ARB 2010
Hierbei handelt es sich um die Allgemeine Rechtsschutzversicherungsbedingungen (ARB) 2010.
Beachte auch BGH, Urt. v. 14.08.2019 – IV ZR 279/17, NJW 2019, 3582:
„1. Aus § 17 Abs. 1 c) bb) ARB ergibt sich die Leistungsfreiheit der Beklagten schon deshalb nicht, weil die Klausel intransparent ist.
a) Der durchschnittliche Versicherungsnehmer, der sich bemüht zu verstehen, was die nach Eintritt eines Rechtsschutzfalls zu erfüllende Obliegenheit von ihm verlangt, wird erkennen, dass er für eine Minderung des Schadens im Sinne des § 82 VVG zu sorgen hat und dieser Schaden in den Rechtsverfolgungskosten liegt, die so gering wie möglich gehalten werden sollen. Er wird der Frage nachgehen, um welche Kosten es gehen kann. Aus dem in § 5 ARB genannten Leistungsumfang wird er ersehen, dass die gesetzliche Vergütung eines für ihn tätigen Rechtsanwalts in Betracht kommt, ferner Gerichtskosten, die Entschädigung von Zeugen, Gebühren eines Schlichtungsverfahrens, Kosten in Verfahren vor Verwaltungsbehörden, die Vergütung von Sachverständigen, Reisekosten sowie die Kosten eines Gegners. Damit wird der Versicherungsnehmer auf zahlreiche kostenrechtliche Bestimmungen einschließlich umfangreicher Kosten- und Vergütungsverzeichnisse und Gebührentabellen verwiesen. Er muss, um – wie von ihm verlangt – von mehreren möglichen Vorgehensweisen die kostengünstigste zu wählen, die für seinen Rechtsschutzfall maßgeblichen Kostenbestimmungen ermitteln und vorausschauend beurteilen, welche Kosten für die Wahrnehmung seiner rechtlichen Interessen objektiv erforderlich und welche vermeidbar sind.
Ferner muss er in seine Überlegungen einbeziehen, dass bei mehreren in Betracht kommenden Vorgehensweisen die Wahl der nicht kostengünstigsten Möglichkeit nur ausscheidet, soweit seine – des Versicherungsnehmers – Interessen nicht unbillig beeinträchtigt werden.
Wendet sich der um Verständnis bemühte Versicherungsnehmer sodann den in der Klausel angeführten – nicht abschließenden – Beispielen zu, wird er diesen entnehmen, dass von ihm in den dort genannten Fallgestaltungen die jeweils kostengünstigere Möglichkeit zu wählen ist, soweit seine Interessen nicht unbillig beeinträchtigt werden. Um dies beurteilen zu können, wird ihm einerseits eine rechtliche Abwägung abverlangt, ob ihm das kostengünstigere Vorgehen zumutbar ist. Andererseits muss er entscheiden, welches der unterschiedlichen Verhaltensgebote für ihn verbindlich ist, ob er sich etwa an die Vorgabe hält, die Klage zu erweitern, oder aber – wie ihm die weiteren Beispiele gleichermaßen nahe legen – auf noch nicht notwendige zusätzliche Klageanträge verzichtet und die Rechtskraft eines anderen gerichtlichen Verfahrens abwartet. Schließlich wird der verständige Versicherungsnehmer erkennen, dass er Weisungen des Versicherers einzuholen und zu befolgen sowie seinen Rechtsanwalt entsprechend der Weisung zu beauftragen hat, und zwar jeweils zur Minderung des Schadens. Weisungen wird er danach nur für relevant halten, soweit er nach Maßgabe aller zuvor angestellten Erwägungen für die Minderung des Schadens zu sorgen hat.
b) Mit diesem Inhalt wird die Klausel dem Erfordernis des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB nach ausreichender Transparenz nicht gerecht und ist deshalb unwirksam.
aa) Nach dem Transparenzgebot ist der Verwender Allgemeiner Versicherungsbedingungen entsprechend den Grundsätzen von Treu und Glauben gehalten, Rechte und Pflichten seines Vertragspartners möglichst klar und durchschaubar darzustellen. Dabei kommt es nicht nur darauf an, dass eine Klausel in ihrer Formulierung für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer verständlich ist. Vielmehr gebieten Treu und Glauben auch, dass sie die wirtschaftlichen Nachteile und Belastungen so weit erkennen lässt, wie dies nach den Umständen gefordert werden kann (st. Rspr., vgl. nur Senatsurteile vom 4. Juli 2018 – IV ZR 200/16, r+s 2018, 425 Rn. 25; vom 4. April 2018 – IV ZR 104/17, r+s 2018, 258 Rn. 8).
