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Corona-Soforthilfe für Kleinstunternehmen und Soloselbständige

Wann müssen Leistungen zurückgezahlt werden? Wann habe ich mich strafbar gemacht?
Aktuelles
21.08.2020

Corona-Soforthilfe für Kleinstunternehmen und Soloselbständige

Wann müssen Leistungen zurückgezahlt werden? Wann habe ich mich strafbar gemacht?

Ende Mai 2020 endete die Frist für die Beantragung der Corona-Soforthilfe des Bundes, die von den Bundesländern ausgezahlt wurde. E-Mails mit der Aufforderung, den Nachweis der fördergemäßen Mittelverwendung nachzuweisen, sind verschickt. Nicht nur bedingt durch die unterschiedlichen länderspezifischen Prüfungsunterlagen ist eine große Unsicherheit entstanden. Die Vermutung tausendfachen Subventionsbetruges geistert durch die Medien.

Bitte Ruhe bewahren. Für die meisten Fragen haben wir die Antworten!

Frage 1: Muss jetzt jeder Corona-Zuschuss zurückgezahlt werden?

Nein, prinzipiell handelt es sich bei den Corona-Zuschüssen vom Bund und den Ländern um eine Leistung, die nicht zurückgezahlt werden muss. Anderes kann für Leistungen aus dem Wirtschaftsstabilitätsfonds, die Überbrückungshilfe und die KfW-Sonderprogramme oder KfW-Schnellkredite 2020 gelten.

Um Missverständnisse zu vermeiden: Aus Zeitgründen geht es hier alleine um die Corona-Soforthilfe für Kleinstunternehmen und Soloselbständige, deren Eckpunkte die Bundesregierung am 23.03.2020 beschlossen hatte.

Frage 2: Fälle, in denen die Corona-Soforthilfe nicht zurückgezahlt werden muss

Der Corona-Zuschuss muss nicht zurückgezahlt werden, wenn ein ausschließlich coronabedingter Liquiditätsengpass eingetreten ist, der die wirtschaftliche Existenz des Unternehmens bedroht. Das Geld darf in den meisten Ländern nur für die Betriebskosten verwendet und nicht zur Bestreitung des Lebensunterhalts eingesetzt werden. Einige Bundesländer erlauben einen monatlichen Pauschalbetrag für Lebenshaltungskosten (Baden-Württemberg 1.180,00 Euro, NRW 2.000,00 Euro).

Frage 3: Problem Überkompensation

Außerdem muss eine Überkompensation zurückgezahlt werden. Eine Überkompensation entsteht dann, wenn der Antragsteller mehr Zuwendungen erhält, als sein tatsächlich eingetretener Schaden beträgt, also insbesondere der durch die Corona-Krise eingetretene Umsatzausfall abzüglich eventuell eingesparter Kosten (z.B. Mietminderung). Die Überkompensation damit die Differenz aus erhaltener Corona-Soforthilfe und tatsächlichem Liquiditätsengpass. Besondere Bedeutung kommt der Berechnung des tatsächlichen Liquiditätsengpasses zu.

Frage 4: Wie berechne ich den Liquiditätsengpass?

Dafür sind die  Daten  für  einen  Zeitraum  von  drei  Monaten  zu  erfassen.  Der  Förderzeitraum  beginnt mit dem  Tag  der  Antragstellung  und  entspricht  grundsätzlich  dem  Bewilligungszeitraum. Wahlweise kann der Beginn des dreimonatigen Förderzeitraums auf den ersten Tag des Monats der Antragstellung vorgezogen oder auf den ersten Tag des Folgemonats verschoben werden. Bei der Gewährung von Überbrückungshilfe wird der Startzeitpunkt der Soforthilfe automatisch auf den ersten Tag des Monats der Antragstellung bezogen.

Für den Fall, dass dem Antragsteller im 3-Monats-Zeitraum ein Miet- bzw. Pachtnachlass von mindestens 20 % gewährt wurde, kann er den fortlaufenden betrieblichen Sach- und Finanzaufwand nicht nur für drei sondern für fünf Monate ansetzen.

Der Liquiditätsengpass entspricht nicht den Einnahmeausfällen. Der Liquiditätsengpass stellt vielmehr den Betrag dar, um den die laufenden betrieblichen Ausgaben die laufenden betrieblichen Einnahmen in den drei Monaten nach Antragsstellung übersteigen. Dabei sind die tatsächlichen Einnahmen aus dem Geschäftsbetrieb den tatsächlichen Kosten als Sach- und Finanzausgaben gegenüberzustellen. Private und betriebliche Finanzreserven müssen nicht berücksichtigt werden. So muss etwa ein Kontokorrentkredit nicht voll ausgeschöpft werden. Unschädlich ist es auch, wenn keine Stundungen für Ausgaben, wie Miete, Kreditkosten, Steuern usw. beantragt wurden. Ist das jedoch geschehen, können die gestundeten Forderungen freilich nicht bei der Berechnung des Liquiditätsbedarfs berücksichtigt werden.

