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Kein Versorgungsausgleich bei vermögenden Ehegatten?

Kein Versorgungsausgleich bei vermögenden Ehegatten?
Frage der Woche
08.04.2024 — Lesezeit: 3 Minuten

Kein Versorgungsausgleich bei vermögenden Ehegatten?

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat sich mit einem Härtefall im Sinne von § 27 VersAusglG bei vermögenden Ehegatten befasst (BGH, Beschl. v. 31.01.2024 – XII ZB 259/23). In den Entscheidungsgründen heißt es:

„Gemäß § 27 VersAusglG findet ein Versorgungsausgleich ausnahmsweise nicht statt, soweit er grob unbillig wäre. Dies ist nur der Fall, wenn die gesamten Umstände des Einzelfalls es rechtfertigen, von der Halbteilung abzuweichen.

(…) Ob und in welchem Umfang die Durchführung des Versorgungsausgleichs grob unbillig erscheint, unterliegt grundsätzlich der tatrichterlichen Beurteilung. Diese ist im Verfahren der Rechtsbeschwerde nur daraufhin zu überprüfen, ob alle wesentlichen Umstände berücksichtigt wurden und das Ermessen in einer dem Gesetzeszweck entsprechenden Weise ausgeübt worden ist (Senatsbeschluss vom 9. September 2015 – XII ZB 211/15 – FamRZ 2016, 35 Rn. 19 mwN).

Dabei erfordert § 27 VersAusglG für einen Ausschluss oder eine Herabsetzung des Wertausgleichs eine grobe Unbilligkeit, d.h. eine rein schematische Durchführung des Versorgungsausgleichs muss unter den besonderen Gegebenheiten des konkreten Falles dem Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, nämlich eine dauerhaft gleichmäßige Teilhabe beider Ehegatten an den in der Ehezeit erworbenen Versorgungsanrechten zu gewährleisten, in unerträglicher Weise widersprechen. Die grobe Unbilligkeit muss sich wegen des Ausnahmecharakters von § 27 VersAusglG im Einzelfall aus einer Gesamtabwägung der wirtschaftlichen, sozialen und persönlichen Verhältnisse beider Ehegatten ergeben (Senatsbeschluss vom 9. September 2015 – XII ZB 211/15 – FamRZ 2016, 35 Rn. 20 mwN).

Dies ist nach ständiger Rechtsprechung des Senats grundsätzlich erst dann der Fall, wenn im Zeitpunkt der Entscheidung über den Versorgungsausgleich klar abzusehen ist, dass zum einen der auf Grundlage einer Vorsorgevermögensbilanz insgesamt ausgleichsberechtigte Ehegatte über so hohes Einkommen bzw. Vermögen verfügen wird, dass seine Altersversorgung voll abgesichert ist, während zum anderen der insgesamt ausgleichspflichtige Ehegatte auf die ehezeitlich erworbenen Versorgungsanrechte zur Sicherung seines Unterhalts dringend angewiesen ist (Senatsbeschluss vom 8. April 2015 – XII ZB 428/12 – FamRZ 2015, 1001 Rn. 21 mwN).

(…) Nach diesen Maßstäben hätte das Oberlandesgericht das Vorliegen eines Härtefalls iSd § 27 VersAusglG nicht annehmen dürfen. Nach den getroffenen Feststellungen ist zwar die Altersvorsorge der Ehefrau bereits aufgrund ihres vorhandenen Vermögens, der daraus zu erzielenden Einkünfte und ihrer selbst erworbenen Anrechte vollständig gesichert und ist sie nicht auf die Übertragung weiterer Anrechte durch den Ehemann als insgesamt ausgleichspflichtigen Ehegatten angewiesen.

Entgegen der Auffassung des Oberlandesgerichts fehlt es nach den getroffenen Feststellungen jedoch an der Voraussetzung, dass der Ehemann auf die ehezeitlich erworbenen Versorgungsanrechte zur Sicherung seines Unterhalts in einer Weise dringend angewiesen ist, die es rechtfertigt, von dem Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, nämlich eine dauerhaft gleichmäßige Teilhabe beider Ehegatten an den in der Ehezeit erworbenen Versorgungsanrechten zu gewährleisten, abzuweichen. Er verfügt über ehezeitliche Versorgungsanrechte in der berufsständischen Versorgung, die auch nach der Teilung noch eine bei ihm verbleibende Versorgung oberhalb eines durchschnittlichen Renteneinkommens gewährleisten. Hinzu kommt der Erwerb von ehezeitlichen Anrechten der Ehefrau in der Ärzteversorgung und in der gesetzlichen Rentenversicherung durch den Versorgungsausgleich. Vermögenswerte sind festgestellt im Umfang einer Lebensversicherung mit einem Rückkaufswert von mindestens 60.000 € zuzüglich eines möglicherweise realisierbaren Verkaufspreises für die derzeit noch betriebene Arztpraxis.“

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Autor(en)


Daniela Wackerbarth
Rechtsanwältin
Fachanwältin für Familienrecht

Mail: koeln@etl-rechtsanwaelte.de


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