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Zum Anspruch auf Übertragung eines hälftigen Miteigentumsanteils an einem Grundstück aufgrund mündlicher Vereinbarung im Zusammenhang mit dem Scheitern einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft

Keine Gründung einer GbR im konkreten Fall
Zum Anspruch auf Übertragung eines hälftigen Miteigentumsanteils an einem Grundstück aufgrund mündlicher Vereinbarung im Zusammenhang mit dem Scheitern einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft
Aktuelles
31.08.2022

Zum Anspruch auf Übertragung eines hälftigen Miteigentumsanteils an einem Grundstück aufgrund mündlicher Vereinbarung im Zusammenhang mit dem Scheitern einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft

Keine Gründung einer GbR im konkreten Fall

Siehe dazu OLG Hamm, Urt. v. 06.04.2022 – 8 U 172/22:

„Die Klägerin hat gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Übertragung des hälftigen Miteigentumsanteils an dem im Klage- und Berufungsantrag bezeichneten Grundstück aufgrund einer mündlichen Vereinbarung der Parteien gemäß § 311 Abs. 1 BGB.

a) Es kann dahinstehen, ob die Parteien die umstrittene Vereinbarung zur Übertragung des hälftigen Miteigentumsanteils am Grundstück getroffen haben. Das Landgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass eine solche mündliche Vereinbarung formnichtig ist (§§ 311b Abs. 1 Satz 1, 125 Satz 1 BGB).

Ein Vertrag, durch den sich der eine Teil verpflichtet, das Eigentum an einem Grundstück zu übertragen, bedarf der notariellen Beurkundung (§ 311b Abs. 1 Satz 1 BGB). Ein Verstoß gegen die Formvorschrift führt zur Nichtigkeit (§ 125 Satz 1 BGB).

Die Parteien haben unstreitig keinen Notarvertrag geschlossen. Der Beklagte hat die von den Parteien angestrebte notarielle Beurkundung einer Grundstücksübertragung abgelehnt. Der Entwurf des Notars aus Januar 2019 und eine etwaige mündliche Vereinbarung der Parteien genügen nicht.

b) Die Berufung des Beklagte auf die Formunwirksamkeit ist nicht treuwidrig (§ 242 BGB).

aa) Der Gesetzgeber hat die Form des Rechtsgeschäfts der Disposition der Parteien entzogen, so dass nach der Rechtsprechung besonders strenge Anforderungen an den Grundsatz von Treu und Glauben zu stellen sind. Eine Berufung auf die Formnichtigkeit ist nur ausgeschlossen, wenn die Rechtsfolgen der Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts für die betroffene Partei nicht nur hart, sondern schlechthin untragbar sind, etwa bei Existenzvernichtung oder besonders schwerer Treuepflichtverletzung (vgl. BGH, Urteile vom 16.07.2004, V ZR 222/03, WM 2005, 991; vom 24.04.1998, V ZR 197/97, juris Rn. 18; Ellenberger in Grüneberg, BGB, 81. Aufl., § 125 Rn. 22 ff.; Einsele in MüKo-BGB. 9. Aufl., § 125 Rn. 58 ff.; jeweils mwN). Allerdings ist selbst dann eine Berufung auf einen Verstoß gegen Treu und Glauben ausgeschlossen, wenn beide Parteien die Formbedürftigkeit des Rechtsgeschäfts kannten (vgl. BGH, Urteile vom 22.06.1973, V ZR 146/71, NJW 1973, 1455; vom 21.03.1969, V ZR 87/67, NJW 1969, 1167; vom 09.03.1965, V ZR 97/62, LM BGB § 313 Nr. 23; Ellenberger in Grüneberg, BGB, 81. Aufl., § 125 Rn. 25; Einsele in MüKo-BGB. 9. Aufl., § 125 Rn. 62).

bb) Nach diesen Vorgaben kann sich die Klägerin nicht darauf berufen, dass der Beklagte sich treuwidrig auf die Formvorschrift beruft.

Sie hat nicht aufgezeigt, dass die Nichtigkeit der Vereinbarung für sie schlechthin untragbar ist. Etwaige von ihr getätigte Investitionen in das Grundstück – selbst im großen Umfang – genügen hierfür nicht. Die Investitionen beruhen auf einem eigenen Entschluss der Klägerin nach der Trennung. Außerdem ist sie ebenso wie der Beklagte hälftige Miteigentümerin des Grundstücks und nutzt das inzwischen fertiggestellte Einfamilienhaus alleine. Sie profitiert daher unmittelbar selbst von ihren Aufwendungen.

Ungeachtet dessen ist die Berufung auf den Grundsatz von Treu und Glauben ausgeschlossen. Beide Parteien kannten die Formbedürftigkeit der Übertragung des hälftigen Miteigentumsanteils am Grundstück. Sie haben den gemeinsamen Erwerb des Grundstücks vor dem Notar beurkunden lassen. Nach der Trennung wollten sie die Übertragung des hälftigen Miteigentumsanteils am Grundstück vom Beklagten auf die Klägerin notariell beurkunden lassen.

  1. b) Die Klägerin kann ihr Klagebegehren auch nicht auf eine mündlich vereinbarte Auseinandersetzung einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts gemäß § 730 BGB stützen.
  2. aa) Die Parteien haben keine Gesellschaft bürgerlichen Rechts gegründet, weil sie keinen (konkludenten) Gesellschaftsvertrag i.S.v. § 705 BGB ´zur Errichtung eines Einfamilienhauses´ geschlossen haben.