Bei den Einnahmen kommt es auf den Zufluss an, das heißt nicht auf die Höhe der gestellten Rechnungen. Solange noch genügend Einnahmen vorhanden sind, um die laufenden Ausgaben im 3-Monatszeitraum zu decken, besteht kein Engpass.

Frage 5: Welche Kosten sind berücksichtigungsfähig, welche Kosten sind es nicht?

  • Fixe und verbrauchsabhängige Raumkosten können berücksichtigt werden.
  • Ebenso Aufwendungen für Material, Betriebsstoffe und Wareneinsatz, wenn keine Lageraufstockung erfolgte.
  • Kosten für Wartung, Reparatur und Instandhaltung.
  • Bei Ersatzinvestitionen gilt die Anrechenbarkeit nur für sofort abschreibbare, geringwertige Wirtschaftsgüter mit einem jeweiligen Einkaufspreis bis zu 800,00 Euro netto.
  • Fahrzeugkosten können inkl. Kfz-Steuer und Versicherung jedoch ohne Abschreibungen angesetzt werden. Der private Nutzungsanteil ist herauszurechnen.
  • Kosten für das Büro (z. B. Porto, Telefon, Internet, Büromaterial),
  • Werbung,
  • Prämien für betriebliche Versicherungen, Beiträge für Berufsgenossenschaft, Berufsverbände, Kammerbeiträge,
  • Kosten für Rechts-, Betriebs- und Steuerberatung.
  • Betriebliche Zinsen für Darlehen, Kredite, Kontokorrent und Bankgebühren.
  • Tilgungen nur wenn sie planmäßig erfolgen (keine Sondertilgungen).
  • Anrechnungsfähig sind ferner Leasingraten, Storno-Kosten, zurückerstattete Provisionen, und betriebsübliche Vorauszahlungen (aber keine Steuervorauszahlungen).
  • Kosten für Investitionen und Betriebsmittel sind anrechenbar, wenn sie die durch Corona-bezogene Auflagen veranlasst wurden (z. B. Plexiglasscheiben)
  • Ein fiktiver Unternehmerlohn zählt nur in einigen Bundesländern dazu und auch nur dann, wenn keine aufstockende Grundsicherung beantragt wurde.

Nicht zu den berücksichtigungsfähigen Kosten zählen:

  • Personalkosten (dafür ist das Kurzarbeitergeld vorgesehen), 
  • Zahlungen in die gesetzliche Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung,
  • private Versicherungsbeiträge und Altersvorsorge oder
  • Leistungen an ein Versorgungswerk,
  • private Mietkosten,
  • Abschreibungen,
  • betriebliche Neuinvestitionen (außer verpflichtend durch behördliche coronabezogene Auflagen).

Achtung: Gegebenenfalls sind Besonderheiten einzelner Bundesländer zu beachten. Danach können dann an sich nicht berücksichtigungsfähige Kosten tatsächlich Berücksichtigung finden!

Viele Bundesländer stellen inzwischen Berechnungshilfen zur Rückzahlung der erhaltenen Mittel zur Verfügung und versenden E-Mails an die Leistungsempfänger. Dort werden die Rückzahlungsmodalitäten (Bankverbindung, Zahlungsfristen) mitgeteilt

Frage 6: Aus welchen sonstigen Gründen ist die Corona-Soforthilfe zurückzuzahlen?

Häufig sind es ganz schlichte Gründe. Vielfach wurden Anträge mehrfach eingereicht und nicht selten auch mehrfach bewilligt und ausgezahlt. Diese versehentlichen Doppelausschüttungen sind selbstverständlich zurückzuzahlen.

Schließlich begründen Fehler bei der Beantragung unter Missachtung der Antragsvoraussetzungen eine Rückzahlungspflicht. So war die Antragstellung etwa davon abhängig, dass das zum Stichtag 31.12.2019 nicht Schwierigkeiten gemäß Art. 2 Abs.18 der Allgemeinen Gruppenfreistellungsverordnung vorlagen. Diese etwas sperrige Voraussetzung wurde von einigen Antragstellern übersehen. In der zitierten Regelung ist definiert, was unter einem Unternehmen in Schwierigkeiten zu verstehen ist. Das sind Unternehmen, auf das mindestens einer der genannten Umstände zutrifft:

  • Bei einer GmbH, wenn mehr als die Hälfte des gezeichneten Stammkapitals ist infolge aufgelaufener Verluste verlorengegangen ist.
  • Bei Gesellschaften, bei denen zumindest ein Gesellschafter unbeschränkt für die Schulden der Gesellschaft haftet, wenn mehr als die Hälfte der in den Geschäftsbüchern ausgewiesenen Eigenmittel infolge aufgelaufener Verluste verlorengegangen ist.
  • Wenn das Unternehmen die Voraussetzungen für die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens erfüllt oder wenn das Unternehmen eine Rettungsbeihilfe erhalten hat und der Kredit noch nicht zurückgezahlt wurde oder die Garantie noch nicht erloschen ist.
  • Auch dürfen Unternehmen keinen Antrag stellen, wenn sie eine Umstrukturierungsbeihilfe erhalten haben und immer noch einem Umstrukturierungsplan unterliegen.

