Wie sieht es mit der gesetzlichen Kündigungsfrist für Geschäftsführerdienstverträge aus?
Siehe dazu BAG, Urt. v. 11.6.2020 – 2 AZR 374/19. In diesem durch das BAG entschiedenen Fall wandte sich ein sog. Fremdgeschäftsführer gegen die Kündigung seines Anstellungsvertrages, u.a. berief er sich auf die Geltung der Kündigungsfristen des § 622 Abs. 2 BGB, die sich je nach Dauer des Arbeitsverhältnisses verlängern. Im Anstellungsvertrag war zu den Kündigungsfristen lediglich auf die gesetzliche Regelung verwiesen.
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) erteilte der Anwendung des § 622 BGB – gegen ältere Entscheidungen des Bundesgerichtshofs (BGH) – eine Absage:
Der Geschäftsführer einer GmbH wird für diese in aller Regel auf der Grundlage eines freien Dienstvertrags, nicht eines Arbeitsvertrags tätig. Auch gegenüber einem Geschäftsführer als freiem Dienstnehmer steht der Gesellschaft ein unternehmerisches Weisungsrecht zu. Eine Weisungsgebundenheit des GmbH-Geschäftsführers, die so stark ist, dass sie auf einen Status als Arbeitnehmer schließen lässt, kommt allenfalls in extremen Ausnahmefällen in Betracht.
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Die Parteien haben im Anstellungsvertrag die Frist für dessen ordentliche Kündigung nicht eigenständig geregelt, sondern lediglich auf die gesetzliche Kündigungsfrist
Bezug genommen.
Der Bundesgerichtshof hat in zwei Entscheidungen § 622 Abs. 1 Satz 1 BGB in der ( ) bis zum 14. Oktober 1993 geltenden Fassung (im Folgenden aF) auf die Kündigung des Anstellungsverhältnisses von GmbH-Geschäftsführern angewandt, soweit diese nicht zugleich Mehrheitsgesellschafter waren. Zur Begründung hat er angeführt, es liege eine planwidrige Regelungslücke vor, nicht an der Gesellschaft beteiligte Fremdgeschäftsführer seien mit Arbeitnehmern vergleichbar und die entsprechende Anwendung des § 622 Abs. 1 Satz 1 BGB aF statt des § 621 Nr. 3 BGB liege gleichermaßen im Interesse des Geschäftsführers und der Gesellschaft ( ).
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Nach zutreffender Ansicht kann sich ein Geschäftsführer, der nicht Mehrheitsgesellschafter der GmbH ist und zu ihr in keinem Arbeitsverhältnis steht, nicht auf die verlängerten Kündigungsfristen des § 622 Abs. 2 BGB berufen.
§ 622 BGB ist – seinem Wortlaut entsprechend – nur auf die Kündigung des Arbeitsverhältnisses anzuwenden. Wegen der für freie Dienstverhältnisse bestehenden Regelung in § 621 BGB fehlt es an einer ausfüllungsbedürftigen planwidrigen Regelungslücke, die eine analoge Anwendung der Norm auf die Kündigung eines Geschäftsführeranstellungsvertrags zuließe. Aus diesem Grund ist es rechtlich ohne Bedeutung, ob das Fristenregime in § 622 Abs. 1 Satz 1 BGB gegenwärtig noch als interessengerechter anzusehen ist, als die Kündigungsfrist des § 621 Nr. 3 BGB.
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Es wäre ferner ein Wertungswiderspruch, mit der Rechtsprechung des Neunten Senats des Bundesarbeitsgerichts § 622 BGB nicht auf arbeitnehmerähnliche Personen anzuwenden (BAG 8. Mai 2007 – 9 AZR 777/06 – Rn. 13, 21, 25 ff.), wohl aber auf einen (Fremd-)Geschäftsführer, dessen geleistete Dienste nach ihrer sozialen Typik noch weniger mit denen eines Arbeitnehmers vergleichbar sind (vgl. BAG 21. Januar 2019 – 9 AZB 23/18 – Rn. 39, BAGE 165, 61).
Ergänzende Hinweise
Zur Bemessung nach Zeitabschnitten führt das BAG aus, dass im Rahmen des § 621 BGB die Dauer des Vertragsverhältnisses keine Rolle spiele, sondern nur der Zeitabschnitt, für den die Vergütung zu bemessen ist, unabhängig von Auszahlungsmodus und Fälligkeit. Ist ein Jahresgehalt vereinbart, ist es demnach für die Länge der Kündigungsfrist ohne Bedeutung, dass dieses Jahresgehalt in zwölf monatlichen Raten zu zahlen ist.
Bei in solchen Verträgen durchaus üblicher monatlicher Bemessung der Vergütung des Geschäftsführers verkürzt sich die Kündigungsfrist des Dienstvertrages damit u.U. auf zwei Wochen (§ 621 Nr. 3 BGB), selbst wenn die Tätigkeit schon länger ausgeübt wurde und die Kündigungsfrist für einen Arbeitnehmer nach 8 Jahren beispielsweise drei Monate zum Ende eines Kalendermonats betragen würde, sofern im Anstellungsvertrag nur auf die gesetzlichen Kündigungsfristen verwiesen wird.