bb) Diesen Anforderungen genügt die Klausel nicht (so auch Lensing in Höra, Münchener Anwaltshandbuch Versicherungsrecht 4. Aufl. § 27 Rn. 482, 484; Lensing, VuR 2011, 290, 292; Rixecker in Langheid/Rixecker, VVG 6. Aufl. § 125 Rn. 19; ähnlich Cornelius-Winkler, r+s 2011, 141, 143 f.; krit. ders. in Harbauer, Rechtsschutzversicherung 9. Aufl. § 17 ARB 2010 Rn. 46; Herdter in Looschelders/Paffenholz, ARB 2. Aufl. § 17 ARB 2010 Rn. 65 ff.; differenzierend OLG Köln VersR 2016, 113, 114 [juris Rn. 17]; a.A. Armbrüster in Prölss/Martin, VVG 30. Aufl. § 17 ARB 2010 Rn. 24; Hillmer-Möbius in van Bühren/Plote, ARB 3. Aufl. § 17 ARB 2010 Rn. 5). Der um Verständnis bemühte Versicherungsnehmer kann nicht erkennen, welches bestimmte Verhalten von ihm verlangt wird, um seinen Anspruch auf die Versicherungsleistung nicht zu gefährden. Es ist für ihn unmöglich zu erkennen, welche Tatbestände Kosten auslösen, wie hoch die Kosten sind und wie er sein Rechtsschutzziel auf kostengünstige Weise erreicht. Er muss zudem in seine Überlegungen verschiedene alternative Vorgehensweisen einbeziehen und deren jeweilige Auswirkungen in rechtlicher Hinsicht bewerten und gegeneinander abwägen, um beurteilen zu können, ob sich mit einer kostengünstigeren Vorgehensweise das angestrebte Rechtsschutzziel erreichen lässt oder ob das höhere Kosten auslösende Vorgehen derart gewichtige Vorteile bietet, dass ihn der Versicherer ohne unbillige Beeinträchtigung seiner des Versicherungsnehmers – Interessen nicht auf die kostengünstigere Alternative verweisen kann. Dem durchschnittlichen Versicherungsnehmer, der regelmäßig nicht über juristisches Fachwissen verfügt, werden damit umfassende, bis ins Einzelne gehende rechtliche Überlegungen und Bewertungen abverlangt, zu denen er in aller Regel nicht in der Lage ist. Er weiß daher letztlich nicht, was er zu tun oder zu unterlassen hat, um die Obliegenheit zu erfüllen.
Daran ändert sich für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer auch dadurch nichts, dass ihm die Klausel zusätzlich abverlangt, zur Minderung des Schadens Weisungen des Versicherers einzuholen und zu befolgen und seinen Rechtsanwalt entsprechend der Weisung zu beauftragen. Hält sich der verständige Versicherungsnehmer an dieses Verhaltensgebot, muss er gleichermaßen eine Entscheidung darüber treffen, ob er auf die Weisung des Versicherers Rücksicht zu nehmen hat, weil sie seine Interessen nicht unbillig beeinträchtigt, oder ob er eine andere Rechtsverfolgung bevorzugen darf, weil diese gegenüber dem ihm vom Versicherer angesonnenen Verhalten gewichtige Vorteile zur effektiven Erreichung des angestrebten Rechtsschutzziels bietet, sich daher die Weisung des Versicherers über seine – des Versicherungsnehmers – berechtigten Interessen hinwegsetzt und ihm deren Befolgung unzumutbar ist. Hierbei hat der um Verständnis bemühte Versicherungsnehmer dieselben – ihm in der Regel nicht möglichen – rechtlichen Überlegungen anzustellen.
