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Fristlose Kündigung wegen bewusst wahrheitswidriger Aussagen in einem Prozess gegen den Arbeitgeber wirksam

Fristlose Kündigung wegen bewusst wahrheitswidriger Aussagen in einem Prozess gegen den Arbeitgeber wirksam
Aktuelles
11.11.2025 — Lesezeit: 3 Minuten

Fristlose Kündigung wegen bewusst wahrheitswidriger Aussagen in einem Prozess gegen den Arbeitgeber wirksam

Bewusst wahrheitswidrige Erklärungen, die ein Arbeitnehmer in einem Rechtsstreit mit seinem Arbeitgeber abgibt, weil er befürchtet, mit wahrheitsgemäßen Angaben den Prozess nicht gewinnen zu können, können geeignet sein, eine fristlose Kündigung zu rechtfertigen. Um vorsätzlich falsche Angaben handelt es sich, wenn die Prozesspartei die Unrichtigkeit ihrer Behauptungen kennt und deren Unwahrheit in ihren Erklärungswillen aufnimmt. das hat das LAG Niedersachsen am 13.8.2025 (- 2 SLa 735/24) entschieden

Der Fall:

Die Beklagte betreibt einen E-Bike-Fachhandel und führte eine Inventur durch. Diese ergab, dass sieben Fahrräder fehlten. Der Verbleib dieser Räder konnte nicht aufgeklärt werden. Die Geschäftsführer der Beklagten hörten den Kläger, als Filialleiter zu dem Verbleib der fehlenden Fahrräder und dem Verdacht von Schwarzgeldgeschäften an und erklärten gegenüber dem Kläger die ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses. Hiergegen wehrt sich der Kläger gerichtlich. Außerdem forderte der Kläger von der Beklagten eine angeblich vereinbarte Bonuszahlung i.H.v. 10.000 €. Als Beweis legte er ein als Arbeitsvertrag (vom 15.1.2016) bezeichnetes Schriftstück vor, das die Beklagte allerdings nicht unterschrieben hatte.Die Kündigungsschutzklage des Klägers wurde der Beklagten am 7.2.2024 zugestellt. Mit Schreiben vom 21.2.2024, dem Kläger am selben Tag zugestellt, kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis außerordentlich und fristlos.

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Die außerordentliche Kündigung vom 21.2.2024 sei unwirksam. Dem Kläger könne nicht der Vorwurf gemacht werden, er habe im Prozess falsche Tatsachen vorgetragen. Ein vom Arbeitgeber nicht unterzeichneter Vertrag sei ohne weiteren Vortrag für sich genommen nicht dazu geeignet, einen Anspruch zu begründen. Die Behauptung eines Anspruches unterliege nicht der prozessualen Wahrheitspflicht. Hierbei handele es sich um die Äußerung einer Rechtsauffassung und nicht um einen Tatsachenvortrag. Soweit sich die Beklagte auf den Vorwurf der Schwarzgeschäfte berufe, sei schon nicht erkennbar, was die konkrete Pflichtverletzung des Klägers sein solle.

Die Entscheidung:

Auf die Berufung der Beklagten hat das LAG die Entscheidung abgeändert und die Klage weitestgehend abgewiesen. Das Arbeitsverhältnis des Klägers ist durch die außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 21.2.2024 beendet worden.

Ein wichtiger Grund i.S.v. § 626 Abs. 1 BGB kann auch die Verletzung vertraglicher Nebenpflichten sein, insbesondere eine Verletzung der vertraglichen Rücksichtnahmepflicht i.S.v. § 241 Abs. 2 BGB, die dem Schutz und der Förderung des Vertragszweckes dient. Bewusst wahrheitswidrige Erklärungen, die ein Arbeitnehmer in einem Rechtsstreit mit seinem Arbeitgeber abgibt, weil er befürchtet, mit wahrheitsgemäßen Angaben den Prozess nicht gewinnen zu können, können geeignet sein, eine fristlose Kündigung zu rechtfertigen.

In der Geltendmachung einer Forderung, auf die kein Anspruch besteht, kann eine schlüssige Täuschung über Tatsachen liegen. Voraussetzung dafür ist, dass die Erklärung über die Äußerung einer Rechtsauffassung hinausgeht, die als Werturteil nicht Gegenstand einer Täuschung sein kann, und zugleich einen greifbaren, dem Beweis zugänglichen Tatsachenkern enthält. Dies ist etwa der Fall, wenn mit dem Einfordern der Leistung ein Bezug zu einer unzutreffenden Tatsachenbasis hergestellt oder das Vorliegen eines den Anspruch begründenden Sachverhalts behauptet wird (BGH, 22.2.2017 – 2 StR 573/15).

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Steffen Pasler
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht

Mail: rostock@etl-rechtsanwaelte.de


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