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Zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses mit einer Hauswirtschafterin durch nur einen Ehepartner

Zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses mit einer Hauswirtschafterin durch nur einen Ehepartner
Aktuelles
21.01.2022

Zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses mit einer Hauswirtschafterin durch nur einen Ehepartner

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat sich mit der Kündigung des Arbeitsverhältnisses mit einer Hauswirtschafterin durch nur einen Ehepartner befasst (BAG, Urt. v. 18.11.2021 – 2 AZR 229/21). Im Ergebnis hält das Gericht die Kündigung für wirksam.

In den Entscheidungsgründen heißt es:

„II. Die gegenüber der Klägerin ausgesprochene Kündigung ist nicht nach §§ 623, 134 BGB nichtig, weil das Schreiben vom 18. April 2019 nicht vom Beklagten zu 2. unterzeichnet worden ist. Dessen bedurfte es mangels Arbeitgeberstellung des Beklagten zu 2. nicht.

1. Die Klägerin behauptet selbst nicht, auch mit dem Beklagten zu 2. einen schriftlichen oder mündlichen Arbeitsvertrag iSv. § 611a BGB geschlossen zu haben.

2. Das Landesarbeitsgericht hat ohne Rechtsfehler angenommen, dass die für das Vorliegen der ihr günstigen Umstände nach den allgemeinen zivilprozessualen Grundsätzen darlegungs- und beweisbelastete Klägerin (vgl. BAG 28. Februar 2019 – 8 AZR 201/18 – Rn. 32, BAGE 166, 54) keine gemeinsame Arbeitgeberstellung der beklagten Eheleute im Rahmen einer konkludenten Vereinbarung (vgl. BAG 28. April 2021 – 7 AZR 212/20 – Rn. 19) schlüssig vorgetragen hat.

a) Die Auslegung nichttypischer Erklärungen obliegt in erster Linie den Gerichten der Tatsacheninstanzen. Sie kann vom Revisionsgericht nur daraufhin überprüft werden, ob das Berufungsgericht Auslegungsregeln (§§ 133, 157 BGB) verletzt, gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstoßen oder wesentliche Tatsachen unberücksichtigt gelassen hat (st. Rspr., vgl. BAG 14. Dezember 2016 – 7 AZR 756/14 – Rn. 19). Diese Grundsätze gelten auch, wenn es um die Frage geht, ob überhaupt eine Willenserklärung vorliegt (BAG 28. April 2021 – 7 AZR 212/20 – Rn. 20).

b) Nach diesem Maßstab ist die Ansicht des Landesarbeitsgerichts, wonach es keinen konkludenten Abschluss eines (gleichzeitig mit der Beklagten zu 1. bestehenden) Arbeitsvertrags zwischen der Klägerin und dem Beklagten zu 2. gab, revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

aa) Das Berufungsgericht hat in den Blick genommen, dass der Aushang, auf den sich die Klägerin gemeldet hat, allein von der Beklagten zu 1. erstellt wurde, der Beklagte zu 2. an einem daraufhin durchgeführten persönlichen Treffen, das zur Arbeitsaufnahme der Klägerin führte, nicht teilgenommen und diese auch nicht vorgetragen hat, welche Arbeitsanweisungen im Einzelnen ihr angeblich vom Beklagten zu 2. erteilt wurden. Dabei hat das Landesarbeitsgericht auch außerhalb einer etwaigen Vereinbarung liegende Umstände – insbesondere die Meldungen an die Minijob-Zentrale der Knappschaft, die von der Klägerin mit Unterschrift bestätigt wurden und allein die Beklagte zu 1. als Arbeitgeberin ausweisen – berücksichtigt. Der daraus vom Landesarbeitsgericht gezogene Schluss, dass eine arbeitsvertragliche Berechtigung oder Verpflichtung des Beklagten zu 2. von keiner Seite gewollt gewesen sei, verstößt nicht gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze und lässt keine wesentlichen Tatsachen unberücksichtigt.