cc) Etwas anderes ergibt sich nicht daraus, dass der durchschnittliche, nicht juristisch vorgebildete Versicherungsnehmer nach Eintritt eines Rechtsschutzfalls regelmäßig anwaltliche Hilfe in Anspruch nehmen wird. Das führt nicht dazu, dass bei der Beurteilung seiner Verständnismöglichkeiten auf die Kenntnisse eines Rechtsanwalts oder eines anwaltlich beratenen Versicherungsnehmers abzustellen wäre (so aber Will, VersR 2012, 942, 945). Das Transparenzgebot verlangt vielmehr, dass Allgemeine Versicherungsbedingungen dem Versicherungsnehmer bereits im Zeitpunkt des Vertragsschlusses vor Augen führen, in welchem Umfang er Versicherungsschutz erlangt und welche Umstände seinen Versicherungsschutz gefährden. Nur dann kann er die Entscheidung treffen, ob er den angebotenen Versicherungsschutz nimmt oder nicht (Senatsurteile vom 13. September 2017 – IV ZR 302/16, r+s 2017, 586 Rn. 13; vom 6. Juli 2016 – IV ZR 44/15, BGHZ 211, 51 Rn. 30). Abzustellen ist mithin auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses, zu dem der Versicherungsnehmer in aller Regel nicht anwaltlich vertreten ist (so auch OLG München VersR 2012, 313, 314 [juris Rn. 50]; Lensing, VuR 2011, 290, 291).
dd) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts und der Revisionserwiderung gilt etwas anderes auch nicht deshalb, weil § 17 Abs. 1 c) bb) ARB auf § 82 VVG verweist und vom Klauselverfasser keine größere sprachliche Präzision verlangt werden dürfe, als sie der Gesetzgeber bei der Formulierung dieser Norm an den Tag gelegt habe.
Die Zulässigkeit der Verwendung unbestimmter Rechtsbegriffe in abstrakt generellen Gesetzen kann nicht ohne weiteres auf Regelungen in allgemeinen Geschäfts- oder Versicherungsbedingungen übertragen werden, mit denen Verwender die Rechte und Pflichten innerhalb konkreter Vertragsverhältnisse einseitig festlegen. Die Verwendung der gesetzlichen Begrifflichkeiten ist dann zulässig, wenn eine allgemeine Geschäftsbedingung insgesamt den Wortlaut des Gesetzes wiederholt (Senatsurteil vom 21. Juni 2017 – IV ZR 394/14, juris Rn. 44 m.w.N.). So genannte deklaratorische Klauseln, die Rechtsvorschriften nur wiedergeben und in jeder Hinsicht mit ihnen übereinstimmen, sind der Inhaltskontrolle entzogen, § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB. Allerdings ist die bloße Wiedergabe einer gesetzlichen Regelung in Allgemeinen Versicherungsbedingungen in den Fällen jedenfalls auf ihre Transparenz zu prüfen, in denen über die gesetzliche Regelung hinaus ein nicht zu übergehendes Bedürfnis des Versicherungsnehmers nach weiterer Unterrichtung besteht. Ergänzt eine Klausel Rechtsvorschriften oder füllt sie diese aus, indem sie entweder vom Gesetz eröffnete Spielräume ausfüllt oder sich die zitierte Vorschrift als von vornherein ausfüllungsbedürftig erweist, kann kontrolliert werden, ob und wie der Verwender das Gesetz ergänzt hat (Senatsurteil vom 13. Januar 2016 – IV ZR 38/14, VersR 2016, 312 Rn. 19 m.w.N.).
So liegt es hier. § 17 Abs. 1 c) bb) ARB nimmt zwar in Satz 1 auf § 82 VVG Bezug und lehnt sich in Satz 4 an § 82 Abs. 2 Satz 1 VVG an. Die Klausel wiederholt das Gesetz aber nicht lediglich, sondern konkretisiert es. So erhält etwa die Bezugnahme auf § 82 VVG in Satz 1 durch den folgenden Satz einen eigenen Regelungsgehalt, wonach Schadensminderung bedeutet, dass die Rechtsverfolgungskosten so gering wie möglich gehalten werden sollen, wofür nach Satz 3 von mehreren möglichen Vorgehensweisen die kostengünstigste zu wählen ist. Auch Satz 4, nach dem der Versicherungsnehmer zur Minderung des Schadens Weisungen des Versicherers einzuholen und zu befolgen hat, gibt entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung nicht lediglich den Gesetzeswortlaut von § 82 Abs. 2 Satz 1 VVG wieder, sondern bezieht sich auf die in den voranstehenden Sätzen mit näheren Vorgaben konkretisierte Schadensminderung. § 17 Abs. 1 c) bb) ARB ist somit nicht als bloße Gesetzeswiedergabe insgesamt der Inhaltskontrolle entzogen. Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung kommt auch keine Aufteilung der Klausel in sprachlich und inhaltlich teilbare, in ihrer Wirksamkeit getrennt zu beurteilende, der Inhaltskontrolle teilweise entzogene Einzelregelungen in Betracht (vgl. dazu BGH, Urteile vom 14. Januar 2015 – XII ZR 176/13, NJW 2015, 928 Rn. 23; vom 10. Oktober 2013 – III ZR 325/12, NJW 2014, 141 Rn. 14).
