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Familienrecht

Ehevertrag

Ein Ehevertrag ist ein Vertrag durch den die Eheleute bestimmte Regeln für ihre Ehe, vor allem für den Fall einer eventuellen Scheidung bestimmen können. Er kann vor oder während der Ehe geschlossen werden.

Im Ehevertrag können wirtschaftlich weitreichende Regelungen getroffen werden, daher wird dieser nur wirksam, wenn er notariell beurkundet ist.

In einem Ehevertrag kann die Vermögensaufteilung, die Altersversorgung und auch der Unterhalt geregelt werden. Grundsätzlich sind die Parteien frei in der Gestaltung des Vertrages. Es ist allerdings grundsätzlich nicht zulässig, den Unterhalt für gemeinsame Kinder zu kürzen oder auszuschließen (eine Kürzung um bis zu 20% wird für zulässig gehalten). Zudem kann auf Unterhaltsrückstände (Ansprüche aus der Vergangenheit) verzichtet werden; gleiches gilt für den Trennungsunterhalt. Eheverträge müssen im Streitfall einer richterlichen Wirksamkeits- und Ausübungskontrolle standhalten. Die Faustformel lautet: Kein Verzicht ohne Ausgleich.

Selbstständige und Unternehmer sollte unbedingt einen Ehevertrag schließen, um bei Scheidung späteren Streit oder gar die Liquidierung des Unternehmens zu vermeiden, wenn Werte über den Zugewinn auszugleichen sind.

OLG Brandenburg, Beschl. v. 23.03.2021 – 13 UF 197/20, NJW-Spezial 2021, 484 [Sittenwidrigkeit eines Ehevertrags wegen Globalverzichts?]:

„Ob der Vertrag in Bezug auf den Verzicht auf den Versorgungsausgleich der vorzunehmenden Inhalts- und Ausübungskontrolle standhält (§ 8 VersAusglG), sittenwidrig (§138 BGB), oder sonst das Berufen auf den Verzicht unzulässig (§242 BGB) ist, hat das Amtsgericht folgerichtig nicht geprüft. Der diesbezügliche Vortrag der Antragstellerin führt in der Beschwerdeinstanz nicht zum Erfolg.

Bei der Kontrolle eines vereinbarten Ausschlusses des Versorgungsausgleichs hat sich das Familiengericht zurückzuhalten und darf, um die Vertragsfreiheit der Eheleute zur Geltung kommen zu lassen, insbesondere nicht von sich aus nach Unwirksamkeitsgründen forschen. Der durch den Versorgungsausgleich vermeintlich Benachteiligte ist gehalten, von sich aus durch substantiierten Sachvortrag die Tatsachen mitzuteilen, aus denen sich solche Verdachtsmomente ergeben. Deshalb trägt der durch die Vereinbarung benachteiligte Ehegatte die Darlegungs- und Beweislast für die Sittenwidrigkeit der Vereinbarung (vgl. (Brandenburgisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 14. Januar 2019 – 9 UF 209/18 –, Rn. 9 – 16, juris m.w.N.).

Die insoweit darlegungsbelastete Antragstellerin hat diesen strengen Anforderungen nicht ansatzweise genügt. Eine Darlegung von Art und Umfang der auszugleichenden Anrechte fehlt. Die Antragstellerin konnte, wie sich aus ihrer persönlichen Anhörung durch das Amtsgericht ergibt, nicht einmal verlässliche Angaben zum Verlauf ihres Erwerbslebens machen und schweigt sich zu Versorgungsanrechten des Antragsgegners gänzlich aus. Sie hätte jedenfalls überblickshalber darstellen müssen, welche Versorgungsanrechte auf Seiten des Antragsgegners mit welchen ausgleichspflichtigen Ehezeitanteilen vorhanden sind; insoweit stehen ihr auch entsprechende Auskunftsrechte gegen den Antragsteller (§ 4 Abs. 1 VersAusglG), u.U. auch gegen dessen Versorgungsträger (§ 4 Abs. 2 VersAusglG) zur Verfügung (vgl. OLG Brandenburg aaO.).

