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Zivilrecht/Zivilprozessrecht

Sachwalterhaftung

Hier geht es um die Haftung eines Dritten aus einem Schuldverhältnis, ohne dass der Dritte unmittelbar aus dem Schuldverhältnis selbst verpflichtet ist.

Unter den besonderen Voraussetzungen von § 311 Abs. 3 BGB entsteht ein Schuldverhältnis, aus dem sich Schutzpflichten gemäß § 241 Abs. 2 BGB ergeben, auch zwischen einer Partei eines in Aussicht genommenen Vertrages und einem anderen als dem eigentlichen Vertragspartner.

Die gesetzliche Bestimmung ist im Zusammenhang mit dem Schuldrechtsmodernisierungsgesetz in das BGB eingefügt worden. Es handelt sich um die von Rechtsprechung und Lehre entwickelte Haftung Dritter aus c.i.c. (culpa in contrahendo). Die Rechtsprechung hatte zunächst für Vertreter eine solche Eigenhaftung anerkannt und sie später als sogenannte Sachwalterhaftung auf andere Hilfspersonen, die in die Vertragsverhandlungen eingeschaltet sind, ausgedehnt.

Siehe dazu etwa OLG Düsseldorf, Urt. v. 07.09.2017 – I-16 U 33/17, DB 2017, 2730:

„Eine über die besondere Vertrauenshaftung gem. §§ 280 Abs. 1, 311 BGB hinausgehende verschärfte persönliche Haftung des (neu bestellten) Sanierungs-Geschäftsführers einer GmbH gegenüber Dritten besteht auch dann nicht, wenn die Gesellschaft im Rahmen einer Insolvenz in Eigenverwaltung nach §§ 270 ff. InsO zum Zwecke ihrer Sanierung fortgeführt wird. Eine analoge Anwendung der Haftungsvorschriften §§ 60, 61 InsO scheidet aus. Hierfür fehlt es bereits an einer planwidrigen Regelungslücke als auch an einer Vergleichbarkeit des Geschäftsführers mit dem Insolvenzverwalter.“

In den Entscheidungsgründen heißt es weiter:

„Die Vorschrift des § 311 Abs. 3 BGB regelt die sogenannte Eigenhaftung Dritter. Danach kann ein Schuldverhältnis mit den Leistungspflichten des § 241 Abs. 2 BGB auch zu Personen entstehen, die nicht selbst Vertragspartei werden sollen. Ein solches Schuldverhältnis entsteht insbesondere, wenn der Dritte im besonderen Maße Vertrauen für sich in Anspruch nimmt und dadurch die Vertragsverhandlung oder den Vertragsabschluss erheblich beeinflusst. (Emmerich/Münchner Kommentar, BGB, 7. Aufl. 2016, § 311 Rn. 172). Die Voraussetzungen für einen Anspruch nach § 311 Abs. 3 in Verbindung mit § 241 Abs. 2 BGB richten sich nach den Grundsätzen, die die Rechtsprechung für die sogenannte Sachwalterhaftung aufgestellt hat. Danach sind Sachwalter und Vertreter in der Regel nur aus Delikt in Anspruch zu nehmen (vgl. BGH 4. Juli 1983, II ZR 220/82, BGHZ 88, 67). Ausnahmsweise kann ein Sachwalter auch persönlich wegen Verschuldens bei Vertragsschluss in Anspruch genommen werden, wenn er die Verhandlungen oder den Vertragsschluss in unmittelbarem eigenen wirtschaftlichen Interesse herbeigeführt oder dadurch, dass er ein besonderes persönliches Vertrauen in Anspruch genommen hat, erheblich beeinflusst hat (vgl. BGH, Urteil vom 3. April 1990 – XI ZR 206/88 -; 24. Mai 2005 – IX ZR 114/01 -).

aa)

Ein eigenes unmittelbares wirtschaftliches Interesse der Beklagten als Geschäftsführer an dem Zustandekommen des Geschäfts mit der Klägerin ergibt sich nicht. Der Beklagte war nicht der wirtschaftliche Herr des Geschäfts, der eigentlich wirtschaftliche Interessenträger. Das Interesse des Geschäftsführers am Erfolg des Unternehmens begründet allein keine Eigenhaftung, insoweit handelt es sich um mittelbares Interesse, das für eine Haftungsbegründung nicht ausreicht (BGH, Urteil vom 27. März 1995, II ZR 136/94, NJW 1995, 1544; BAG, Urteil vom 20.03.2014, 8 AZR 45/13, NJW 2014, 2669 mit weiteren Rechtsprechungsnachweisen).

bb)

Eine Haftung des Beklagten wegen der Inanspruchnahme besonderen Vertrauens ergibt sich ebenfalls nicht. Dass der Beklagte als Geschäftsführer im Rahmen der Eigenverwaltung tätig war und dass er als Sanierungsexperte bereits vor seiner Bestellung zum Geschäftsführer tätig war, rechtfertigt nicht die Annahme eines besonderen Vertrauens zur Erfüllung der vertraglichen Pflichten aus dem Kaufvertrag. Dass der Geschäftsführer eines Unternehmens sachkundig ist, kann der Geschäftspartner ohnehin erwarten. Grundsätzlich ist das dem Geschäftsführer entgegen gebrachte Vertrauen der Gesellschaft zuzurechnen. Der Geschäftspartner vertraut, dass die Gesellschaft ihre Verpflichtung erfüllt. Dies ändert sich nicht dadurch, dass die Gesellschaft sich in wirtschaftlichen Schwierigkeiten befindet. Die Anordnung der Eigenverwaltung und der Umstand, dass der Beklagte den Insolvenzplan mit erstellt hat, haben an diesem Grundsatz ebenfalls nichts geändert. Die Klägerin als Geschäftspartnerin der Gesellschaft hat darauf vertraut, dass die Gesellschaft ihre vertraglichen Verpflichtungen weiterhin erfüllen wird und ihre Ansprüche von dieser befriedigt werden. Von einem persönlichen Vertrauen des Geschäftsführers lässt sich nur sprechen, wenn der Vertreter beim Verhandlungspartner ein zusätzliches, von ihm selbst ausgehendes Vertrauen auf die Vollständigkeit und Richtigkeit seiner Erklärungen hervorgerufen hat (BGH Urteil vom 20.09.1993, II ZR 292/91, NJW 1993, 2931 m. w. Nachw.). Selbst derjenige, der als Vertreter eines anderen auf seine besondere Sachkunde hinweist, wirbt noch nicht ohne weiteres für sich selbst. Grundsätzlich ist auch dann das dem sachkundigen Vertreter entgegen gebrachte Vertrauen dem Geschäftsherrn zuzuordnen (BGH, Urt. v. 19.02.1990 – II ZR 41/89 -, NJW – RR 1990, 614, 615). Es ist seitens der Klägerin schon nicht dargetan, dass der Beklagte ihr gegenüber als Sanierungsgeschäftsführer und vertrauenswürdiger Ersteller des Insolvenzplans aufgetreten wäre. Sie trägt keine Anhaltspunkte dafür vor, dass gerade die Person des Beklagten sie zu dem Vertragsschluss veranlasst hätte und sie wegen der Kompetenz des Beklagten auf eine erfolgreiche Sanierung und die Erfüllung der Verbindlichkeit der Gesellschaft ausgegangen wäre. Sie schildert kein Verhalten des Beklagten, das über das eines regelmäßig tätig werdenden Geschäftsführers hinausginge.“

(Letzte Aktualisierung: 21.11.2017)