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Berücksichtigung von hinausgeschobenen Ansprüchen auf variable Vergütungsbestandteile in Long-Term-Incentive-Programmen regulierter Vergütungssysteme im Zugewinnausgleich

Berücksichtigung von hinausgeschobenen Ansprüchen auf variable Vergütungsbestandteile in Long-Term-Incentive-Programmen regulierter Vergütungssysteme im Zugewinnausgleich
Aktuelles
12.01.2024

Berücksichtigung von hinausgeschobenen Ansprüchen auf variable Vergütungsbestandteile in Long-Term-Incentive-Programmen regulierter Vergütungssysteme im Zugewinnausgleich

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat zu der in der Überschrift beschriebenen Thematik wie folgt entschieden (BGH, Beschl. v. 13.09.2023 – XII ZB 400/22, NJW-Spezial 2023, 740 [aus den Entscheidungsgründen]):

„§ 1375 Abs. 1 Satz 1 BGB definiert das Endvermögen als das Vermögen, das einem Ehegatten nach Abzug der Verbindlichkeiten bei der Beendigung des Güterstands gehört. Das Endvermögen setzt sich hiernach aus allen positiven Vermögenswerten und Verbindlichkeiten eines Ehegatten zusammen, die diesem bei Beendigung des Güterstandes – oder zu einem Zeitpunkt, der an die Stelle der Beendigung des Güterstandes tritt – zustehen. Zu den im Endvermögen zu berücksichtigenden Vermögenswerten zählen alle dem Ehegatten zustehenden rechtlich geschützten Positionen mit wirtschaftlichem Wert, das heißt neben den dem Ehegatten gehörenden Sachen alle ihm zustehenden objektiv bewertbaren Rechte, sofern sie am Stichtag bereits entstanden und noch vorhanden sind (vgl. Senatsbeschluss vom 4. Dezember 2013 – XII ZB 534/12 – FamRZ 2014, 368 Rn. 24). Um einen solchen Vermögenswert handelt es sich bei dem künftigen Vergütungsanspruch des Ehemanns aus dem LTI für die Jahre 2013 bis 2015 nicht.

(…) Allerdings steht es einer Einbeziehung der am Stichtag noch nicht ausgezahlten variablen Vergütung in den Zugewinnausgleich nicht bereits entgegen, dass es sich dabei um Bestandteile des von dem Ehemann bezogenen Arbeitseinkommens handelt. Nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Beschwerdegerichts wären aus dem LTI zufließende Geldbeträge im Hinblick auf die insgesamt günstigen Einkommensverhältnisse der Beteiligten nicht für deren Lebensbedarf benötigt, sondern absehbar nur für die Vermögensbildung verwendet worden. Danach begegnet es keinen rechtlichen Bedenken, wenn das Beschwerdegericht diesen Bestandteil des von dem Ehemann erzielten Arbeitseinkommens nicht als künftiges unterhaltsrechtlich relevantes Einkommen behandelt und nicht schon aus diesem Grunde aus dem güterrechtlichen Ausgleich ausgeschlossen hat (vgl. Staudinger/Thiele BGB [2017] § 1374 Rn. 5). Dagegen erinnert auch die Rechtsbeschwerde nichts.

(…) Ebenfalls zutreffend – und für die Rechtsbeschwerde günstig – ist die Beurteilung des Beschwerdegerichts, dass am Stichtag 21. Juni 2016 noch kein Anspruch auf Zahlungen aus dem LTI für die Geschäftsjahre 2013 bis 2015 entstanden war.