Unabhängig von der konkreten Durchführung des Versorgungsausgleichs ist darüber hinaus zu berücksichtigen, dass dann ein weiterer umfassender Sachvortrag zu der vermögensrechtlichen Auseinandersetzung der Beteiligten erforderlich ist. Denn allein aus dem (hier nicht einmal der Höhe nach feststehenden) objektiven Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung einer Verzichtsvereinbarung auf den Versorgungsausgleich folgen dabei keine Beweiserleichterungen (BGH FamRZ 2009, 198, 201).

Eine Sittenwidrigkeit den Verzicht auf den Versorgungsausgleich betreffend isoliert betrachtet, ist nicht erkennbar. Bei Abschluss der Verzichtsvereinbarung war die Antragsgegnerin gerade 43 Jahre alt geworden, hatte also noch deutlich über 20 Jahre Zeit, Altersvorsorgeanrechte zu erwerben. Dass die Antragsgegnerin aus ehebedingten Gründen ihre zukünftige Erwerbstätigkeit einschränken wollte, ist nicht ersichtlich. Eine in dem Verzicht liegende Vereinbarung zu Lasten der Sozialsysteme scheidet schon deshalb aus, weil dies angesichts des Alters der Antragsgegnerin bei Vertragsabschluss nicht sicher prognostizierbar war (vgl. dazu im Allgemeinen näher Götsche/Rehbein/Breuers, Versorgungsausgleichsrecht, 3. Aufl. 2018 § 8 Rn. 32 m.N.).

Dass der Verzicht auf nachehelichen Unterhalt sittenwidrig war, macht die Antragstellerin bereits nicht geltend und ist auch sonst nicht ersichtlich.

Um die Sittenwidrigkeit des Verzichts auf den Zugewinnausgleich beurteilen zu können, hätte die Antragstellerin umfassend nicht nur zum Einfamilienhaus des Antragsgegners als dessen Aktivvermögen, sondern auch zu etwaigen Passiva und insbesondere auch zu ihrem eigenen Vermögen bei Eheschließung und Ehezeitende vortragen müssen, was indes nicht erfolgt ist.

Im Übrigen folgt allein aus einem Globalverzicht auch bei einem objektiv offensichtlichen Ungleichgewicht der Einkommens- und Vermögensverhältnisse nicht zwangsläufig die Sittenwidrigkeit des Ehevertrages; Voraussetzung ist vielmehr, dass ein Fall gestörter Vertragsparität vorliegt (OLG Hamm FF 2013, 315), d.h. es müssen außerhalb der Vertragsurkunde verstärkende Umstände zu erkennen sein, die auf eine Ausnutzung einer Zwangslage, sozialer oder wirtschaftlicher Abhängigkeit oder intellektueller Unterlegenheit (BGH FamRZ 2014, 629) hindeuten, was hier nicht der Fall ist.

Anhaltspunkte dafür, dass der Vertragsschluss auf einer wirtschaftlichen und sozialen Überlegenheit des Ehemanns beruhte, die dieser bei Vertragsschluss bewusst ausgenutzt hat, sind nicht vorgetragen und auch sonst nicht feststellbar.

Eine Zwangslage, wie sie die Antragstellerin behauptet, ist tatsächlich nicht erkennbar. Sie trägt zwar vor, dass sie nach dem Auszug aus der Ehewohnung psychisch, physisch und wirtschaftlich unter erheblichem Druck gestanden hätte. Dies bedingt aber noch kein sittenwidriges Ausnutzen seitens des Antragsgegners. Dass ihr eine Ablehnung des Ehevertrages schlechthin unmöglich gewesen sein soll, ist nicht ersichtlich. Wenn sie tatsächlich alles daran setzen wollte, nach Wiedereinzug nicht erneut ausziehen zu müssen, drängte es sich auf, in den Ehevertrag auch grundsätzliche Regelungen über die Vermietung des Hauses aufzunehmen. Dass die Antragstellerin hierauf erfolglos gedrungen hat, trägt sie indes nicht vor.

