Startseite | Aktuelles | Versuch eines Einbruchsdiebstahls (Aufhebeln von Küchenfenster und Terrassentür)

Versuch eines Einbruchsdiebstahls (Aufhebeln von Küchenfenster und Terrassentür)

Versuch eines Einbruchsdiebstahls (Aufhebeln von Küchenfenster und Terrassentür)
Aktuelles
30.06.2020

Versuch eines Einbruchsdiebstahls (Aufhebeln von Küchenfenster und Terrassentür)

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat entschieden (BGH, Beschl. v. 14.01.2020 – 4 StR 397/19):

1. Eine Straftat versucht, wer nach seiner Vorstellung von der Tat zur Verwirklichung des Tatbestands unmittelbar ansetzt (§ 22 StGB). Ein unmittelbares Ansetzen zur Tatbestandsverwirklichung besteht in einem Verhalten des Täters, das nach seiner Vorstellung in ungestörtem Fortgang ohne weitere Zwischenakte zur – vollständigen – Tatbestandsverwirklichung führt oder im unmittelbaren räumlichen und zeitlichen Zusammenhang in die Tatbestandsverwirklichung einmündet (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschlüsse vom 31. Oktober 2018 – 2 StR 281/18, BGHSt 63, 228, 234; vom 7. August 2014 – 3 StR 105/14, NStZ 2015, 207 und vom 27. September 2011 – 4 StR 454/11, BGHR StGB § 176 Abs. 1 Versuch 1; Urteile vom 25. Oktober 2012 – 4 StR 346/12, NStZ 2013, 156, 157; vom 12. Februar 1998 – 4 StR 428/97, BGHSt 44, 34, 40; vom 26. Oktober 1978 – 4 StR 429/78, BGHSt 28, 162, 163; vom 16. September 1975 – 1 StR 264/75, BGHSt 26, 201, 203 f.; vom 19. Januar 1968 – 4 StR 559/67, BGHSt 22, 80, 81; siehe auch BGH, Beschluss vom 18. November 1985 – 3 StR 291/85, BGHSt 33, 370, 376).

Bei der Prüfung der Frage, ob der Täter nach seinem Tatplan (vgl. BGH, Beschluss vom 24. Juli 1987 – 2 StR 338/87, BGHSt 35, 6, 8) zur Tatbestandsverwirklichung unmittelbar angesetzt hat, muss die Handlung, die er zur Verwirklichung seines Vorhabens unternimmt, zu dem in Betracht kommenden Straftatbestand in Beziehung gesetzt werden (vgl. BGH, Urteil vom 16. Januar 1991 – 2 StR 527/90, BGHSt 37, 294, 296; Beschluss vom 7. August 2014 – 3 StR 105/14, NStZ 2015, 207). Diese Grundsätze gelten auch für die Prüfung des Versuchsbeginns bei Qualifikationstatbeständen oder Tatbeständen mit Regelbeispielen. Soweit in einzelnen Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen worden ist, dass die Prüfung des Versuchsbeginns grundsätzlich an der Verwirklichung des Grundtatbestandes zu orientieren (in diesem Sinne BGH, Beschluss vom 20. September 2016 – 2 StR 43/16, NStZ 2017, 86 unter Hinweis auf Fischer, StGB, 63. Aufl., § 22 Rn. 36; ebenso Kudlich/Schuhr in: SSW-StGB, 4. Aufl., § 22 Rn. 47; SK-StGB/Jäger, 9. Aufl., § 22 Rn. 32), oder in den genannten Konstellationen trotz der Verwirklichung eines Merkmals des Qualifikationstatbestands ein unmittelbares Ansetzen zu verneinen sei, wenn es zur Herbeiführung des tatbestandlichen Erfolgs noch eines – weiteren – Willensimpulses des Täters bedürfe (vgl. BGH, Beschluss vom 7. August 2014 – 3 StR 105/14, NStZ 2015, 207), ist damit ebenfalls nur das Erfordernis kritischer Prüfung umschrieben, ob der Täter im jeweiligen Einzelfall nach seiner Vorstellung von der Tat bereits die Schwelle überschritten hat, die . ohne weitere Zwischenakte (vgl. dazu BGH, Beschluss vom 16. Juli 2015 – 4 StR 219/15, BGHR StGB § 176 Abs. 4 Nr. 3 Einwirken 1; Urteil vom 20. März 2014 – 3 StR 424/13, NStZ 2014, 447, 448; Hoffmann-Holland in: MüKoStGB, 3. Aufl., § 22 Rn. 109) . in die vollständige Verwirklichung des Tatbestands münden soll.

Auch für den Versuchsbeginn beim Qualifikationstatbestand des Wohnungseinbruchdiebstahls im Sinne des § 244 Abs. 4 StGB kommt es maßgeblich auf das Vorstellungsbild des Täters bei der Verwirklichung des qualifizierenden Merkmals des Einbrechens an; handelt er beim Aufhebeln eines Fensters oder bei der gewaltsamen Überwindung eines sonstigen Hindernisses in der Vorstellung, in unmittelbarem Anschluss hieran in die (Privat)Wohnung einzudringen und hieraus stehlenswerte Gegenstände zu entwenden, so ist die Schwelle zum Versuch regelmäßig überschritten und das geschützte Rechtsgut aus der maßgeblichen Tätersicht bereits konkret gefährdet.

2. Diesem Ergebnis stehen Entscheidungen des 2. und des 5. Strafsenats (vgl. die Beschlüsse vom 20. September 2016 – 2 StR 43/16, NStZ 2017, 86, 87 mit Anmerkung Engländer NStZ 2017, 87; vom 4. Juli 2019 – 5 StR 274/19 und vom 1. August 2019 – 5 StR 185/19, NStZ 2019, 716 mit Anmerkung Kudlich NStZ 2020, 34) nicht entgegen; sie betrafen jeweils im Tatsächlichen anders gelagerte Fallkonstellationen. Sollte den Beschlüssen des 5. Strafsenats allerdings die Rechtsauffassung zugrunde liegen, dass die Annahme eines Versuchs in Fällen des Einbruchsdiebstahls generell und losgelöst von den Feststellungen im Einzelfall ausscheidet, solange der Täter nicht unmittelbar zur Wegnahme angesetzt hat, könnte der Senat dem nicht folgen.

Suchen
Format
Autor(en)


Volkan Özkara
Rechtsanwalt

Mail: koeln@etl-rechtsanwaelte.de


Alle Kontaktdaten


Weitere interessante Artikel