Mit Recht hat das Beschwerdegericht insoweit auf den Wortlaut von Ziffer B. V. 13 Abs. 1 CIP abgestellt, wonach ein Anspruch aus dem LTI frühestens nach Ablauf der Deferral Period entsteht. Nur diese Sichtweise steht im Einklang mit den aufsichtsrechtlichen Bestimmungen in § 20 Abs. 4 Nr. 1 und 2 der am 1. Januar 2014 in Kraft getretenen Institutsvergütungsverordnung (InstitutsVergV) vom 16. Dezember 2013 (BGBl. I S. 4270), nach denen während des Zurückbehaltungszeitraums für den Begünstigten kein Anspruch auf den zurückbehaltenen Teil der variablen Vergütung, sondern allenfalls ein Anspruch auf fehlerfreie Ermittlung der variablen Vergütung als Merkposten in einem Konto oder Depot bestehen darf (vgl. auch Auslegungshilfe zur Institutsvergütungsverordnung der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht [Stand: 15. Februar 2018], veröffentlicht auf www.bafin.de, Umdruck S. 61); eine entsprechende Regelung enthielt auch die mit Ablauf des 31. Dezember 2013 außer Kraft getretene Vorgängerregelung (vgl. § 5 Abs. 4 der Instituts-Vergütungsverordnung vom 6. Oktober 2010, BGBl. I S. 1374). Mit den vorgenannten Bestimmungen zur hinausgeschobenen Entstehung des Vergütungsanspruchs mag zwar in erster Linie intendiert gewesen sein, eine vergütungswirksame Berücksichtigung von negativen Einflüssen während des Zurückbehaltungszeitraums in arbeitsrechtlicher Hinsicht abzusichern (vgl. Begründung zur Verordnung über die aufsichtsrechtlichen Anforderungen an Vergütungssysteme von Instituten in der Fassung der Bekanntmachung vom 6. Oktober 2010, Anmerkung zu den §§ 5, 6 und 8, veröffentlicht auf www.bafin.de; vgl. auch Annuß in Annuß/Früh/Hasse Institutsvergütungsverordnung Versicherungsvergütungsverordnung § 20 InstitutsVergV Rn. 6; Buscher/Hannemann/Wagner/Weigl Institutsvergütungsverordnung S. 219 f.). Das ändert aber nichts daran, dass die an den regulatorischen Vorgaben orientierte Vertragsgestaltung beim CIP in dieser Hinsicht eindeutig ist.

(…) Entgegen der Ansicht des Beschwerdegerichts sind künftige Ansprüche auf Zahlungen aus dem LTI für die Geschäftsjahre 2013 bis 2015 aber auch nicht unter dem Gesichtspunkt einer rechtlich geschützten Anwartschaft in die Vermögensbilanz des Ehemanns einzustellen.

(…) Richtig sind allerdings die rechtlichen Ausgangspunkte des Beschwerdegerichts: In die Berechnung des Zugewinnausgleichs können grundsätzlich auch rechtlich geschützte Anwartschaften mit ihrem gegenwärtigen Vermögenswert sowie die ihnen vergleichbaren Rechtsstellungen einbezogen werden, die einen Anspruch auf künftige Leistung gewähren, sofern diese nicht mehr von einer Gegenleistung abhängig und nach wirtschaftlichen Maßstäben – notfalls durch Schätzung – bewertbar sind (Senatsbeschluss vom 4. Dezember 2013 – XII ZB 534/12 – FamRZ 2014, 368 Rn. 24; vgl. auch Senatsurteil BGHZ 146, 64 = FamRZ 2001, 278, 280). Bloße Erwerbsaussichten sowie in der Entwicklung begriffene Rechte, die noch nicht zur rechtlich geschützten Anwartschaft erstarkt sind, bleiben demgegenüber unberücksichtigt (vgl. Senatsbeschluss vom 4. Dezember 2013 – XII ZB 534/12 – FamRZ 2014, 368 Rn. 24 und Senatsurteil vom 28. Februar 2007 – XII ZR 156/04 – FamRZ 2007, 877 Rn. 14).

Hiernach wurden in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die Rechtsstellung eines Nacherben (vgl. BGHZ 87, 367 = FamRZ 1983, 882, 884), ein nach den Vorschriften des Betriebsrentengesetzes bereits unverfallbar gewordenes Versorgungsanrecht auf Auszahlung eines Kapitalbetrages (vgl. Senatsurteile vom 17. November 2010 – XII ZR 170/09 – FamRZ 2011, 183 Rn. 18 und BGHZ 117, 70 = FamRZ 1992, 411 ff.) sowie eine durch einen ´qualifizierten Interessenausgleich´ gemäß § 112 Abs. 1 Satz 1 BetrAVG dem Grunde nach zugesagte und nicht als Ausgleich für Einkommensverluste bestimmte Abfindung für den Verlust des Arbeitsplatzes (vgl. Senatsurteil BGHZ 146, 64 = FamRZ 2001, 278, 281) als nach wirtschaftlichen Maßstäben bewertbare Rechtspositionen behandelt, die eine rechtlich geschützte Anwartschaft oder eine vergleichbar gesicherte Rechtsstellung darstellten. Ein in seiner Entstehung noch ungewisses Recht wurde demgegenüber in dem möglichen Anspruch eines Zeitsoldaten auf Gewährung eines einmaligen Geldbetrages als Übergangsbeihilfe am Ende seiner Dienstzeit erblickt, weil am Stichtag weder der Eintritt der gesetzlichen Anspruchsvoraussetzungen absehbar noch vorauszusehen sei, ob ein anschließendes Dienstverhältnis als Berufssoldat begründet werden würde (vgl. BGH Urteil vom 9. Juni 1983 – IX ZR 56/82 – FamRZ 1983, 881 f.). Bei dem am Stichtag noch nicht beendeten Agenturvertrag eines Versicherungsvertreters stellt dessen möglicher Ausgleichsanspruch nach § 89 b Abs. 1 HGB ebenfalls nur eine Erwerbsaussicht und keine rechtlich geschützte Anwartschaft dar, weil der Ausgleichsanspruch kraft Gesetzes in den praxisrelevanten Fällen der Eigenkündigung oder der unternehmerseitigen Kündigung aus wichtigem Grund (§ 89 b Abs. 3 HGB) von vornherein nicht zur Entstehung gelangen kann (vgl. Senatsbeschluss vom 4. Dezember 2013 – XII ZB 534/12 – FamRZ 2014, 368 Rn. 26 ff.; BGHZ 68, 163 = FamRZ 1977, 386, 387).

