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Verstößt die die Kündigung des Arbeitsverhältnisses einer nicht gegen das Coronavirus geimpften medizinischen Fachangestellten gegen § 612a BGB?

Verstößt die die Kündigung des Arbeitsverhältnisses einer nicht gegen das Coronavirus geimpften medizinischen Fachangestellten gegen § 612a BGB?
Frage des Tages
14.04.2023

Verstößt die die Kündigung des Arbeitsverhältnisses einer nicht gegen das Coronavirus geimpften medizinischen Fachangestellten gegen § 612a BGB?

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat wie folgt entschieden (BAG, Urt. v. 30.03.2023 – 2 AZR 309/22):

„Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses einer nicht gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 geimpften medizinischen Fachangestellten zum Schutz von Patienten und der übrigen Belegschaft vor einer Infektion verstößt nicht gegen das Maßregelungsverbot des § 612a BGB.“

In der Pressemitteilung des Gerichts 18/23 v. 30.03.2023 heißt es weiter:

„Die Klägerin arbeitete seit dem 1. Februar 2021 als medizinische Fachangestellte bei der Beklagten, die ein Krankenhaus betreibt. Die Klägerin wurde auf verschiedenen Stationen in der Patientenversorgung eingesetzt. Sie war nicht bereit, sich einer Impfung gegen SARS-CoV-2 zu unterziehen und nahm entsprechende Impfangebote ihrer Arbeitgeberin nicht wahr. Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis innerhalb der Wartezeit des § 1 Abs. 1 KSchG mit Schreiben vom 22. Juli 2021 ordentlich fristgemäß zum 31. August 2021. Hiergegen hat sich die Klägerin mit ihrer Klage gewandt und insbesondere geltend gemacht, die Kündigung verstoße gegen das Maßregelungsverbot des § 612a BGB. Vor Wirksamwerden der ab dem 15. März 2022 geltenden Pflicht zur Vorlage eines Impf- oder Genesenennachweises für das Krankenhauspersonal (vgl. § 20a IfSG) sei sie nicht zu einer Impfung verpflichtet gewesen.

Das Landesarbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Revision der Klägerin hatte vor dem Zweiten Senat des Bundesarbeitsgerichts keinen Erfolg. Das Berufungsgericht hat zutreffend angenommen, dass die Kündigung nicht gegen das Maßregelungsverbot des § 612a BGB verstößt. Es fehlt an der dafür erforderlichen Kausalität zwischen der Ausübung von Rechten durch den Arbeitnehmer und der benachteiligenden Maßnahme des Arbeitgebers. Das wesentliche Motiv für die Kündigung war nicht die Weigerung der Klägerin, sich einer Impfung gegen SARS-CoV-2 zu unterziehen, sondern der beabsichtigte Schutz der Krankenhauspatienten und der übrigen Belegschaft vor einer Infektion durch nicht geimpftes medizinisches Fachpersonal. Dabei ist es rechtlich ohne Bedeutung, dass die Kündigung vor Inkrafttreten der gesetzlichen Impfpflicht erklärt worden ist. Auch unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten bestehen keine Bedenken an der Wirksamkeit der Kündigung.“

Ergänzende Hinweise

Das Gericht hat nicht entschieden, ob die Kündigung eines Arbeitgebers unter den vorerwähnten Umständen sozialwidrig im Sinne von § 1 KSchG gewesen wäre, denn in dem vorliegend entschiedenen Fall war die Wartezeit von sechs Monaten noch nicht abgelaufen. Somit unterfiel die durch den Arbeitgeber ausgesprochene Kündigung nicht dem Kündigungsschutzgesetz.

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Autor(en)


Dr. Stefan Müller-Thele
Rechtsanwalt

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