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Zivilrecht/Zivilprozessrecht

Arglistige Täuschung

Eine arglistige Täuschung kann zur erfolgreichen Anfechtung einer Willenserklärung führen. Siehe dazu insbesondere § 123 BGB.

BGH, Urt. v. 06.03.2020 – V ZR 2/19, L&L 2020, 669 [Leitsatz]:

„Die in einem Grundstückskaufvertrag enthaltene Erklärung des Verkäufers, ihm seien keine unsichtbaren Mängel bekannt, rechtfertigt keine Abweichung von dem Grundsatz, dass den Käufer die Darlegungs- und Beweislast für die unterbliebene Aufklärung über offenbarungspflichtiger Umstände trifft (Bestätigung von Senat, Urteil vom 30. April 2003 – V ZR 100/02, NJW 2003, 2380).“

In den Entscheidungsgründen heißt es:

„Im Ausgangspunkt sieht das Berufungsgericht noch zutreffend, dass derjenige, der einen Vertrag wegen arglistiger Täuschung anficht, die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen sämtlicher Umstände, die den Arglisttatbestand ausfüllen, trifft (vgl. Senat, Urteil vom 20. Oktober 2000 – V ZR 285/99, NJW 2001, 64, 65), wozu bei einer Täuschung durch Verschweigen auch die fehlende Offenbarung gehört (vgl. zur parallel gelagerten Fragestellung im Rahmen des § 444 BGB: Senat, Urteil vom 12. November 2010 – V ZR 181/09, BGHZ 188, 43 Rn. 12). Bei der behaupteten unterbliebenen Offenbarung handelt es sich um eine negative Tatsache; dem Käufer kommen daher Erleichterungen nach den Grundsätzen der sekundären Darlegungslast zugute. Er muss, um seiner Darlegungs- und Beweislast zu genügen, nicht alle theoretisch denkbaren Möglichkeiten einer Aufklärung ausräumen; es reicht vielmehr aus, die von dem Verkäufer in räumlicher, zeitlicher und inhaltlicher Weise substantiiert darzulegende Aufklärung ausräumen, d. h. zu widerlegen. Gelingt dies, ist der Beweis der negativen Tatsache erbracht (vgl. Senat, Urteil vom 27. Juni 2014 – V ZR 55/13, NJW 2014, 3296 Rn. 13; Urteil vom 12. November 2010 – V ZR 181/09, BGHZ 188, 43 Rn. 12; Urteil vom 30. April 2003 – V ZR 100/02, NJW 2003, 2380, 2382 a.E.).“

Das Oberlandesgericht (OLG) Hamm hat entschieden (OLG Hamm, Urt. v. 03.02.2017 – 20 U 68/16, I-20 U 68/16, veröffentlicht u.a. in VersR 2017, 808 [Leitsatz]:

„Verschweigt der Versicherungsnehmer auf entsprechende Frage einen anzeigepflichtigen und ihm bewussten Umstand, kann es für das Merkmal der Arglist entscheidend sein, ob er für die Falschangabe eine plausible Erklärung gibt. Arglist hier bejaht.“

In den Entscheidungsgründen heißt es:

„Die arglistige Täuschung setzt kein betrügerisches Handeln voraus. Es genügt, wenn der Anfechtungsgegner mit seiner Täuschung die Willensentschließung seines Verhandlungspartners – jedenfalls bedingt vorsätzlich – beeinflussen wollte. Dies ist anzunehmen, wenn sich der Versicherungsnehmer bewusst ist, dass der Versicherer möglicherweise seinen Antrag nicht oder nur unter erschwerten Bedingungen annehmen werde, wenn er die Wahrheit sage (Prölss/Martin/Armbrüster, VVG 29. Aufl. 2015, § 22, Rn. 7; Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken, Urteil vom 14. November 2012 – 5 U 343/10, 5 U 343/10 – 55 -, Rn. 63, juris; OLG Hamm, Urteil vom 17. August 2007 – 20 U 26/07 -, Rn. 50, juris; OLG Düsseldorf, Urteil vom 23. September 2014 – I-4 U 41/13, 4 U 41/13 -, Rn. 49, juris).

Den ihm nach § 123 BGB obliegenden Beweis von Arglist als innerer Tatsache kann der Versicherer regelmäßig nur auf der Grundlage von Indizien führen (OLG Hamm, Beschluss vom 13. November 2015 – 20 U 191/15 -, Rn. 7, juris).

Dabei gibt es keinen allgemeinen Satz der Lebenserfahrung des Inhalts, dass eine bewusst unrichtige Beantwortung von Fragen nach dem Gesundheitszustand oder früheren Behandlungen immer oder nur in der Absicht gemacht zu werden pflegt, auf den Willen des Versicherers Einfluss zu nehmen. Denn häufig werden unrichtige Angaben über den Gesundheitszustand etwa aus falsch verstandener Scham, aus Gleichgültigkeit, aus Trägheit oder einfach in der Annahme gemacht, dass die erlittenen Krankheiten bedeutungslos seien (OLG Düsseldorf, Urteil vom 23. September 2014 – I-4 U 41/13, 4 U 41/13 -, Rn. 50, juris).

Liegen aber objektiv falsche Angaben vor, so trifft den Versicherungsnehmer nach ständiger Rechtsprechung eine sekundäre Darlegungslast; er muss plausibel darlegen, wie und weshalb es zu den objektiv falschen Angaben gekommen ist (BGH, Beschluss vom 07. November 2007 – IV ZR 103/06 -, Rn. 1, juris, m.w.N.; OLG Hamm, Beschluss vom 13. November 2015 – 20 U 191/15 -, Rn. 7, juris; OLG Frankfurt, Beschluss vom 09. Januar 2012 – 3 U 86/11 -, Rn. 12, juris).“

(Letzte Aktualisierung: 04.06.2021)