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Kein Geld für nicht genommenen Erholungsurlaub von mehr als 20 Tagen?

Aktuelles
12.07.2022

Kein Geld für nicht genommenen Erholungsurlaub von mehr als 20 Tagen?

Das Verwaltungsgericht (VG) Berlin hatte über einen Fall zu entscheiden, der im Zusammenhang mit dem Urlaubsrecht und dem Tod eines Beamten stand (VG Berlin, Gerichtsbescheid v. 19.052022 – VG 28 K 563.19.

In der Pressemitteilung Nr. 25/2022 des Gerichts v. 27.06.2022 heißt es:

„Die Erben eines verstorbenen Beamten haben keinen unbegrenzten Anspruch auf den finanziellen Ausgleich nicht genommenen Erholungsurlaubs. Dies hat das Verwaltungsgericht Berlin entschieden.

Die Kläger sind die Erben einer 2018 verstorbenen Landesbeamtin. Sie war von März 2016 an bis zu ihrem Tod dienstunfähig erkrankt. Bis dahin hatte sie insgesamt 64 Tage des ihr zustehenden Urlaubs nicht genommen. Der Dienstherr erkannte den Erben eine finanzielle Abgeltung in Höhe von etwa 9.400,- Euro für 46 Urlaubstage zu, gewährte aber keine darüberhinausgehende finanzielle Abgeltung von Erholungsurlaub. Der Anspruch werde durch den vierwöchigen unionsrechtlich gewährleisteten Mindesturlaub begrenzt. Nach erfolglosem Vorverfahren und der Ablehnung einer überdies geforderten Abgeltung für von der Erblasserin geleisteten Überstunden haben die Erben Klage erhoben, mit der sie die Zahlung von ca. 3.700,- Euro (Resturlaub) und ca. 860,- Euro (Überstunden) begehrten.

Die 28. Kammer des Verwaltungsgerichts hat die Klage abgewiesen. Zwar hätten die Erben einen grundsätzlichen Anspruch auf die finanzielle Abgeltung des nicht genommenen Erholungsurlaubs, der auf den Erben übergehe. Der Anspruch sei aber auf das unionsrechtlich gewährleistete Minimum von 20 Urlaubstagen bei einer fünftätigen Arbeitswoche begrenzt. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs seien die Mitgliedstaaten nicht verpflichtet, weitere Ansprüche auf bezahlten Urlaub zu gewähren und für den Fall, dass dieser nicht in Anspruch genommen wurde, eine finanzielle Vergütung vorzusehen. Die einschlägige Richtlinie 2003/88/EG beschränke sich vielmehr auf die Aufstellung von Mindestvorschriften für Sicherheit und Gesundheitsschutz. Für den überdies geltend gemachten Anspruch auf Gewährung einer Vergütung für geleistete Überstunden fehle es im konkreten Fall an einer Anspruchsgrundlage. Denn die Mehrarbeit sei hier schon nicht vom Dienstherrn angeordnet worden; im Übrigen habe die Zahl der geleisteten Überstunden den Umfang von durchschnittlich mehr als fünf Stunden im Kalendermonat nicht erreicht.

Der Gerichtsbescheid ist rechtskräftig.“

Ergänzende Hinweise

Ob die Entscheidung des VG auf das gesamte Arbeitsrecht – also auch außerhalb beamtenrechtlicher Rechtsverhältnisse – übertragen werden kann, bleibt einstweilen ungeklärt. Eine pauschale Begrenzung der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) auf den unionsrechtlich garantierten Mindesturlaub ist bislang keinesfalls sicher, insbesondere dann nicht, wenn beispielsweise der Arbeitsvertrag nicht zwischen dem gesetzlichen Mindesturlaub und einem darüber hinausgehenden Mehrurlaub unterscheidet.

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Dr. Stefan Müller-Thele
Rechtsanwalt

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Dr. Uwe P. Schlegel
Rechtsanwalt

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