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Multilaterales Rahmenübereinkommen zur grenzüberschreitenden Telearbeit

Multilaterales Rahmenübereinkommen zur grenzüberschreitenden Telearbeit
Aktuelles
22.11.2023

Multilaterales Rahmenübereinkommen zur grenzüberschreitenden Telearbeit

Seit dem 01.07.2023 gilt zwischen den 19 Unterzeichnerstaaten, darunter Deutschland, für zunächst fünf Jahre das multilaterale Rahmenübereinkommen über die Sozialversicherung von Grenzgängern in der Telearbeit.

Das Problem

Grundsätzlich bestimmt die VO (EG) 883/04 für jede grenzüberschreitende Erwerbstätigkeit, welcher Mitgliedstaat für die Durchführung der Sozialversicherung zuständig ist. Dabei ist stets nur ein Staat zuständig, sodass unter anderem nur in einem Staat Beiträge zur Sozialversicherung zu entrichten sind. Arbeitnehmer unterliegen dem Sozialversicherungsrecht ihres Wohnstaats wenn sie zu mindestens 25% in ihrem Wohnstaat tätig sind.

In bestimmten Fällen kann es jedoch auch im Interesse einer Person sein, abweichend von diesen Regeln in einem anderen Staat versichert zu sein. In diesem Fall kann ein Antrag auf eine Ausnahmevereinbarung gemäß Artikel 16 Absatz 1 VO (EG) 883/04 gestellt werden. Bei einer Ausnahmevereinbarung handelt es sich um eine Ermessensentscheidung der hierfür zuständigen Stellen beider beteiligter Staaten.

Für die grenzüberschreitende Telearbeit haben sich die Unterzeichnerstaaten, darunter Deutschland, darauf geeinigt, auf eine weitergehende Ausübung ihres Ermessens zu verzichten und die beantragte Ausnahmevereinbarung in jedem Fall zu genehmigen, sofern bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind.

Das multilaterales Rahmenübereinkommen ermöglicht Beschäftigten, dass das Sozialversicherungsrecht des Mitgliedstaats gilt, in welchem der Arbeitgeber ansässig ist, wenn sie bis zu 49,99 % der Gesamtarbeitszeit in Form von Telearbeit in ihrem Wohnstaat erbringen.

Telearbeit

Mit „grenzüberschreitender Telearbeit“ ist eine Tätigkeit gemeint, die in einem anderen Mitgliedstaat ausgeübt wird als dem, in welchem sich der Sitz des Arbeitgebers befindet und sich auf Informationstechnologie stützt, um mit der Arbeitsumgebung des Arbeitgebers sowie zu Beteiligten/Kunden in Verbindung zu bleiben, um die vom Arbeitgeber übertragenen Aufgaben zu erfüllen. Obwohl das Arbeiten per IT-Verbindung zwingende Voraussetzung ist, muss diese nicht dauerhaft während der gesamten Arbeitszeit bestehen. Es wäre beispielsweise auch zulässig, sich zu Arbeitsbeginn bestimmte Aufgaben herunterzuladen und diese offline zu erledigen.

Beispiel

Frau Schulze arbeitet in Vollzeit, ihr stehen 30 Tage Erholungsurlaub im Jahr zu. Bei 250 Arbeitstagen im Jahr ist der Anteil der Telearbeit im Wohnstaat entsprechend auf Basis von 220 Tagen zu berechnen. Um die 49,99% nicht zu überschreiten, dürfen somit planmäßig maximal 109 Tage Telearbeit im Wohnstaat erbracht werden. Ob Frau Schulze in diesem Jahr arbeitsunfähig ist, an wie vielen Tagen sie arbeitsunfähig ist und wo sie gearbeitet hätte, ändert daran nichts. Auch gelegentliche, spontane Dienstreisen sind unschädlich für die Anwendung des  Rahmenübereinkommens. Für sie sind jeweils im Rahmen von Entsendungen nach Art. 12 Abs. 1 VO (EG) 883/04 die A1-Bescheinigungen zu beantragen.

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Autor(en)


Steffen Pasler
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht

Mail: rostock@etl-rechtsanwaelte.de


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