Verzugszinsen
Nach § 288 BGB gilt:
„(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.
(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.
(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.
(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.
(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.
(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.“
Von Zinsen sind Verzugszinsen nicht zu entrichten, sog. Zinseszinsverbot (§ 289 S. 1 BGB).
BAG, Urt. v. 22.10.2020 – 8 AZR 412/19 [aus den Entscheidungsgründen]:
„B. Die zulässige Revision der Beklagten ist begründet. Entgegen der Annahme des Landesarbeitsgerichts ist die auf Zahlung von drei Pauschalen nach § 288 Abs. 5 Satz 1 BGB iHv. insgesamt 120,00 Euro gerichtete Klage unbegründet. Die auf Rückzahlung der am 2. Oktober 2018 zum Zwecke der Abwendung der Zwangsvollstreckung gezahlten 120,00 Euro gerichtete Widerklage der Beklagten ist begründet.
- Die auf Zahlung von drei Pauschalen nach § 288 Abs. 5 Satz 1 BGB iHv. insgesamt 120,00 Euro gerichtete Klage ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung der Pauschalen.
- Zwar war der Kläger, dem die Beklagte rückständige Vergütung für die Monate Oktober 2017 bis Dezember 2017 schuldete, Gläubiger von Entgeltforderungen iSv. § 288 Abs. 5 Satz 1 BGB (zum Begriff der Entgeltforderung sowie dazu, dass der Arbeitnehmer ´Gläubiger einer Entgeltforderung´ iSv. § 288 Abs. 5 Satz 1 BGB sein kann, vgl. BAG 25. September 2018 – 8 AZR 26/18 – Rn. 12 ff., BAGE 163, 309). Nach der insoweit rechtskräftigen Entscheidung des Berufungsgerichts befand sich die Beklagte mit der Zahlung der Vergütung für die Monate Oktober 2017 bis Dezember 2017 auch – teilweise – in Verzug.
- Dem Anspruch des Klägers aus § 288 Abs. 5 Satz 1 BGB steht aber § 12a Abs. 1 Satz 1 ArbGG entgegen. Diese Bestimmung schließt – wie der Senat mit Urteil vom 25. September 2018 (- 8 AZR 26/18 – BAGE 163, 309; sh. auch BAG 28. November 2019 – 8 AZR 293/18 – Rn. 33; 24. Oktober 2019 – 8 AZR 528/18 – Rn. 23; 24. Oktober 2019 – 8 AZR 509/18 – Rn. 25) entschieden und ausführlich begründet hat – als spezielle arbeitsrechtliche Regelung nicht nur einen prozessualen Kostenerstattungsanspruch, sondern auch einen materiell-rechtlichen Anspruch auf Erstattung von bis zum Schluss einer eventuellen ersten Instanz entstandenen Beitreibungskosten und damit insoweit auch einen Anspruch auf Pauschalen nach § 288 Abs. 5 Satz 1 BGB aus. Dieser Rechtsprechung haben sich der Fünfte, der Neunte und der Zehnte Senat des Bundesarbeitsgerichts angeschlossen (BAG 12. Dezember 2018 – 5 AZR 588/17 – Rn. 46 f.; 23. Juli 2019 – 9 AZN 252/19 – Rn. 26; 19. Dezember 2018 – 10 AZR 231/18 – Rn. 75, BAGE 165, 1; 30. Januar 2019 – 10 AZR 596/17 – Rn. 40).
- Der Senat hat es in der Entscheidung vom 25. September 2018 (- 8 AZR 26/18 – Rn. 49, BAGE 163, 309) noch dahinstehen lassen, ob die in § 288 Abs. 5 Satz 1 BGB bestimmte Pauschale auch der Pauschalierung externer Beitreibungskosten dient oder ob § 288 Abs. 5 Satz 1 BGB im Hinblick auf die Vorgaben der Richtlinie 2011/7/EU unionsrechtskonform dahin auszulegen ist, dass er einen Anspruch auf Zahlung der Pauschale nur für interne Beitreibungskosten vorsieht, und welche Konsequenzen sich daraus ggf. für die in § 288 Abs. 5 Satz 3 BGB vorgesehene Anrechnung der Pauschale auf externe Beitreibungskosten ergeben.
Inzwischen hat der Gerichtshof der Europäischen Union diese Fragen durch zwei Entscheidungen dahin geklärt, dass nach der Richtlinie 2011/7/EU mit dem Betrag von 40,00 Euro nicht nur die internen, sondern auch die externen Beitreibungskosten pauschaliert werden sollen (EuGH 11. April 2019 – C-131/18 – [Gambietz]; 13. September 2018 – C-287/17 – [Česká pojišťovna]). Insoweit spricht der Gerichtshof der Europäischen Union zum einen von einem angemessenen Ersatz für ´Beitreibungskosten jedweder Art´ (EuGH 11. April 2019 – C-131/18 – [Gambietz] Rn. 17, 18). Zudem führt er aus, dass der von der Richtlinie geforderte wirksame Schutz des Gläubigers gegen Zahlungsverzug bedeute, dem Gläubiger einen möglichst umfassenden Ersatz der ihm entstandenen Beitreibungskosten zu bieten, so dass von solchem Zahlungsverzug abgeschreckt wird (EuGH 11. April 2019 – C-131/18 – [Gambietz] Rn. 21; 13. September 2018 – C-287/17 – [Česká pojišťovna] Rn. 26). Insbesondere ergebe sich aus den – nicht verbindlichen – Erwägungsgründen 19 und 20 der Richtlinie 2011/7/EU nicht, dass nur die internen Beitreibungskosten durch den Pauschalbetrag von 40,00 Euro ersetzt werden könnten und die übrigen Beitreibungskosten einen eigenständigen Schadensersatzanspruch begründeten (EuGH 11. April 2019 – C-131/18 – [Gambietz] Rn. 26, 27).
Aus den Urteilen des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 11. April 2019 (- C-131/18 – [Gambietz]) und vom 13. September 2018 (- C-287/17 – [Česká pojišťovna]) folgt nicht nur, dass § 288 Abs. 5 Satz 1 BGB keiner unionsrechtskonformen einschränkenden Auslegung dahin bedarf, dass er einen Anspruch auf Zahlung der Pauschale nur für interne Beitreibungskosten vorsieht; die Ausführungen des Gerichtshofs der Europäischen Union verdeutlichen zudem, dass die Pauschale nach § 288 Abs. 5 Satz 1 BGB auch und zentral der Kompensation eines Verzugsschadens dient (vgl. BT-Drs. 18/1309 S. 19), und dass sie keinen Strafschadensersatz beinhaltet (vgl. BAG 25. September 2018 – 8 AZR 26/18 – Rn. 44 ff., BAGE 163, 309).“
(Letzte Aktualisierung: 11.01.2023)
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Dr. Uwe P. Schlegel
Rechtsanwalt