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Verkehrsrecht

Neufahrzeug

Ein Neufahrzeug ist nach der Rechtsprechung ein Kraftfahrzeug, das bis zur Veräußerung noch nicht als Verkehrsmittel eingesetzt wurde.

Auch durch eine kurzzeitige Benutzung durch Ingebrauchnahme zu Verkehrszwecken verliert das Fahrzeug seine Eigenschaft als Neufahrzeug und wird zum Gebrauchtwagen. Allerdings stellt die durchgeführte Überfahrungsfahrt unter Verwendung eines roten (Überführungs-)Kennzeichens noch keine Ingebrauchnahme zu Verkehrszwecken dar.

Für einen Neuwagen ist es nicht nur notwendig, dass er neu ist; vielmehr muss er fabrikneu sein. Dies ist nach der Rechtsprechung des BGH (BGH, Urt. v. 15.10.2003 – VIII ZR 227/02) nur dann der Fall, wenn und solange das Modell des Kraftfahrzeugs unverändert weitergebaut wird, wenn es keine durch längere Standzeit bedingten Mängel aufweist und zwischen Herstellung und Abschluss des Kaufvertrages nicht mehr als 12 Monate liegen. Fabrikneuheit verlangt weiter, dass sich das Fahrzeug bei Übergabe an den Käufer in einem unbenutzten und unbeschädigten Zustand befindet, wie es vom Hersteller ausgeliefert worden ist.

Wird ein relativ neuwertiges Fahrzeug beschädigt, kann der Geschädigte unter gewissen Umständen einen Ersatz auf Neuwagenbasis verlangen. Nach der Rechtsprechung des BGH hat der Geschädigte in der Regel nur dann Anspruch auf Finanzierung eines Neufahrzeugs, wenn das beschädigte Fahrzeug nicht älter als vier Wochen ist und nicht mehr als 1000 Kilometer gelaufen ist. Außerdem muss ein erheblicher Schaden an dem Fahrzeug eingetreten sein. Ein erheblicher Schaden liegt vor, wenn durch den Unfall tragende oder sicherheitsrelevante Teile beschädigt wurden und die fachgerechte Instandsetzung nicht nur völlig unerhebliche Richt- oder Schweißarbeiten am Fahrzeug erfordert (BGH, Urteil v. 09.06.2009 – VI ZR 110/08 m. w. N.)

Siehe auch BGH, Urt. 29.09.2020 – VI ZR 271/19, NJW 2020, 3591:

„In zutreffender Anwendung der Senatsrechtsprechung geht das Berufungsgericht davon aus, dass der Eigentümer eines fabrikneuen Fahrzeugs mit einer Laufleistung von nicht mehr als 1.000 km im Falle dessen – hier mangels Feststellungen des Berufungsgerichts zugunsten der Revision zu unterstellender – erheblicher Beschädigung (nur dann) berechtigt ist, Ersatz der Kosten für die Beschaffung eines Neufahrzeugs zu verlangen, wenn er ein gleichwertiges Ersatzfahrzeug erworben hat (Senat, Urteil vom 9. Juni 2009 – VI ZR 110/08, BGHZ 181, 242 Rn. 16 ff.; Almeroth in MünchKommStVR, 2017, BGB § 249 Rn. 231; Ekkenga/Kuntz in Soergel, BGB, 13. Aufl., § 249 Rn. 169; J.W. Flume in Bamberger/Roth/Hau/Poseck, BGB, 4. Aufl., § 249 Rn. 236 ff.; Funk/Froitzheim in BeckOK StVR, Stand 1. Juli 2020, BGB § 251 Rn. 15; Kuhnert in NK-GVR, 2. Aufl., § 251 BGB Rn. 13; Sanden/Völtz, Sachschadenrecht des Kraftverkehrs, 9. Aufl., Rn. 192; Böhme/Biela/Tomson, Kraftverkehrs-Haftpflicht-Schäden, 26. Aufl., Kap. 4 Rn. 42; Lemcke, NJW-Spezial 2013, 457, 458; Richter in Himmelreich/Halm, Handbuch des Fachanwalts Verkehrsrecht, 6. Aufl., Kapitel 4, Rn. 672; vgl. auch Oetker in MünchKommBGB, 8. Aufl., § 251 Rn. 26). Daran hält der Senat fest. Soweit die Rechtsprechung des Senats vereinzelt Kritik erfahren hat (Gsell NJW 2009, 2994 ff.; vgl. auch Freymann/Rüßmann in: Freymann/Wellner, jurisPK-Straßenverkehrsrecht, Stand 3. Juli 2020, § 249 BGB Rn. 82), erweist sich diese entgegen der Ansicht der Revision nicht als durchgreifend. Die Erwägung, ein repariertes Unfallfahrzeug bleibe wertmäßig hinter einem Neuwagen zurück (Gsell NJW 2009, 2994, 2996), lässt den Anspruch auf Ersatz des Minderwertes unberücksichtigt. Gründe, die bei der Beschädigung eines Neuwagens für die Aufgabe des Wirtschaftlichkeitspostulats (vgl. nur Senat, Urteil vom 7. Juni 2005 – VI ZR 192/04, BGHZ 163, 180, 184, juris Rn. 8) und des Bereicherungsverbots sprechen könnten, sind nicht ersichtlich.“

(Letzte Aktualisierung: 14.01.2021)