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Mandantenübernahmeklausel ohne Karenzentschädigung unwirksam

Mandantenübernahmeklausel ohne Karenzentschädigung unwirksam
Aktuelles
01.12.2025 — Lesezeit: 3 Minuten

Mandantenübernahmeklausel ohne Karenzentschädigung unwirksam

Eine Mandantenübernahmeklausel ohne Karenzentschädigung mit der vereinbarten Verpflichtung, 20 % des Gesamtumsatzes aus dem jeweiligen Mandat abzuführen, stellt eine Umgehung im Sinne des § 75d Satz 2 HGB dar und ist daher unwirksam. Das entschied das LAG Köln am 17.07.2025 (6 SLa 484/24).

Der Fall:

Die beteiligten Rechtsanwälte streiten unter anderem um Auskunft und Zahlung aus einer Mandantenschutzklausel, in der es u.a. heißt:

„[…] übernimmt die Angestellte bei oder im Zusammenhang mit ihrem Ausscheiden aus den Diensten des Arbeitgebers unmittelbar oder mittelbar Mandate des Arbeitgebers, so wird sie als Entschädigung für einen Zeitraum von zwei Jahren seit dem Ausscheiden einen Betrag in Höhe von 20% ihres Gesamtumsatzes mit den betreffenden Mandanten an den Arbeitgeber abführen.“

Im Dezember 2023 sprach die Klägerin gegenüber der Beklagten eine ordentliche Eigenkündigung zum 31.3.2024 aus. Die Beklagte Kanzlei verlangte Auskunft und Zahlung entsprechend der Mandantenübernahmeklausel.

Das ArbG hat die darauf gerichtete Widerklage der Beklagten abgewiesen.

Die Entscheidung:

Die Berufung der Beklagten blieb vor dem LAG ohne Erfolg. Die Revision wurde nicht zugelassen. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist beim BAG anhängig (8 AZN 486/25).

Zurecht hat das ArbG die Widerklage abgewiesen. Denn die Mandantenschutzklausel ist unwirksam. Die Vertragsabsprache im Arbeitsvertrag ist als sog. verdeckte Mandantenschutzklausel wegen Umgehung der Pflicht zur Zahlung einer Karenzentschädigung (§ 74 Abs. 2 HGB) gemäß § 75d Satz 2 HGB unwirksam. Bei einer allgemeinen Mandantenschutzklausel ist es der Arbeitnehmerin untersagt, nach ihrem Ausscheiden mit der Beratung ehemaliger Mandanten ihres Arbeitgebers zu diesem in Konkurrenz zu treten. Allgemeine Mandantenschutzklauseln haben daher die Wirkung eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots, sodass § 74 ff. HGB Anwendung finden. Sie sind nur wirksam, wenn sie mit der Pflicht des Arbeitgebers zur Zahlung einer Karenzentschädigung nach § 74 Abs. 2 HGB verbunden sind und soweit die gesetzlich zulässige Höchstdauer von zwei Jahren nach § 74a Abs. 1 Satz 3 HGB nicht überschritten wird.

Zwar sind Mandantenübernahmeklauseln dagegen auch ohne Verpflichtung des Arbeitgebers zur Zahlung einer Karenzentschädigung grundsätzlich zulässig. Allerdings stellt eine Mandantenübernahmeklausel ohne Karenzentschädigung dann eine Umgehung iSv. § 75d Satz 2 HGB dar, wenn die Konditionen so gestaltet sind, dass sich die Bearbeitung der Mandate wirtschaftlich nicht lohnt. In diesem Fall schaltet der Arbeitgeber seine frühere Mitarbeiterin als Konkurrentin aus, damit handelt es sich um eine verdeckte Mandantenschutzklausel, die die Arbeitnehmerin iSv. § 74 Abs. 1 HGB in ihrer beruflichen Tätigkeit beschränkt.

Um einen solchen Fall handelt es sich hier. Die hier vereinbarte Verpflichtung „20 % des Gesamtumsatzes“ abzuführen ist eine deutlich härtere Regelung als die vom akzeptierte Klausel „20 % des Nettogewinns“. Wird unterstellt, dass nicht mehr als 50 % als Nettogewinn übrigen bleiben, so bedeutet das bei einer Gebühr in Höhe von 100 € ein Nettogewinn in Höhe von 50 €. Als ein Anteil von 20 % hiervon errechnen sich 10 €. Demgegenüber ist bei einer Anwaltsgebühr in Höhe von 100 € von einem Gesamtumsatz einschließlich Umsatzsteuer in Höhe von 119 € auszugehen. 20 % hiervon sind 23,80 €, also ca. die Hälfte des Nettogewinns. Die vertraglichen Konditionen sind damit so gestaltet, dass sich die Bearbeitung der Mandate wirtschaftlich nicht mehr lohnt. Damit schaltet der Arbeitgeber seine frühere Mitarbeiterin als Konkurrentin aus. Eine Verpflichtung zur Zahlung einer Karenzentschädigung iSv. § 74 Abs. 2 HGB enthält die Mandantenübernahmeklausel nicht. Sie ist daher gemäß § 75d Satz 2 HGB unwirksam.

Hinweis:

Vieles spricht im Übrigen dafür, dass die Klausel im Übrigen auch gemäß § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB unwirksam ist, denn sie ist augenscheinlich nicht „klar und verständlich“ im Sinne der Vorschrift und damit wohl intransparent.

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Steffen Pasler
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht

Mail: rostock@etl-rechtsanwaelte.de


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