(…) Gemessen daran kann unter den hier obwaltenden Umständen nicht vom Bestehen einer rechtlich geschützten Anwartschaft oder einer vergleichbaren Rechtsposition des Ehemanns auf Zahlungen aus dem LTI am Stichtag ausgegangen werden.

(…) Dabei könnte es schon fraglich sein, ob der Ehemann – wie das Beschwerdegericht meint – am Stichtag bereits die vollständige Gegenleistung für Zahlungen aus dem LTI für die Geschäftsjahre 2013 bis 2015 erbracht hatte. Das Beschwerdegericht begründet seine Auffassung damit, dass der LTI nach der vorliegenden Vergütungsregelung eine zweckbestimmte Gegenleistung für die in einem bestimmten Geschäftsjahr erbrachte Arbeitsleistung darstelle, was sich aus den Bestimmungen des CIP ergebe, nach denen bei beiden ´Performance Bewertungen´ in Bezug auf die individuelle Leistung des Arbeitnehmers ausschließlich auf das betroffene Geschäftsjahr abgestellt werde. Die gegen diese Beurteilung erhobenen Bedenken der Rechtsbeschwerde sind jedenfalls im Hinblick auf die Compliance-Regelung in Ziffer B. V. 14.3 CIP nicht ohne weiteres von der Hand zu weisen. Nach dieser Bestimmung stehen die relevante Missachtung von Regeln und Anweisungen, die Verletzung von Informationspflichten sowie generell die relevante Verletzung von arbeitsvertraglichen Pflichten des Mitarbeiters ´geschäftsjahresunabhängig´ einer Entstehung des Anspruchs auf LTI entgegen. Die Überprüfung des diesbezüglichen Verhaltens des Mitarbeiters in der Deferral Period gehört zum Inhalt der ´Performance Bewertung II´, auf deren Grundlage über die Anspruchsentstehung aus dem LTI befunden wird (vgl. Ziffer A. 11 CIP sowie Ziffern B. IV. 12 Abs. 2 und B. V. 13 Abs. 3 CIP). Liegt eine relevante Pflichtverletzung im Zurückbehaltungszeitraum vor, entsteht der Anspruch auf den LTI nicht. Das könnte die Sichtweise nahelegen, dass mit der hinausgeschobenen Zahlung aus dem LTI nicht nur die Arbeitsleistung des Mitarbeiters im Geschäftsjahr und der mit ihr erwirtschaftete Erfolgsbeitrag, sondern darüber hinaus auch die Compliance-Konformität seiner Arbeitsleistung während des gesamten – am Stichtag noch nicht abgelaufenen – Zurückbehaltungszeitraums abgegolten wird.

