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Zivilrecht/Zivilprozessrecht

Verwirkung

Siehe dazu etwa OLG Köln, Urt. v. 22.12.2021 – 22 U 13/20:

„Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs setzt die Verwirkung als Unterfall der unzulässigen Rechtsausübung wegen der illoyal verspäteten Geltendmachung von Rechten neben einem Zeitmoment ein Umstandsmoment voraus. Ein Recht ist mithin verwirkt, wenn sich der Schuldner wegen der Untätigkeit seines Gläubigers über einen gewissen Zeitraum hin bei objektiver Beurteilung darauf einrichten darf und eingerichtet hat, dieser werde sein Recht nicht mehr geltend machen, so dass die verspätete Geltendmachung gegen Treu und Glauben verstößt. Zu dem Zeitablauf müssen besondere, auf dem Verhalten des Berechtigten beruhende Umstände hinzutreten, die das Vertrauen des Verpflichteten rechtfertigen, der Berechtigte werde sein Recht nicht mehr geltend machen. Dabei besteht zwischen dem Zeitmoment und dem Umstandsmoment insoweit eine Wechselwirkung, als der Zeitablauf umso kürzer sein kann, je gravierender die sonstigen Umstände sind, und dass umgekehrt an diese Umstände umso geringere Anforderungen gestellt werden, je länger der abgelaufene Zeitraum ist (…). Ob eine Verwirkung vorliegt, richtet sich letztlich nach den vom Tatrichter festzustellenden und zu würdigenden Umständen des Einzelfalles (…).“

Zu beachten ist auch BAG, Urt. v. 21.03.2024 – 2 AZR 79/23:

„Die Verwirkung ist ein Sonderfall der unzulässigen Rechtsausübung (§ 242 BGB). Mit ihr wird die illoyal verspätete Geltendmachung von Rechten ausgeschlossen. Sie beruht auf dem Gedanken des Vertrauensschutzes und trägt dem Bedürfnis nach Rechtssicherheit und Rechtsklarheit Rechnung. Die Verwirkung verfolgt nicht den Zweck, den Schuldner bereits dann von seiner Verpflichtung zu befreien, wenn dessen Gläubiger seine Rechte längere Zeit nicht geltend gemacht hat (Zeitmoment). Der Berechtigte muss vielmehr unter Umständen untätig geblieben sein, die den Eindruck erweckten, dass er sein Recht nicht mehr geltend machen wolle, sodass der Verpflichtete sich darauf einstellen durfte, nicht mehr in Anspruch genommen zu werden (Umstandsmoment). Hierbei muss das Erfordernis des Vertrauensschutzes auf Seiten des Verpflichteten das Interesse des Berechtigten derart überwiegen, dass ihm die Erfüllung des Anspruchs nicht mehr zuzumuten ist (vgl. BAG 22. Juli 2021 – 2 AZR 6/21 – Rn. 26).

Die Beurteilung der Frage, ob ein Anspruch oder ein Recht verwirkt ist, obliegt grundsätzlich den Tatsachengerichten. Das Revisionsgericht prüft lediglich, ob die Vorinstanz die von der Rechtsprechung entwickelten rechtlichen Voraussetzungen der Verwirkung beachtet sowie alle erheblichen Gesichtspunkte berücksichtigt hat und ob die Bewertung dieser Gesichtspunkte von den getroffenen tatsächlichen Feststellungen getragen wird (vgl. BAG 22. Juli 2021 – 2 AZR 6/21 – Rn. 28).“

(Letzte Aktualisierung: 01.07.2024)