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Alleinige Haftung des unter Verstoß gegen die Rückschaupflicht nach links abbiegenden Radfahrers

Alleinige Haftung des unter Verstoß gegen die Rückschaupflicht nach links abbiegenden Radfahrers
Aktuelles
30.05.2022

Alleinige Haftung des unter Verstoß gegen die Rückschaupflicht nach links abbiegenden Radfahrers

Das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf, hat einem Radfahrer, der unter Verstoß gegen die Rückschaupflicht nach links abgebogen war, die alleinige Schuld an einem dadurch ausgelösten Verkehrsunfall zugewiesen (OLG Düsseldorf, Urt. v. 07.12.2021 – 1 U 216/20, NJW-Spezial 2022, 203).

In den Entscheidungsgründen heißt es:

„Dem Kläger stehen auf der Grundlage der §§ 7, 9, 11 StVG, 115 VVG keine Ersatzansprüche gegen die Beklagten zu.

a)

Da der Kläger – unstreitig – von der A.-Straße Straße nach links in ein Grundstück fahren wollte, hatte er nicht nur die Pflichten eines Linksabbiegers zu erfüllen (§ 9 Abs. 1 StVO), sondern darüber hinaus nach § 9 Abs. 5 StVO eine Gefährdung anderer auszuschließen.

Unerheblich ist insofern, dass sich die offizielle Einfahrt zu dem Baumarkt X. knapp 50 – 60 m hinter dem Kollisionsort befindet. Denn unstreitig wollte der Kläger an dieser Stelle – und damit nicht an einer Kreuzung – die Straße überqueren, um aus dem fließenden Verkehr auf das gegenüberliegende Gelände eines anderen Unternehmens zu fahren.

b)

Bei einer Kollision eines Grundstückabbiegers mit einem Überholenden spricht bereits der Anscheinsbeweis für ein Verschulden des Grundstückabbiegers (vg. OLG München, Urteil vom 23.01.2015 – 10 U 299/14; Senat, Urteil vom 06.05.2014 – 1 U 32/13; OLG Hamm, Urteil vom 07.03.2014 – 9 U 210/13; KG Berlin, Beschluss vom 04.12.2006 – 12 U 84/06; Scholten in: jurisPK-Straßenverkehrsrecht, § 9 StVO Rn. 52; Burmann in: Burmann/Heß/Hühnermann/Jahnke, Straßenverkehrsrecht, § 9 StVO Rn. 55 a; König in: Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, § 9 StVO Rn. 44; jedoch kein Anscheinsbeweis zulasten des Abbieger beim Auffahren des nachfolgenden Fahrzeugs: Scholten in: jurisPK-Straßenverkehrsrecht, § 9 StVO Rn. 53).

Dessen ungeachtet ist im vorliegenden Fall das Verschulden des Klägers auch ohne Rückgriff auf die Anscheinsgrundsätze aufgrund seiner eigenen Angaben in Verbindung mit den Ergebnissen des Sachverständigen in seinem Gutachten vom 21.07.2020 positiv festzustellen.

Nach seiner Behauptung will der Kläger den Beklagten zu 1. hinter sich gesehen haben und zwar sowohl bei der ersten als auch bei der zweiten Rückschau. Nach den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen zu dem – auf den Angaben des Klägers erstellten – Rechenmodell I befand sich der Beklagte zu 1. bei der behaupteten zweiten Rückschau bereits erkennbar im Überholvorgang (Gutachten, S. 18, letzter Absatz von 4.5.1.). Wenn aber der Kläger bei erkennbar bereits begonnenem Überholmanöver gleichwohl seinen Abbiegevorgang in ein Grundstück fortsetzt, hat er nicht die Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen, wie dies von § 9 Abs. 5 StVO gefordert wird. Sollte er aber, wovon das Landgericht ausgegangen ist, die zweite Rückschau entgegen seinen Angaben nicht durchgeführt haben, beruht sein Verschulden (auch) auf der unterlassenen Rückschau.

Schließlich hat das Landgericht dem Kläger zu Recht einen Verstoß gegen § 9 Abs. 1 Satz 2 StVO angelastet. Unter Zugrundelegung der von dem Kläger anlässlich seiner Anhörung angefertigten Skizze (GA 132), hat sich dieser nicht bis zur Mitte der Straße eingeordnet, sondern allenfalls bis zur Mitte des eigenen Fahrstreifens.

  1. Verursachungsbeiträge des Beklagten zu 1.

Auf Seiten des Beklagten zu 1. kann ein schuldhafter Verursachungsbeitrag nicht mit der nach § 286 ZPO erforderlichen Sicherheit festgestellt werden.“

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Autor(en)


Katrin Kaiser
Rechtsanwältin
Fachanwältin für Familienrecht, Fachanwältin für Verkehrsrecht

Mail: halle@etl-rechtsanwaelte.de


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