a.O. S. 16), der Entsorgende für eine ordnungsgemäße Abfallentsorgung verantwortlich ist und die Sachen zur Abholung durch eine Fachfirma bereit hält (Bosch in Schönke/Schröder StGB 30. Aufl. § 242 Rdn. 17/18; Wittig in Beck-OK StGB § 242 Rdn. 9; Lorenz a.a.O.; Bode Zur Strafbarkeit privater Schrottsammler JA 2016, 589, 590). Entsprechendes gilt, wenn der Entsorgende für die gesundheitliche Unbedenklichkeit in Verkehr gebrachter Lebensmittel einzustehen hat, wie es hier der Fall ist. In all diesen Fällen bleiben die Sachen bis zur Abholung im Eigentum des Entsorgenden (vgl. Bode a.a.O.) und sind damit taugliches Diebstahlsobjekt i.S. des § 242 Abs. 1 StGB.

3. Ergänzend wird auf die Ausführungen der Generalstaatsanwaltschaft in ihrer Antragsschrift vom 22. Mai 2019 Bezug genommen, die auch durch die Ausführungen der Revision in den jeweiligen Schriftsätzen vom 12. Juni 2019 und 9. Juli 2019 nicht entkräftet werden.“

Das Bundesverfassungsgericht hat gegen die Strafbarkeit des Containerns keine Bedenken (BVerfG, Beschl. v. 05.08.2020 – 2 BvR 1985/19; 2 BvR 1986/19, NJW 2020, 2953.

Siehe auch die Beiträge von Vergho, StraFO 2013, 15 und Esser/Scharnberg, JuS 2012, 809 sowie Schiemann, KriPoZ 2019, 231.

(Letzte Aktualisierung: 11.11.2020)