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Arbeitsrecht

Verfallklausel

Eine Verfallklausel, die vor allem in Arbeitsverträgen und Tarifverträgen recht häufig vorkommt, nennt man auch Ausschlussklausel. Sie bezweckt, dass innerhalb eines überschaubaren Zeitraums Klarheit über das etwaige Bestehen bzw. Nichtbestehen von Ansprüchen geschaffen wird.

Die Vereinbarung einer Verfallklausel in einem standardisierten Arbeitsvertrag (Formulararbeitsvertrag) ist grundsätzlich wirksam. Eine solche Klausel unterliegt jedoch der Klauselkontrolle in Allgemeinen Geschäftsbedingungen (§§ 305 ff., insbesondere §§ 307 bis 309 BGB). Demnach darf die Frist für die erstmalige Geltendmachung eines Anspruchs nicht kürzer sein als drei Monate.

Auch eine zweistufige Ausschlussklausel, d. h. eine solche, die eine weitere Frist, nämlich für die gerichtliche Geltendmachung des betreffenden Anspruchs, vorsieht ist ebenfalls wirksam; sie sollte jedoch ebenfalls wenigstens drei Monate betragen.

Ein Beispiel für eine Verfallklausel könnte demnach etwa lauten:

(1) An­sprü­che aus dem Ar­beits­ver­hält­nis sind von bei­den Ver­trags­par­tei­en in­ner­halb ei­ner Frist von 3 Mo­na­ten der je­weils an­de­ren Ver­trags­par­tei ge­gen­über in Textform (§ 126b BGB) gel­tend zu ma­chen. Er­folgt die­se Gel­tend­ma­chung nicht, gel­ten die An­sprü­che als ver­fal­len. Das gilt nicht für Ansprüche auf Mindestentgelt nach dem Mindestlohngesetz (MiLoG) oder anderen rechtlichen Regelungen eines Mindestentgelts, wenn danach von Vorstehendem zugunsten des Arbeitnehmers abweichende Bestimmungen zu beachten sind. Vom Verfall ausgenommen sind zudem Ansprüche, die aus der Verletzung des Lebens, des Körpers oder der Gesundheit sowie aus vorsätzlichen oder grob fahrlässigen Pflichtverletzungen resultieren. Die Frist beginnt, sobald der Anspruch fällig ist und der Anspruchsberechtigte von den den Anspruch begründenden Umständen Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.

(2) Ansprüche, die durch strafbare oder unerlaubte Handlungen entstanden sind, unterfallen nicht der vereinbarten Ausschlussfrist.

(3) Wer­den die nach Abs. (1) recht­zei­tig gel­tend ge­mach­ten An­sprü­che von der Gegenseite abgelehnt oder erklärt sich die Gegenseite nicht innerhalb von einem Monat nach der Geltendmachung, so verfallen diese, wenn sie nicht innerhalb von 3 Monaten nach der Ablehnung oder dem Fristablauf gerichtlich anhängig gemacht werden.

(4) Wird der Anspruch nicht formgemäß und innerhalb der Fristen geltend gemacht, führt dies zum Erlöschen des Anspruchs.

BAG, Urt. v. 18.09.2019 – 5 AZR 240/18:

„Mit einer Klage auf vertragsgemäße Beschäftigung macht der Arbeitnehmer zugleich die für diese Beschäftigung vereinbarten Entgeltansprüche im Sinne der ersten Stufe einer (tarif-)vertraglichen Ausschlussfrist geltend.“

BAG, Urt. v. 20.06.2018 – 5 AZR 262/17:

„Verlangt eine arbeitsvertragliche Ausschlussfristenregelung, dass ein Anspruch aus dem Arbeitsverhältnis zur Vermeidung seines Verfalls innerhalb einer bestimmten Frist gerichtlich geltend gemacht werden muss, ist die Ausschlussfrist in entsprechender Anwendung des § 203 Satz 1 BGB gehemmt, solange die Parteien vorgerichtliche Vergleichsverhandlungen führen.“

Im Übrigen hat das Bundesarbeitsgericht entschieden (BAG, Urt. v. 20.06.2013 – 8 AZR 280/12):

„Eine zwischen den Parteien des Arbeitsvertrages vereinbarte Ausschlussfrist ist regelmäßig dahin auszulegen, dass sie nur die von den Parteien für regelungsbedürftig gehaltenen Fälle erfassen soll. Eine Anwendung auch für die Fälle, die durch gesetzliche Verbote oder Gebote geregelt sind, ist dagegen regelmäßig gerade nicht gewollt.“

Siehe auch BAG, Urt. v. 24.08.2016 – 5 AZR 703/15:

„Eine arbeitsvertragliche Verfallklausel, die auch den Anspruch auf das Mindestentgelt nach § 2 PflegeArbbV erfasst, verstößt im Anwendungsbereich dieser Verordnung gegen § 9 Satz 3 i.V.m. § 13 AEntG und ist insoweit nach § 134 BGB unwirksam. (…)

1. Der Anspruch auf das Mindestentgelt nach § 2 PflegeArbbV ist ein normativ begründeter Anspruch, der eigenständig neben die sonstigen Grundlagen für das Entgelt tritt.

2. Während für Altverträge, also vor dem Inkrafttreten der PflegeArbbV geschlossene Arbeitsverträge, eine einengende, das Mindestentgelt nicht erfassende und damit den Vorgaben des § 9 S. 3 AEntG 2009 genügende Auslegung in Erwägung gezogen werden könnte, scheidet eine solche Auslegung bei einem Neuvertrag aus. Wird eine derartige Verfallklausel im Anwendungsbereich der PflegeArbbV noch nach deren Inkrafttreten gestellt, muss der durchschnittliche Arbeitnehmer davon ausgehen, dass sie auch den Anspruch auf das Mindestentgelt nach § 2 PflegeArbbV erfassen soll. Der Aufrechterhaltung einer derartigen Verfallklausel, steht das Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 S. 2 BGB entgegen.“

Zusammenfassend der Beitrag von Bayreuther in DB 2017, 487.

Siehe auch den Beitrag von Tyroller in L&L 2019, 567 ff.

(Letzte Aktualisierung: 04.02.2020)

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