Dieser Beurteilung steht auch die steuerrechtliche Behandlung der dem Ehemann in der Vergangenheit tatsächlich zugeflossenen Zahlungen aus dem LTI nicht zwingend entgegen. Nach der Entscheidung des Bundesfinanzhofs vom 2. September 2021 (BFH DB 2021, 2946 Rn. 20 ff.) unterfallen Entgeltzahlungen aus einem Long-Term-Incentive-Programm der Tarifermäßigung des § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG, wenn diese Vergütung zweckbestimmt für die Berufstätigkeit der betroffenen Mitarbeiter in einem mehrjährigen Zeitraum erfolgt. In dem seiner Entscheidung zugrundeliegenden Vergütungsmodell hat der Bundesfinanzhof diese Zweckbestimmung daraus hergeleitet, dass die Vergütung aus dem LTI von dem Arbeitgeber auf der Grundlage des durchschnittlichen Geschäftserfolges des Unternehmens in einem mehrjährigen ´Performancezeitraum´ ermittelt wurde, nachdem dieser dem durchschnittlichen Geschäftserfolg in einem die vorangegangenen Jahre umfassenden Vergleichszeitraum gegenübergestellt worden war (vgl. BFH DB 2021, 2946 Rn. 24; vgl. auch BFH NJW 2007, 1230 zur Tarifermäßigung bei Aktienoptionsprogrammen mit Anreizfunktion). Soweit das Beschwerdegericht im vorliegenden Fall aus der – von ihm unterstellten – Nichtanwendung des § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG in den Jahren 2016 bis 2018 ein (Gegen-)Indiz dafür herleiten will, dass die dem Ehemann von seinem Arbeitgeber aus dem LTI zufließende Vergütung nicht für einen mehrjährigen Zeitraum bestimmt gewesen sei, dürfte dem schon entgegenzuhalten sein, dass sich – wie die Entscheidung des Bundesfinanzhofs vom 2. September 2021 und der dort mitgeteilte Sachverhalt verdeutlichen – in diesen Jahren offensichtlich noch keine gefestigte Praxis der Finanzbehörden zur steuerlichen Behandlung von Zahlungen aus LTI-Programmen entwickelt hatte.

(…) Letztlich bedarf dies aber keiner weiteren Erörterung. Denn unabhängig von der Frage nach der vollständigen Erbringung der Gegenleistung besteht im vorliegenden Fall in Bezug auf künftige Ansprüche aus dem LTI keine rechtlich geschützte Anwartschaft und auch keine vergleichbare Rechtsstellung.

(…) Unter dem Begriff der Anwartschaft versteht man nach der allgemeinen zivilrechtlichen Dogmatik eine rechtlich bereits mehr oder weniger gesicherte Aussicht auf den Anfall eines subjektiven Rechts, insbesondere einer Forderung oder eines dinglichen Rechts, die darauf beruht, dass der normale Erwerbstatbestand eines solchen Rechts schon teilweise verwirklicht ist und seine Vollendung mit einiger Wahrscheinlichkeit erwartet werden kann (vgl. Neuner Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts 13. Aufl. S. 243). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs verdichtet sich die Anwartschaft zu einem Anwartschaftsrecht, wenn von dem mehraktigen Entstehungstatbestand eines Rechts schon so viele Erfordernisse erfüllt sind, dass von einer weitgehend gesicherten Rechtsposition des Erwerbers gesprochen werden kann, die der andere an der Entstehung des Rechts Beteiligte nicht mehr durch einseitige Erklärung zu zerstören vermag (vgl. BGHZ 125, 334 = NJW 1994, 3099, 3100 mwN und BGH Urteil vom 5. Januar 1955 – IV ZR 154/54 – NJW 1955, 544). Diese zum dinglichen Anwartschaftsrecht entwickelte Definition kann in ihren Grundzügen auch zur Beantwortung der – hier interessierenden – Frage herangezogen werden, wann die Aussicht auf einen künftigen schuldrechtlichen Zahlungsanspruch einen Grad von Festigkeit und rechtlicher Sicherheit erreicht hat, dass bereits von einer rechtlich geschützten Anwartschaft oder einer vergleichbaren Rechtsposition ausgegangen werden kann. Ob einer im Laufe eines mehraktigen Erwerbstatbestands erworbenen Zwischenposition des Begünstigten ein selbständiger rechtlicher Schutz zukommen soll, ist dabei auch mit Blick auf gesetzliche Wertungen zu beurteilen (vgl. MünchKommBGB/Westermann 8. Aufl. § 449 Rn. 38 zum dinglichen Anwartschaftsrecht).