Zu § 17 Abs. 7 ARB 2010 heißt es im Übrigen:
„b) Eine Zurechnung nach § 17 Abs. 7 ARB scheidet aus, weil die Klausel, nach der sich der Versicherungsnehmer bei der Erfüllung seiner Obliegenheiten die Kenntnis und das Verhalten des von ihm beauftragten Rechtsanwalts zurechnen lassen muss, sofern dieser die Abwicklung des Rechtsschutzfalls gegenüber dem Versicherer übernimmt, unwirksam ist. Sie überträgt das Zurechnungsmodell des § 278 BGB auf die Obliegenheiten des Versicherungsnehmers und setzt sich damit in Widerspruch zu der Rechtsprechung, die dem Versicherungsnehmer das Handeln und Wissen eines Dritten nur in engen Grenzen zurechnet und die Repräsentanteneigenschaft des Dritten nur unter besonderen Voraussetzungen bejaht. Eine weitergehende Haftung des Versicherungsnehmers hat die höchstrichterliche Rechtsprechung immer abgelehnt (Senatsurteil vom 21. April 1993 – IV ZR 33/92, r+s 1993, 308 unter I 3 a [juris Rn. 16] m.w.N.). § 17 Abs. 7 ARB sieht dagegen eine uneingeschränkte Zurechnung unabhängig von diesen Voraussetzungen vor. Die Klausel ist deshalb mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, zu der auch alle von Rechtsprechung und Lehre durch Auslegung, Analogie oder Rechtsfortbildung aus einzelnen gesetzlichen Bestimmungen hergeleiteten Rechtssätze gehören (vgl. Senatsurteil vom 21. April 1993 – IV ZR 33/92 aaO [juris Rn. 16, 19]; Rixecker in Langheid/Rixecker aaO § 1 Rn. 95 f.), nicht zu vereinbaren und nach § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam (so auch AG Hamburg-Barmbek, Urteil vom 21. Juli 2016 – 810 C 4/16, BeckRS 2016, 124270 Rn. 28 ff.; Bauer, VersR 2013, 661, 664 f.; Cornelius-Winkler in Harbauer aaO § 17 ARB 2010 Rn. 139; ders., r+s 2011, 141, 142; ders., VersR 2012, 1224, 1225; Looschelders in Beckmann/Matusche-Beckmann aaO § 17 Rn. 83; ders., r+s 2015, 581, 590; ders., VersR 2017, 1237, 1246; Maier, r+s 2013, 105, 110; HK-VVG/Münkel, 3. Aufl. § 17 ARB 2010 Rn. 19; Rixecker in Langheid/Rixecker aaO § 127 Rn. 4; Schmitt in Harbauer aaO Einl. Rn. 63; Wendt, r+s 2012, 209, 213; krit. Herdter in Looschelders/Paffenholz, ARB 2. Aufl. § 17 ARB 2010 Rn. 134 f.; a.A. Armbrüster aaO § 17 ARB 2010 Rn. 45a; Hillmer-Möbius in van Bühren/Plote aaO § 17 ARB 2010 Rn. 29; Lensing in Höra, Münchener Anwaltshandbuch Versicherungsrecht, 4. Aufl. § 27 Rn. 69; Obarowski in Beckmann/Matusche-Beckmann aaO § 37 Rn. 510, 512).“
(Letzte Aktualisierung: 16.12.2019)
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Stephan Schmid
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Versicherungsrecht, Fachanwalt für Verkehrsrecht
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