Der vereinbarte Ausschluss des Versorgungsausgleichs hält schließlich auch einer Ausübungskontrolle nach § 242 BGB stand. Ein Verstoß gegen Treu und Glauben kommt dann in Betracht, wenn die einvernehmliche Gestaltung der ehelichen Lebensverhältnisse durch die beiden Eheleute von der ursprünglichen, dem Vertrag zugrundeliegenden

Lebensplanung grundlegend abweicht und dadurch bei dem belasteten Ehegatten ehebedingte Nachteile entstanden sind, die durch den Ehevertrag nicht angemessen kompensiert werden (vgl. OLG Brandenburg aaO.). Hierzu hat die Antragstellerin nichts dargetan und ist auch sonst nichts ersichtlich.“

OLG Celle, Beschl. v. 13.09.2018 – 17 UF 28/18:

„Die kompensationslose ehevertragliche Beschränkung des Anspruches auf Betreuungsunterhalt auf das Existenzminimum führt bei nicht auszuschließendem Kinderwunsch zur Unwirksamkeit der entsprechenden Regelung, wenn bereits bei Vertragsschluss absehbar war, dass berufliche Einschränkungen aufgrund der Kinderbetreuung nur einen Ehegatten treffen würden.
Diese Unwirksamkeit erfasst bei vereinbarter salvatorischer Klausel nicht den gesamten Vertrag. Ein in der Gesamtschau für einen Ehegatten allein nachteiliger Ehevertrag ist nur dann insgesamt unwirksam, wenn er Ergebnis einer ungleichen Verhandlungsposition ist (…).“

BGH, Beschl. v. 20.06.2018 – XII ZB 84/17, NJW 2018, 2871:

„Mit der Anpassung von Eheverträgen unter dem Gesichtspunkt der Rechtsmissbrauchskontrolle (§ 242 BGB) sollen ehebedingte Nachteile ausgeglichen werden; sind solche Nachteile nicht vorhanden oder bereits vollständig kompensiert, dient die richterliche Ausübungskontrolle nicht dazu, dem durch den Ehevertrag belasteten Ehegatten zusätzlich entgangene ehebedingte Vorteile zu gewähren und ihn dadurch besser zu stellen, als hätte es die Ehe und die mit der ehelichen Rollenverteilung einhergehenden Dispositionen über Art und Umfang seiner Erwerbstätigkeit nicht gegeben (…).“

BGH, Beschl. 17.01.2018 – XII ZB 20/17, NJW 2018, 1015:

[Leitsatz]

„Zu den objektiven und subjektiven Voraussetzungen der Sittenwidrigkeit eines Ehevertrags mit einem von der Ausweisung bedrohten Ausländer aufgrund einer Gesamtschau der zu den Scheidungsfolgen getroffenen Regelungen (…).“

[Orientierungssatz]

„1. Das Ansinnen eines Ehegatten, eine Ehe nur unter der Bedingung eines Ehevertrags eingehen zu wollen, begründet für sich genommen auch bei Vorliegen eines Einkommens- und Vermögensgefälles für den anderen Ehegatten noch keine (Zwangs-)Lage, aus der ohne Weiteres auf eine gestörte Vertragsparität geschlossen werden kann. Etwas anderes gilt aber ausnahmsweise dann, wenn der mit dem Verlangen nach dem Abschluss eines Ehevertrags konfrontierte Ehegatte erkennbar in einem besonderen Maße auf die Eheschließung angewiesen ist. Ein solcher Fall kann gegeben sein, wenn dem ausländischen Vertragspartner die Ausweisung droht.

  1. Ergibt sich das Verdikt der Sittenwidrigkeit aus der Gesamtwürdigung eines einseitig belastenden Ehevertrags, erfasst die Nichtigkeitsfolge notwendig den gesamten Vertrag, ohne dass eine salvatorische Klausel hieran etwas zu ändern vermag.“

Siehe auch den Beitrag von Grziwotz in NJW 2021, 3511 ff.  [„Umdenken hinsichtlich der Wirksamkeitsvoraussetzungen von Eheverträgen?“]

(Letzte Aktualisierung: 05.01.2022)

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