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Einzelgewerkevergabe ist kein Verbraucherbauvertrag

BGH, Urt. v. 16.03.2023 - VII ZR 94/22
Aktuelles
23.03.2023

Einzelgewerkevergabe ist kein Verbraucherbauvertrag

BGH, Urt. v. 16.03.2023 - VII ZR 94/22

Der unter anderem für Bauverträge zuständige 7. Senat des Bundesgerichtshofes hat am 16.03.2023 in einem Grundsatzurteil erstmals entschieden, unter welchen Voraussetzungen ein Verbraucherbauvertrag im Sinne des zum 1. Januar 2018 neu eingeführten § 650i BGB vorliegt.

Hintergrund des Rechtsstreits war zunächst die Forderung des Handwerksbetriebes auf Erstellung einer Sicherheitsleistung für die voraussichtliche Vergütung. Die Bauherren hatten dies abgelehnt unter Berufung darauf, dass ein Verbraucherbauvertrag vorliegt. Der Handwerksbetrieb  war mit Innenputz- und Außenputzarbeiten bei einem Neubau beauftragt.

Nachdem noch das Landgericht der Klage auf Sicherheitsleistung stattgegeben hatte, hatte das Berufungsgericht die Klage mit dem Hinweis abgewiesen, dass es sich bei dem abgeschlossenen Vertrag um einen Verbraucherbauvertrag handelt. Bei diesem gibt es keinen Anspruch auf eine Bauhandwerkersicherung im Sinne von  § 650f BGB.

In der Rechtsprechung der Landgerichte und auch der Oberlandesgerichte wurde vermehrt auch die Auffassung vertreten, dass ein Verbraucherbauvertrag schon dann vorliegt, wenn die Arbeiten zur Errichtung eines Neubaus von einem Verbraucher beauftragt werden. Dieser Auffassung hat nunmehr im Rahmen der gewerkeweise Vergabe der Bundesgerichtshof widersprochen. In der Pressemitteilung des Gerichts Nr. 051/2023 v. 16.03.2023 wird ausgeführt:

„Soweit die Auffassung vertreten wird, der Gedanke des Verbraucherschutzes erfordere es, auch die gewerkeweise vergebenen Leistungen im Rahmen des Neubaus eines Gebäudes denselben Vorschriften zu unterwerfen wie die Verpflichtung zum Neubau eines Gebäudes, hat das keine Umsetzung im Gesetz gefunden. Hinzu kommt, dass diese rechtspolitische Erwägung auch nicht ohne weiteres im Rahmen einer Auslegung mit eindeutigen Rechtsfolgen verknüpft werden kann, weil die Verbraucherschutzvorschriften bei einem Verbraucherbauvertrag insgesamt nicht ausschließlich als umfassender und günstiger für den Verbraucher angesehen werden können als dies bei einem Vertrag der Fall ist, für den sie nicht gelten. Schließlich verbietet es auch das Gebot der Rechtsklarheit hier in besonderer Weise, den Begriff des Verbraucherbauvertrags aufgrund einer allgemeinen Zielvorstellung des Verbraucherschutzes zu erweitern, ohne dass dies im Gesetzestext erkennbar wäre. Denn der Unternehmer muss erkennen können, ob und welche Unterrichtungs- und Belehrungspflichten ihn schon im Vorfeld des Vertrages treffen.

Zu einem Vorabentscheidungsersuchen an den Gerichtshof der Europäischen Union besteht keine Veranlassung.

650f Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 Fall 1 BGB kann mangels Vorliegens einer planwidrigen Gesetzeslücke auch nicht entsprechend auf Verträge über einzelne Gewerke im Rahmen des Baus eines neuen Gebäudes angewandt werden. Die Feststellungen des Berufungsgerichts, dass die übrigen Voraussetzungen des § 650f BGB nach Grund und Höhe vorlagen, sind rechtsfehlerfrei und im Revisionsverfahren auch nicht angegriffen worden.“

Damit besteht für Handwerksbetriebe auch in den Fällen, dass sie mit einzelnen Gewerken von Verbrauchern beauftragt worden sind, die Möglichkeit, für den voraussichtlichen Vergütungsanspruch Sicherheit zu verlangen.  Dabei Verbraucherbauverträgen auch ein Widerrufsrecht der Verbraucher besteht, demzufolge eine Verpflichtung des Unternehmers besteht, eine Widerrufsbelehrung zu erteilen, wird somit auch klargestellt, dass bei der Gewerke weisen Beauftragung von Bauleistungen dieses Widerrufsrecht nicht besteht.

Nicht davon betroffen sind allerdings Widerrufsrechte nach anderen Normen, wie beispielsweise im Fernabsatz oder aber auch bei Verträgen,  die außerhalb von Geschäftsräumen abgeschlossen werden.

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Axel Möller
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht, Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht

Mail: jena@etl-rechtsanwaelte.de


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