(…) Mit Recht weist die Rechtsbeschwerdeerwiderung in diesem Zusammenhang zwar darauf hin, dass sich der Arbeitgeber des Ehemanns von der arbeitsvertraglichen Zusage der variablen Vergütung aus dem LTI nicht mehr nach freiem Belieben lösen konnte. Die Entscheidung über Grund und Höhe eines künftigen Anspruchs aus dem LTI konnte nur innerhalb des durch den CIP gezogenen rechtlichen Rahmens getroffen werden. Nach der Vergütungsvereinbarung stand für beide Vertragsparteien bereits am Stichtag bindend fest, dass der Anspruch auf die angekündigte Zahlung aus dem LTI entstehen wird, wenn und soweit die Bank aufgrund der ´Performance Bewertung II´ in Bezug auf die Nachhaltigkeit des im Geschäftsjahr erzielten Erfolgsbeitrages und im Hinblick auf das Verhalten des Mitarbeiters in der Deferral Period zu keinem abweichenden Ergebnis gelangt und wenn der Zahlung darüber hinaus weder der sogenannte Poolvorbehalt (Ziffer B. V. 14.1 CIP und Ziffer B. III. 6 CIP) noch ein Eingreifen der Aufsichtsbehörde entgegensteht (vgl. § 45 Abs. 2 Nr. 10 und 11 KWG).

(…) Andererseits müssen aber auch die regulatorischen Vorgaben für die vorliegende Vergütungsvereinbarung berücksichtigt werden. § 20 Abs. 4 Nr. 1 InstitutsVergV schließt in den Fällen, in denen – wie hier – die variablen Vergütungsbestandteile vollständig erst am Ende des Zurückbehaltungszeitraums erdient werden (sogenanntes cliff vesting), nach seinem eindeutigen Wortlaut nicht nur die Entstehung des Anspruchs, sondern ausdrücklich auch die Entstehung der ´Anwartschaft´ während des Zurückbehaltungszeitraums vollständig aus; eine entsprechende Regelung enthielt auch die Vorgängervorschrift (§ 5 Abs. 2 Nr. 4 lit. a InstitutsVergV aF). Jedenfalls aus Sicht des Aufsichtsrechts ist es hiernach eindeutig, dass für den Risikoträger eine gesicherte Rechtsposition an dem zurückbehaltenen Teil der variablen Vergütung vor dem Ablauf des Zurückbehaltungszeitraums grundsätzlich nicht entstehen soll.

(…) Gegen die Annahme, dass der Ehemann am Stichtag bereits eine hinreichend gesicherte Rechtsposition an künftigen Zahlungen aus dem LTI erlangt hätte, spricht darüber hinaus der Umstand, dass der Anspruch nicht zur Entstehung gelangt, wenn der Mitarbeiter vor dem Ablauf des Zurückbehaltungszeitraums als sogenannter Bad Leaver aus dem Unternehmen ausscheidet (Ziffer B. V. 13.2 CIP).

(…) Indessen ist die arbeitsrechtliche Zulässigkeit solcher Formularklauseln in Arbeitsverträgen noch nicht abschließend geklärt. In der arbeitsrechtlichen Literatur werden – soweit ersichtlich – Bad-Leaver-Klauseln, die den Verfall hinausgeschobener Vergütungsansprüche vor dem Ablauf des Zurückbehaltungszeitraums vorsehen, als unproblematisch angesehen (vgl. Heimann/Stabenow BB 2021, 1844, 1847; vgl. auch Löw/Glück NZA 2015, 137, 140 f.). Für diese Sichtweise könnte aus AGB-rechtlicher Sicht schon sprechen, dass § 20 Abs. 4 Nr. 1 InstitutsVergV die Entstehung von Anwartschaften auf die hinausgeschobenen Vergütungsansprüche vor Ablauf des Zurückbehaltungszeitraums an sich ausschließen will und eine Bad-Leaver-Klausel von dieser Rechtslage nicht zu Ungunsten des Mitarbeiters abweicht, sondern ihm – umgekehrt – beim Ausscheiden aus dem Unternehmen die Aussicht auf den Vergütungsanspruch erhält, wenn sein Arbeitsverhältnis unter den Voraussetzungen eines Good Leavers beendet worden ist. Im Übrigen hat das Bundesarbeitsgericht die Anbindung von Ansprüchen aus einem Aktienoptionsplan mit festgelegter Wartezeit an ein ungekündigtes Arbeitsverhältnis bereits für zulässig erachtet und dies maßgeblich mit einem durch das Aktienrecht veränderten Prüfungsmaßstab und dem Charakter des Aktienoptionsprogramms als Mittel zur langfristigen Verhaltenssteuerung bei dem begünstigten Mitarbeiter begründet, die bei einem ausgeschiedenen Beschäftigten nicht mehr erreicht werden kann (vgl. BAG NZA 2008, 1066 Rn. 25 ff.). Es liegt nahe, die Grundgedanken dieser Rechtsprechung entsprechend auch auf die variable Vergütung in regulierten Vergütungssystemen zu übertragen (vgl. Heimann/Stabenow BB 2021, 1844, 1847). Unter diesen Umständen trägt der Senat keine durchgreifenden Bedenken an der rechtlichen Zulässigkeit der hier verwendeten Bad-Leaver-Klausel; solche werden von den Beteiligten auch nicht geltend gemacht.

