Erfordert die Vollzeit-Weiterbildung auch die Vollzeit-Anwesenheit des Ausbilders?
Ja, sagt das Verwaltungsgericht München (VG München, Urteil v. 26.10.2023 – M 27 K 21.6223). Das Erfordernis der Vollzeitausbildung bedeutet nicht nur Vollzeitarbeit der Assistenzärztin bzw. des Assistenzarztes, sondern fordert im Umkehrschluss grundsätzlich eine Vollzeitbetreuung durch die Weiterbildende oder den Weiterbildenden.
In den Entscheidungsgründen heißt es:
„Die Anforderungen an den Kompetenzerwerb werden unionsrechtlich, verfassungsrechtlich, landesgesetzlich und durch die Weiterbildungsordnung näher bestimmt. Unionsrechtlich hat die fachärztliche Weiterbildung als Vollzeitausbildung zu erfolgen (Art. 25 Abs. 3 Satz 1 RL 2005/36/EG – sog. Berufsanerkennungsrichtlinie). Verfassungsrechtlich sind dabei die Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) des Weiterbildungsassistenten und der Patientenschutz (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG) in Ausgleich zu bringen. Die Anforderungen an die ärztliche Weiterbildung beinhalten daher keinen bloßen Formalismus, sondern stellen ein wesentliches Instrument zur Gewährleistung der Qualität dar. Das durch die Facharztbezeichnung in der Öffentlichkeit erweckte Vertrauen in die besondere Qualifikation des Arztes ist auch in Ansehung seiner Berufsausübungsfreiheit nur dann gerechtfertigt, wenn in dem vorangegangenen Verfahren hinreichend sorgfältig und umfassend das Vorliegen der notwendigen Kenntnisse und Fertigkeiten festgestellt worden ist (vgl. VG Hannover, U.v. 26.3.2014 – 5 A 824/13 – juris Rn. 34).
(…) Der befugte Arzt ist unter anderem verpflichtet, die Weiterbildung persönlich zu leiten und grundsätzlich ganztägig durchzuführen sowie zeitlich und inhaltlich entsprechend der Weiterbildungsordnung zu gestalten (§ 5 Abs. 3 Satz 1 WBO 2013).
(…) Um diese Art der Anleitung zu erfüllen, muss der Weiterbilder die Tätigkeit des Weiterbildungsassistenten rechtlich und tatsächlich anleiten sowie zeitlich und inhaltlich gestalten (vgl. VG Hannover, U.v. 26.3.2014 – 5 A 824/13 – juris Rn. 27; OVG Saarland, U.v. 4.11.2011 – 3 A 163/10 – juris Rn. 77). (…) Jedoch ist für eine zielführende Weiterbildung auch die Möglichkeit einer Überwachung durch den Weiterbilder zu verlangen, also die Möglichkeit, Arbeitsschritte und Arbeitsergebnisse des Assistenzarztes zu kontrollieren (vgl. VG Hannover, U.v. 26.3.2014, a.a.O., Rn. 27). Um diese Möglichkeit zu gewährleisten, ist grundsätzlich eine Vollzeitpräsenz eines verantwortlichen Weiterbilders an der Weiterbildungsstätte erforderlich (vgl. so auch Scholz a.a.O., § 5 MWBO Rn. 9). (…)“