Nach dem Vortrag der Klägerin sind die Parteien ´im Hinblick auf die zukünftige Lebensgestaltung´ übereingekommen, ´gemeinsam ein Baugrundstück zu erwerben und hierauf ein Einfamilienhaus zu errichten, das zukünftig gemeinsam bewohnt werden sollte´ (vgl. S. 2 der Klageschrift). Verfolgen die Partner – wie hier – einen Zweck, der nicht über die Verwirklichung der Beziehung hinausgeht, bestehen grundsätzlich Zweifel an dem für einen Gesellschaftsvertrag erforderlichen Rechtsbindungswillen. Davon abgesehen bestand kein Bedürfnis für eine gesellschaftsvertragliche Regelung. Beide Parteien gingen davon aus, alle Kosten hälftig aufzuteilen. Dementsprechend haben sie Verträge abgeschlossen, wonach sie die Kosten für das Grundstück (Darlehensvertrag zwischen den Parteien) und die Investitionen für das Einfamilienhaus (Darlehensvertrag mit der Xbank) jeweils zur Hälfte tragen. Darin liegen eigenständige Vereinbarungen, die der Annahme eines schlüssigen Zustandekommens eines Gesellschaftsvertrages entgegenstehen (vgl. BGH, Urteile vom 09.07.2008, XII ZR 39/06, juris Rn. 13 ff.; vom 09.07.2008, XII ZR 179/05, juris Rn. 22).

bb) Zudem ist eine mündliche Vereinbarung über die Auseinandersetzung einer Gesellschaft, mit der ein hälftiger Miteigentumsanteils an einem Grundstück übertragen werden soll, formnichtig, weil das Formerfordernis des § 311b Abs. 1 Satz 1 BGB auch für Auseinandersetzungsvereinbarungen zwischen Gesellschaftern gilt (vgl. BGH, Urteil vom 13. 2. 1996, XI ZR 239/94, DNotZ 1997, 40).

c) Schließlich hat die Klägerin keine gesetzlichen Ausgleichsansprüche nach Beendigung einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft.

aa) Zwar kommen nach Beendigung einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft wegen wesentlicher Beiträge eines Partners, mit denen ein Vermögenswert von erheblicher wirtschaftlicher Bedeutung geschaffen wurde, Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung (§ 812 Abs. 1 Satz 2, 2. Alt. BGB) und nach den Grundsätzen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) in Betracht (vgl. BGH, Urteile vom 09.07.2008, XII ZR 39/06, NJW 2008, 3282; vom 09.07.2008, XII ZR 179/05, NJW 2008, 3277). Das kann etwa der Fall sein, wenn die Partner Miteigentümer einer Immobilie je zur Hälfte sind, der eine aber erheblich höhere Beiträge hierzu geleistet hat als der andere (vgl. BGH, Urteil vom 09.07.2008, XII ZR 39/06, NJW 2008, 3282).

bb) Die Voraussetzungen für solche Ausgleichsansprüche liegen aber nicht vor.

Die Klägerin hat nicht hinreichend dargetan, dass die Parteien vor ihrer Trennung eine nichteheliche Lebensgemeinschaft führten. Sie ist den substantiierten Ausführungen des Beklagten in der Berufungserwiderung, wonach dies nicht der Fall war (keine häusliche Gemeinschaft, keine Wirtschaftsgemeinschaft, keine gemeinsame Lebensführung, keine Kinder, kein gemeinsames Konto, Integration im jeweiligen Elternhaus, nur gelegentliche Kontakte beim Hobby), nicht entgegengetreten. Der Vortrag des Beklagten gilt daher als zugestanden (§ 138 Abs. 3 ZPO).

Außerdem hat die Klägerin dem Beklagten keine ´gemeinschaftsbezogene´ Zuwendung gemacht. Der Beklagte hat seinen hälftigen Miteigentumsanteil am Grundstück selbst erworben. Die Investitionen der Klägerin in das gemeinsame Grundstück erfolgten nach Beendigung der Beziehung. Sie dienten nicht der Verwirklichung einer Lebensgemeinschaft. Ohnehin kann eine Zuwendung der Klägerin an den Beklagten nicht angenommen werden, soweit sie die Investitionen in das Grundstück mit dem Bankdarlehen finanziert hat, das die Parteien gemeinsam aufgenommen haben. Insoweit liegt keine einseitige Zuwendung, sondern eine gemeinsame Aufwendung vor.

Entgegen der Ansicht der Klägerin kommt eine Übertragung der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auf Zuwendungen, die erst nach Beendigung der Beziehung getätigt werden, nicht in Betracht. Hintergrund für den Ausgleichsanspruch ist, dass der ´gemeinschaftsbezogenen Zuwendung´ die Vorstellung oder Erwartung des Zuwendenden zugrunde liegt, dass die Lebensgemeinschaft, deren Ausgestaltung sie gedient hat, gerade Bestand haben wird (vgl. BGH, Urteil vom 09.07.2008, XII ZR 179/05, juris Rn. 40, 43). Das ist hier wegen der vorangegangenen Trennung der Parteien gerade nicht der Fall.“

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Pia Roggendorff-Jentsch
Rechtsanwältin
Fachanwältin für Erbrecht

Mail: koeln@etl-rechtsanwaelte.de


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Daniela Wackerbarth
Rechtsanwältin
Fachanwältin für Familienrecht

Mail: koeln@etl-rechtsanwaelte.de


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