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Darf der Staat die Verkehrsüberwachung durch private Dienstleister durchführen lassen?

Darf der Staat die Verkehrsüberwachung durch private Dienstleister durchführen lassen?
Frage des Tages
18.05.2020

Darf der Staat die Verkehrsüberwachung durch private Dienstleister durchführen lassen?

Das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt a. M. ist der Auffassung, dass das nicht zulässig ist (OLG Frankfurt a. M., Beschl. v. 06.11.2019 – 2 Ss-OWi 942/19). Im Orientierungssatz der zitierten Entscheidung heißt es:

1. Die Überwachung des fließenden Verkehrs ist Kernaufgabe des Staates. Sie dient dem Schutz des Lebens und der Gesundheit der am Verkehr teilnehmenden Bürger. Sie ist eine hoheitliche Aufgabe, die unmittelbar aus dem Gewaltmonopol folgt und deswegen bei Verstößen berechtigt, mit Strafen und/oder Bußgeldern zu reagieren. Sie ist ausschließlich Hoheitsträgern, die in einem Treueverhältnis zum Staat stehen, übertragen.

2. In der Folge kann der Staat nicht die Regelungs- und Sanktionsmacht an private Dienstleister abgeben, damit diese für ihn als Subunternehmer ohne Legitimation hoheitliche Aufgaben wahrnehmen.

3. Zuständig für die kommunale Verkehrsüberwachung ist der Bürgermeister als Ortspolizeibehörde. In dieser Funktion ist er kein kommunales Selbstverwaltungsorgan, sondern Teil der Polizei und unmittelbar der Dienst- und Fachaufsicht des Innenministeriums unterworfen.

4. Bei der Verkehrsüberwachung des fließenden Verkehrs beim Einsatz technischer Verkehrsüberwachungsanlagen ist die Hinzuziehung und Übertragung von Aufgaben an private Dienstleister bzw. Personen, die nicht in einem Dienst- und Treueverhältnis zum Staat stehen, ausgeschlossen.

5. Das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) regelt ausdrücklich nicht die Übertragung hoheitlicher Aufgaben.

Ergänzende Hinweise

Eine Folge der zitierten Entscheidung des OLG ist es, dass eine Vielzahl von in der Vergangenheit ergangenen Bußgeldbescheide als rechtswidrig anzusehen sind. Das wiederum könnte in zahlreichen Fällen zu Rückforderungsansprüchen betroffener Bürger führen, wenn diese Bußgelder auf der Grundlage einer rechtswidrig durchgeführten Verkehrsüberwachung gezahlt haben.

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