Frage 7: Kann eine Rückzahlung der Soforthilfe negative Konsequenzen für mich haben?

Eine freiwillige Rückzahlung kann sinnvoll sein. Sie schützt ggf. vor negativen Konsequenzen. Eine zur steuerstrafrechtlichen Selbstanzeige gem. § 371 AO vergleichbare Privilegierung ist beim Subventionsbetrug in § 264 Abs. 5 StGB vorgesehen. Danach wird nicht bestraft, wer freiwillig verhindert, dass aufgrund der Tat die Subvention gewährt wird. Wird die Subvention ohne Zutun des Täters nicht gewährt, so wird er straflos, wenn er sich freiwillig und ernsthaft bemüht, das Gewähren der Subvention zu verhindern.

Freiwilligkeit in diesem Sinne ist jedoch nur beim Vorliegen einer autonomen Entscheidungsfindung anzuerkennen. Freiwilligkeit liegt nur dann vor, wenn sich der Täter aufgrund von inneren Beweggründen wie Scham, Reue oder einem Zurückschrecken vor Straffälligkeit zur Umkehr von seinem Vorhaben entschließt. Wenn der Antragsteller zur Rückzahlung gedrängt wird, weil etwa ein Ermittlungsverfahren gegen ihn eingeleitet wurde, ist für die Annahme von Freiwilligkeit kein Raum mehr.

Frage 8: Muss ein Grund angeben werden, wenn die Soforthilfe zurückzahlt wird?

Nein, eine Begründung ist aktuell nicht notwendig. Wenn nur eine Teilrückzahlung erfolgt, empfiehlt es sich zu belegen, wofür der einbehaltene Betrag verwendet wurde.

Frage 9: Hat es bereits strafrechtliche Verfahren wegen unrechtmäßig bezogener Soforthilfe gegeben? Droht Strafhaft?

Ja, siehe zum Beispiel AG Tiergarten – 328 Ls 4/20. Das Gericht hat den Angeklagten zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und sieben Monaten auf Bewährung verurteilt. In der Pressemitteilung des Gerichts PM 42/2020 v. 17.07.2020 heißt es:

Das Amtsgericht Tiergarten – Schöffengericht – hat heute den 31-jährigen Bobby K. wegen Subventionsbetruges in sechs Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und sieben Monaten verurteilt, deren Vollstreckung es für die Dauer von drei Jahren zur Bewährung ausgesetzt hat. Nach den Feststellungen des Schöffengerichts hat der Angeklagte im Zeitraum zwischen dem 6. April und dem 8. April 2020 sechs unberechtigte Anträge auf Zuschüsse in Höhe von insgesamt 77.500,- Euro aus dem Soforthilfeprogramm Soforthilfe Corona des Bundes gestellt, woraufhin er insgesamt 21.500,- Euro erhalten habe.

Die Vorsitzende führte in ihrer heutigen Urteilsbegründung aus, der Angeklagte habe in seinen Online-Anträgen bei der Investitionsbank Berlin jeweils über subventionserhebliche Tatsachen unrichtige Angaben gemacht, indem er tatsächlich nicht existierende Gesellschaften bzw. eine falsche Anzahl an Beschäftigten angegeben habe.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Es kann binnen einer Woche mit den Rechtsmitteln der Berufung oder der (Sprung-)Revision angefochten werden.

Frage 10: Bin ich bei Rückzahlung der Soforthilfe vom Überbrückungshilfeprogramm ausgeschlossen?

Nein. Das Überbrückungshilfeprogramm schließt zeitlich an das Soforthilfeprogramm der Bundesregierung an. Unternehmen, die Soforthilfe des Bundes oder der Länder in Anspruch genommen haben sind erneut antragsberechtigt. Bei Überschneidung des Förderzeitraums erfolgt eine anteilige Anrechnung der Soforthilfe.

Frage 11: Wie sieht das mit der ertragsteuerlichen Behandlung von Corona-Soforthilfe aus?

Siehe dazu beispielsweise die Verfügung des Bayerischen Landesamtes für Steuern, Verfügung v. 31.07.2020 – S 2143.2.1-10/3 St32.

Achtung: Auskünfte erteilt selbstverständlich auch Ihr ETL-Steuerberater.

Siehe auch: ETL Prüfstelle für Coronavirus-Soforthilfe

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Steffen Pasler
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht

Mail: rostock@etl-rechtsanwaelte.de


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