(…) Hängt die Entstehung eines vermögenswerten Anspruchs aus einem Dienst- oder Arbeitsverhältnis davon ab, dass das Beschäftigungsverhältnis des Begünstigten über den Stichtag hinaus bis zu einem bestimmten Zeitpunkt fortbesteht, wird im Zugewinnausgleich in den meisten Fällen nicht vom Vorliegen einer rechtlich geschützten Anwartschaft ausgegangen werden können. Denn eine der Bewertung zugängliche Prognose, zu welchem Zeitpunkt und unter welchen Umständen das Beschäftigungsverhältnis des Begünstigten in der Zukunft enden wird, lässt sich bei stichtagsbezogener Sichtweise in der Regel nicht stellen (vgl. Hauß FamRB 2023, 222, 223). Eine gesicherte und ausgleichsfähige Rechtsposition wird in solchen Fällen nur dann vorliegen, wenn der künftige Anspruch des Begünstigten selbst bei einer vorzeitigen Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses bereits in einer Weise geschützt ist, dass er ihm nur noch unter außergewöhnlichen Umständen genommen werden kann (vgl. Senatsbeschluss vom 4. Dezember 2013 – XII ZB 534/12 – FamRZ 2014, 368 Rn. 27 zum Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters). So liegt der Fall hier nicht. Eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses im Zurückbehaltungszeitraum unter den Voraussetzungen eines Bad Leavers – Kündigung des Arbeitgebers wegen Pflichtverletzung, nicht nach Ziffer A. 4 Abs. 3 CIP privilegierte Eigenkündigung des Arbeitnehmers – ist jedenfalls nicht so fernliegend, dass sie außer Betracht gelassen werden könnte.

(…) Der vom Beschwerdegericht angeführte Aspekt der Vererblichkeit gebietet insoweit keine andere Beurteilung. Dabei kann es dahinstehen, ob – wie das Beschwerdegericht meint – künftige Ansprüche auf Zahlungen aus dem LTI auf die Erben des begünstigten Arbeitnehmers übergehen, wenn dieser während des Zurückbehaltungszeitraums stirbt (so wohl auch Annuß in Annuß/Früh/Hasse Institutsvergütungsverordnung Versicherungsvergütungsverordnung § 20 InstitutsVergV Rn. 6). Unabhängig davon, dass die Vererblichkeit einer vermögenswerten Rechtsposition weder hinreichende noch notwendige Voraussetzung für eine Berücksichtigung im Zugewinnausgleich ist, würde im vorliegenden Fall erst mit dem Tod des Arbeitnehmers endgültig feststehen, dass sein Arbeitsverhältnis nicht mehr unter den anspruchsschädlichen Voraussetzungen eines Bad Leavers enden kann. Selbst wenn man hiernach davon ausgehen wollte, dass dem Erben des verstorbenen Arbeitnehmers eine rechtlich geschützte Anwartschaft auf Zahlungen aus dem LTI nach Ablauf der Deferral Period anwächst, lässt sich daraus gerade nicht schließen, dass eine solche Rechtsposition bereits zu Lebzeiten des Arbeitnehmers am Stichtag bestanden hätte.

(…) Schließlich kann auch nicht unbeachtet bleiben, dass keine Zahlungen aus dem LTI geleistet werden, wenn der Bonuspool während des Zurückbehaltungszeitraums wegen eines negativen Geschäftserfolgs der Bank oder des Konzerns oder wegen Nichterfüllung bestimmter Anforderungen an die Eigenkapital- oder Liquiditätsausstattung der Bank vollständig gestrichen wird. Da nach der für die Vergütungsvereinbarung gewählten rechtlichen Konstruktion in diesen Fällen der Anspruch aus dem LTI bereits nicht zur Entstehung gelangt (Ziffer B. V. 14.1 CIP und Ziffer B. III. 6 CIP), spricht auch dieser Umstand dafür, vor dem Ablauf der Deferral Period noch nicht von einer ausreichend verfestigten Rechtsposition auszugehen, die einer rechtlich geschützten Anwartschaft vergleichbar wäre.“

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Daniela Wackerbarth
Rechtsanwältin
Fachanwältin für Familienrecht

Mail: koeln@etl-rechtsanwaelte.de


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