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Zur fristlosen Kündigung wegen Arbeitszeitbetrugs - Einzelfallentscheidung

Zur fristlosen Kündigung wegen Arbeitszeitbetrugs - Einzelfallentscheidung
Aktuelles
19.06.2023 — zuletzt aktualisiert: 29.06.2023

Zur fristlosen Kündigung wegen Arbeitszeitbetrugs - Einzelfallentscheidung

Die durch einen Arbeitnehmer vorsätzlich unterlassene Eintragung einer Arbeitspause in das Zeiterfassungssystem des Arbeitgebers kann selbst dann ein Grund für eine fristlose Kündigung sein, wenn es sich um ein einmaliges Vergehen und um eine vergleichsweise kurzzeitige Pause gehandelt hat (hier etwa 10 Minuten). Dies hat das LAG Hamm entschieden (LAG Hamm, Urt. v. 27.01.2023 – 13 Sa 1007/22).

Die Arbeitnehmerin hatte jedenfalls an einem Tag ihren Arbeitsplatz für mindestens zehn Minuten verlassen, ohne das von dem Arbeitgeber installierte Zeiterfassungssystem zu betätigen, um in einem Café einen Kaffee zu trinken. Von dem Arbeitgeber nach ihrer Rückkehr darauf angesprochen, hat die Arbeitnehmerin zunächst geleugnet, während ihrer Arbeitszeit in dem Café gewesen zu sein. Auch auf den Vorhalt des Arbeitgebers, dass er die Arbeitnehmerin persönlich in dem Café beobachtet habe, hielt die Arbeitnehmerin zunächst an ihrer Behauptung fest. Erst nachdem der Arbeitgeber darauf hinwies, dass er davon Fotos angefertigt habe, hat die Arbeitnehmerin ihr Vergehen eingeräumt.

Auszugsweise heißt es in der Entscheidung:

„Die Klägerin beruft sich insoweit ohne Erfolg in ihrer Berufungsbegründung darauf, dass sie „nur kurz“ Kaffee trinken gewesen sei und dass es sich nur um ein einmaliges Vergehen gehandelt habe. Denn entscheidend sind weder die Dauer des Arbeitszeitbetruges, noch die Häufigkeit. Ein wichtiger Grund iSv § 626 Abs. 1 BGB kann grundsätzlich auch vorliegen, wenn es sich nur um einen einmaligen Vorfall gehandelt hat, der nur zu einem geringen wirtschaftlichen Schaden geführt hat (vgl. BAG, Urteil vom 06. September 2007 – 2 AZR 264/06 – Rn.23, juris).“

(…).

Der vorsätzliche Verstoß eines Arbeitnehmers gegen seine Verpflichtung, die abgeleistete, vom Arbeitgeber nur schwer zu kontrollierende Arbeitszeit korrekt zu dokumentieren, ist an sich geeignet, einen wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung iSv. § 626 Abs. 1 BGB darzustellen. Dies gilt für den vorsätzlichen Missbrauch einer Stempeluhr ebenso wie für das wissentliche und vorsätzlich falsche Ausstellen entsprechender Formulare. Dabei kommt es nicht entscheidend auf die strafrechtliche Würdigung an, sondern auf den mit der Pflichtverletzung verbundenen schweren Vertrauensbruch. Der Arbeitgeber muss auf eine korrekte Dokumentation der Arbeitszeit seiner Arbeitnehmer vertrauen können. Überträgt er den Nachweis der geleisteten Arbeitszeit den Arbeitnehmern selbst und missbraucht der Arbeitnehmer wissentlich und vorsätzlich das dafür bereitgestellte Arbeitszeiterfassungssystem, so stellt dies in aller Regel einen schweren Vertrauensmissbrauch dar. Der Arbeitnehmer verletzt damit in erheblicher Weise seine Pflicht zur Rücksichtnahme (§ 241 Abs. 2 BGB) gegenüber dem Arbeitgeber (BAG, Urteile vom 13. Dezember 2018 – 2 AZR 370/18 –, Rn. 17, juris; vom 26. September 2013 – 2 AZR 682/12 – Rn. 54, juris; vom 9. Juni 2011 – 2 AZR 381/10 – Rn. 14 mwN – juris).“

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Dr. Uwe P. Schlegel
Rechtsanwalt

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Rüdiger Soltyszeck, LL.M.
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht

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