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Handels- und Gesellschaftsrecht

Prokura

Die Prokura ist ein Sonderfall der Stellvertretung nach §§ 164 ff. BGB.

Bei der Prokura handelt es sich um eine handelsrechtlich geregelte und durch Rechtsgeschäft erteilte Vertretungsmacht (= Vollmacht, vgl. § 166 Abs. 2 BGB). Die dazugehörigen gesetzlichen Regelungen finden sich in den §§ 48 ff. Handelsgesetzbuch (HGB).

Das Besondere der Prokura besteht darin, dass die durch die Prokura vermittelte Vertretungsmacht recht weit ausgelegt ist und eine entsprechende gesetzliche Regelung erfahren hat (s. insbesondere §§ 49, 50 HGB). Von dem Umfang der dem Prokuristen nach Gesetz zugewiesenen Vertretungsmacht kann im Außenverhältnis grundsätzlich nicht abgewichen werden. In der Praxis sind Beschränkungen der Prokura im Innenverhältnis, d. h. im Verhältnis zwischen Vollmachtgeber und Prokuristen, üblich und rechtlich nicht zu beanstanden.

Die Prokura kann nur von dem Inhaber des Handelsgeschäfts oder seinem gesetzlichen Vertreter und nur mittels ausdrücklicher Erklärung erteilt werden (§ 48 Abs. 1 HGB).

Die Erteilung der Prokura ist von dem Inhaber des Handelsgeschäfts zur Eintragung in das Handelsregister anzumelden (§ 53 Abs. 1 HGB). Die Eintragung als solche hat lediglich so genannte deklaratorische, d. h. rechtserklärende Wirkung.

Das Erlöschen der Prokura ist in gleicher Weise wie die Erteilung der Prokura zur Eintragung anzumelden (§ 53 Abs. 2 HGB). Eine entzogene, aber noch nicht im Handelsregister ausgetragene Prokura birgt die Gefahr, dass sich der Inhaber des Handelsgeschäfts ggf. gegenüber Dritten nicht auf den Entzug der Prokura berufen kann (vgl. § 15 Abs. 1 HGB).

Der Prokurist zeichnet gemäß § 51 HGB mit einem die Prokura andeutenden Zusatz, meist „pp“ oder „ppa“, allerdings hängt die Wirksamkeit der von dem Prokuristen abgegebenen Willenserklärung davon nicht ab.

KG, Urt. v. 05.07.2021 – 1 W 26/21, NJW-Spezial 2021, 593:

„Die gesetzliche Beschränkung der Vertretungsmacht nach § 49 Abs. 2 HGB besteht unabhängig davon, ob der Kaufmann Eigentümer des Grundstücks ist (Anschluss an OLG Köln, NJW-RR 2020, 530; entgegen OLG Hamm, DNotZ 2012, 230).“

OLG Köln, Beschl. v. 09.12.2020 – 2 Wx 346/19 [zur – verneinten – Frage der genehmigungsfreien Veräußerung und Belastung von Grundstücken durch eine für einen Testamentsvollstrecker handelnden Prokuristen]:

„In der Sache hat die Beschwerde indes keinen Erfolg. Das Grundbuchamt hat in der Zwischenverfügung vom 31.10.2019 zu Recht die Vorlage von Genehmigungen der vertretungsberechtigten Vorstandsmitglieder der Beteiligten zu 2) zu dem notariell beurkundeten Vertrag vom 13.08.2019 verlangt. Denn die beiden für die Beteiligte zu 2) handelnden Prokuristen sind zur Veräußerung und Belastung von Grundstücken nicht ermächtigt (§ 49 Abs. 2 HGB) und konnten die Beteiligte zu 2) bei Abschluss des Vertrages vom 13.08.2019 nicht wirksam vertreten.

In Literatur und Rechtsprechung wird zwar die Auffassung vertreten, dass eine Ermächtigung eines Prokuristen im Sinne des § 49 Abs. 2 HGB nur zur Veräußerung und Belastung von Grundstücken des Kaufmanns erforderlich sei, nicht aber zur Veräußerung und Belastung fremder Grundstücke. Hierfür spreche, dass § 49 Abs. 2 HGB nur dem Schutz des Inhabers des Handelsgeschäfts diene (…). Nach anderer Auffassung besteht die Beschränkung des § 49 Abs. 2 HGB unabhängig davon, wem das Grundstück gehört. Mangels Vertretungsmacht sei daher auch die Veräußerung eines fremden Grundstücks durch einen hierzu nicht ermächtigten Prokuristen im Namen des Inhabers des Handelsgeschäfts (schwebend) unwirksam. Hierfür spreche neben dem Wortlaut der Vorschrift, dass die Veräußerung oder Belastung von Grundstücken traditionell kein Handelsgeschäft sei und der Kaufmann bei Bedarf jederzeit eine Ermächtigung gem. § 49 Abs. 2 HGB erteilen könne (…). Der Senat schließt sich im Hinblick auf den eindeutigen Wortlaut der Vorschrift und die Möglichkeit des Kaufmanns, einem Prokuristen jederzeit die Ermächtigung zur Veräußerung oder Belastung von Grundstücken einräumen zu können, der letztgenannten Auffassung an.“

BGH, Beschl. v. 25.07.2017 – II ZB 8/16:

„Das Registergericht hat im Amtslöschungsverfahren nicht zu prüfen, ob die Erteilung einer Prokura gegen § 7 ApoG verstößt.“

FG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 13.07.2016 – 3 K 467/16:

„Prokura kann auch Personen übertragen werden, die in keinem abhängigen Beschäftigungsverhältnis zum erteilenden Unternehmen stehen. §§ 48 ff. Handelsgesetzbuch (HGB) enthalten jedenfalls keine ausdrückliche Bestimmung, wer Prokurist werden kann. Grundsätzlich gilt: Prokurist kann nur eine natürliche, wenigstens beschränkt geschäftsfähige Person sein, die nicht identisch mit dem Inhaber des Unternehmens ist (Wagner in: Röhricht/Graf von Westphalen/Haas, HGB, 4. Aufl. 2014, § 48 HGB, Rn. 19).“

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(Letzte Aktualisierung: 21.10.2021)