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Absolute Fahruntüchtigkeit bei 1,1 Promille gilt nicht für 'Pedelecs'!

Grenzwert bleibt bei 1,6 Promille
Absolute Fahruntüchtigkeit bei 1,1 Promille gilt nicht für 'Pedelecs'!
Aktuelles
10.08.2020

Absolute Fahruntüchtigkeit bei 1,1 Promille gilt nicht für 'Pedelecs'!

Grenzwert bleibt bei 1,6 Promille

Das Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe hat sich mit der Frage befasst, ob der Grenzwert zur absoluten Fahruntüchtigkeit von 1,1 Promille auch für Fahrer von Pedelecs gilt und diese Frage verneint (OLG Karlsruhe, Beschl. v. 14.07.2020 – 2 Rv 35 Ss 175/20). In der Pressemitteilung des Gerichts 17/20 v. 14.07.2020 heißt es:

Der 2. Strafsenat des Oberlandesgerichts Karlsruhe hat mit Beschluss vom 14.07.2020 darauf hingewiesen, dass derzeit keine gesicherten naturwissenschaftlichen Erkenntnisse dafür bestehen, dass Fahrer von handelsüblichen Elektrofahrrädern (Pedelecs) mit einer Begrenzung der motorunterstützten Geschwindigkeit auf 25 km/h bereits unterhalb der für Fahrradfahrer geltenden Grenze von 1,6 Promille Blutalkoholkonzentration absolut fahruntüchtig sind. Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, wonach der Führer eines Kraftfahrzeugs bereits von einem Blutalkoholgehalt von 1,1 Promille an unwiderleglich fahruntüchtig und wegen Trunkenheit im Verkehr zu bestrafen ist, findet daher auf solche Pedelecs nach dem aktuellen Stand der wissenschaftlichen Forschung keine Anwendung.

In dem dieser Entscheidung zugrunde liegenden Verfahren erhebt die Staatsanwaltschaft Freiburg gegen den Angeklagten den Tatvorwurf der fahrlässigen Trunkenheit im Verkehr (§ 316 Strafgesetzbuch). Der Angeklagte war als Fahrer eines Pedelecs mit einer auf seinen Fahrweg einbiegenden Fahrradfahrerin, die seine Vorfahrt missachtet hatte, kollidiert. Dabei hatte er nach den Feststellungen der Vorinstanz eine Alkoholkonzentration von maximal 1,59 Promille im Blut.

Die vorhandenen Beweise reichen nicht für die einzelfallbezogene Feststellung aus, dass der Angeklagte deshalb alkoholbedingt nicht mehr zum Führen des Fahrzeugs in der Lage war. Eine Verurteilung wegen Trunkenheit im Verkehr unter dem Gesichtspunkt der relativen Fahruntüchtigkeit (Blutalkoholkonzentration von mindestens 0,3 Promille bei Hinzutreten alkoholtypischer Ausfallerscheinungen) kommt deshalb nicht in Betracht. Eine Ordnungswidrigkeit nach § 24a Straßenverkehrsgesetz (Führen eines Kraftfahrzeugs mit mindestens 0,25 Milligramm/Liter Alkohol in der Atemluft oder mindestens 0,5 Promille Alkohol im Blut) liegt ebenfalls nicht vor, weil handelsübliche Pedelecs mit einer Begrenzung der motorunterstützten Geschwindigkeit auf 25 km/h keine Kraftfahrzeuge im Sinne des Straßenverkehrsrechts sind (§ 1 Abs. 3 Straßenverkehrsgesetz).

Das Amtsgericht Staufen und das Landgericht Freiburg haben den Angeklagten freigesprochen. Gegen das freisprechende Urteil des Landgerichts hat die Staatsanwaltschaft Revision eingelegt, die jetzt dem Oberlandesgericht Karlsruhe zur Entscheidung vorliegt.

Eine endgültige Entscheidung des Oberlandesgerichts ist noch nicht ergangen, da die Beteiligten zunächst noch Gelegenheit zur Stellungnahme haben. Dem Hinweisbeschluss des Senats liegt daher nur eine vorläufige Beurteilung der Sach- und Rechtslage zugrunde.

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Autor(en)


Volkan Özkara
Rechtsanwalt

Mail: koeln@etl-rechtsanwaelte.de


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