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Trennung durch Auszug aus der Ehewohnung?

Frage des Tages
28.04.2023

Trennung durch Auszug aus der Ehewohnung?

Das Oberlandesgericht (OLG) Brandenburg ist der Auffassung, dass der Auszug eines Ehepartners aus der Ehewohnung grundsätzlich den Trennungszeitpunkt bestimmt (OLG Brandenburg, Beschl. v. 03.02.2023 – 13 UF 125/22, NJW-Spezial 2023, 198). In den Entscheidungsgründen heißt es:

„Der zwischen den Beteiligten unstreitig zum 01.11.2018 erfolgte Auszug der Antragsgegnerin aus der Ehewohnung stellt den ´Regelfall´ einer Aufhebung der häuslichen Gemeinschaft dar (vgl. MüKoBGB/Weber, 9. Aufl. 2022, § 1567 BGB Rn. 15); die tatsächliche Aufhebung der häuslichen Gemeinschaft wird vom Antragsteller auch nicht in Abrede gestellt. Die Aufhebung der häuslichen Gemeinschaft ohne äußere Gründe lässt regelmäßig den Schluss auf einen Trennungswillen zu (BGH NJW 1981, 449; MüKoBGB/Weber § 1567 BGB Rn. 42, 51; BeckOGK/S. Kappler, 11.8.2021, § 1567 BGB Rn. 55).

Der Einwand des Antragstellers, die Aufhebung der häuslichen Gemeinschaft sei am 01.11.2018 zunächst nur erfolgt, um Abstand zu gewinnen, verfängt nicht. Der Trennungswille ist nicht in die Zukunft gerichtet, sondern bezieht sich auf den gegenwärtigen Zustand: Es genügt, dass die häusliche Gemeinschaft nach der Vorstellung eines Ehegatten eine gewisse Zeit lang nicht bestehen soll, auch wenn dies der Gewinnung von Klarheit über die Beziehung dienen soll (BeckOGK/S. Kappler § 1567 BGB Rn. 58; MüKoBGB/Weber § 1567 BGB Rn. 34). Dem Trennungswillen der Antragsgegnerin zum Zeitpunkt ihres Auszugs steht deshalb auch nicht entgegen, dass sie den Mietvertrag für die neue Wohnung bereits am 31.08.2018 abgeschlossen hat; dieser Umstand ist für das Bestehen und die Manifestation des Trennungswillens zum Zeitpunkt des Auszugs irrelevant.

Die Zustimmung der Antragsgegnerin zu einer gemeinsamen steuerlichen Veranlagung für das Kalenderjahr 2019 bietet auch keine hinreichenden Anhaltspunkte für eine etwa nach (erster) Trennung am 01.11.2018 erfolgte Versöhnung mit der Folge, dass für das hier in Rede stehende Verfahren nicht auf den Zeitpunkt des (erstmals) manifestierten Trennungswillens, sondern auf (irgendeinen) späteren Termin abzustellen wäre. Eine erfolgreiche Versöhnung setzt voraus, dass die Ehegatten einverständlich von ihrer Trennung Abstand nehmen, also die häusliche Gemeinschaft – bei fortdauernd getrennten Wohnsitzen jedenfalls zumindest zum Teil – wieder aufgenommen und den Willen zur Fortführung der Ehe gefasst haben (OLG Köln FamRZ 2002, 239; BeckOGK/S. Kappler § 1567 BGB Rn. 85). Hierfür ist nichts ersichtlich, insbesondere vom Antragsteller auch nichts vorgetragen. Allein die Möglichkeit, dass sich die Antragsgegnerin gegebenenfalls ansonsten auf eine gemeinsame steuerliche Veranlagung, die nicht den Anforderungen des § 26 Abs. 1 EStG entspricht, eingelassen haben könnte, lässt, anders als das Amtsgericht meint, keinen zwingenden Rückschluss auf eine zwischenzeitliche Versöhnung und einen dieser nachfolgenden späteren als den von der Antragsgegnerin substantiiert dargelegten Trennungszeitpunkt zu.

Schließlich verfängt auch der Einwand des Antragstellers nicht, die Antragsgegnerin habe ihm ihren Trennungswillen nicht kundgetan. Die Manifestation des Trennungswillens setzt nicht voraus, dass der andere Ehegatte die Trennungsabsicht tatsächlich erkennt (MüKoBGB/Weber BGB § 1567 Rn. 41). Die Absicht des Ehegatten, die häusliche Gemeinschaft abzulehnen, muss zwar erkennbar sein, aber nicht die Form einer Willenserklärung haben (MüKoBGB/Weber BGB § 1567 Rn. 40). Es ist auch im Übrigen nicht ersichtlich und vom Antragsteller nicht vorgetragen, weswegen sich in dem Auszug der Antragsgegnerin am 1.11.2018 nicht ihr Trennungswille manifestiert haben könnte. Der Einwand, er habe mit der Antragsgegnerin nach ihrem Auszug weiterhin freundlichen Kontakt gepflegt und sie besucht, genügt hierfür nicht.“

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Autor(en)


Daniela Wackerbarth
Rechtsanwältin
Fachanwältin für Familienrecht

Mail: koeln@etl-rechtsanwaelte.de


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