bb) Die in der Revision vertieften Ausführungen der Klägerin rechtfertigen keine abweichende Beurteilung. Der Umstand, dass sie im Haushalt beider Beklagten tätig war, begründet für sich genommen keine Arbeitgeberstellung des Beklagten zu 2., wenn jedenfalls die Beklagte zu 1. Arbeitgeberin war. Allein der Umstand, dass ein Dritter persönliche Vorteile aus einem anderweitig bestehenden Arbeitsverhältnis zieht, begründet keine konkludente Vereinbarung, dass er in Rechte und Pflichten dieses Arbeitsverhältnisses eintritt. Es besteht weder ein Denkgesetz noch ein Erfahrungssatz, dass die Beteiligten stets die Erstreckung eines Vertragsverhältnisses auf die mittelbar davon Begünstigten durchführen wollen. Es gibt auch keine denklogische Verbindungslinie, nach der eine – im Übrigen bestrittene – Tätigkeit der Klägerin für die Unternehmensberatung der Beklagten zu 1. zur Arbeitgeberstellung des Beklagten zu 2. führen soll. Die weiteren Ausführungen der Klägerin, die auf den Bestand eines ´einheitlichen´ Arbeitsverhältnisses abzielen (vgl. dazu BAG 5. Dezember 2019 – 2 AZR 147/19 – Rn. 14 ff., BAGE 169, 38; 10. April 2014 – 2 AZR 647/13 – Rn. 27), verkennen, dass die von ihr zitierten Fundstellen aus Rechtsprechung und Schrifttum voraussetzen, dass überhaupt alle Beteiligten Partei des Arbeitsverhältnisses sind und es nur um die Frage von dessen ´Einheitlichkeit´ geht.

3. Das Landesarbeitsgericht hat ohne Rechtsfehler angenommen, dass eine Arbeitgeberstellung des Beklagten zu 2. nicht aus § 164 Abs. 1 BGB folgt, weil die Beklagte zu 1. eine entsprechende Willenserklärung für den Beklagten zu 2. abgegeben hätte.

a) Das Berufungsgericht hat berücksichtigt, dass die Haushaltstätigkeiten der Klägerin zwar auch dem Beklagten zu 2. zugutegekommen sind, es aber keine Anhaltspunkte für ein Handeln der Beklagten zu 1. in fremdem Namen mit Rechtsbindungswillen gegeben hat, zumal sie auch während des Arbeitsverhältnisses allein als Arbeitgeberin aufgetreten ist.

b) Diese Ausführungen sind aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Es sind keine Umstände festgestellt oder ersichtlich, dass die Beklagte zu 1. als Vertreterin des Beklagten zu 2. diesen mitverpflichtet hätte, wofür die Klägerin als diejenige, die ein Vertretergeschäft behauptet, die Darlegungs- und Beweislast trägt. Schon bei bloßen Zweifeln, ob ein Eigen- oder ein Vertretergeschäft vorliegt, wäre nach § 164 Abs. 2 BGB ein bloßes Eigengeschäft anzunehmen (Palandt/Ellenberger 80. Aufl. § 164 Rn. 4).

4. Das Landesarbeitsgericht hat ferner ohne Rechtsfehler angenommen, dass im Fall der Einstellung einer Haushaltshilfe nicht ´unabhängig von den inneren Vorstellungen der Parteien´ grundsätzlich von einem Vertragsschluss mit beiden Eheleuten ausgegangen werden muss (aA LAG Hamm 7. Oktober 2002 – 8 Sa 1758/01 – zu A II 1 a der Gründe).

a) Es spricht nichts dafür, dass ein von einem Ehegatten mit einem Arbeitnehmer in Bezug auf den eigenen Haushalt der Eheleute begründetes Arbeitsverhältnis – generell für diese Situation und unabhängig von den konkreten Erklärungen – stets den anderen Ehegatten als Arbeitgeber mitverpflichten soll. Hierzu gibt es weder eine ´Verkehrssitte´ noch würde solches der Interessenlage der Beteiligten entsprechen. Diese haben vielmehr regelmäßig gemäß dem ´Offenkundigkeitsprinzip´ (vgl. Palandt/Ellenberger 80. Aufl. Einf. vor § 164 Rn. 2) ein Interesse daran, dass eine Berechtigung und Verpflichtung eines Dritten nur eintritt, wenn der Vertreter ´erkennbar´ im Namen des Vertretenen auftritt. Solches kann aber allein aus dem Umstand eines gemeinsamen Haushalts nicht abgeleitet werden. Ein privater Haushalt ist auch weder ein „Unternehmen“ noch ein „Betrieb“ (vgl. BAG 11. Juni 2020 – 2 AZR 660/19 – Rn. 11 f., BAGE 171, 84), auf das bzw. den sich eine Einstellung beziehen könnte.

b) Die Ausführungen der Revision rechtfertigen keine andere Beurteilung. Die Klägerin behauptet weder das Bestehen einer für sie günstigen Verkehrssitte noch zeigt sie einen revisiblen Rechtsfehler bei der tatrichterlichen Würdigung des Berufungsgerichts auf.

5. Ein Verstoß gegen das Schriftformgebot aus § 623 BGB folgt nicht aus der Regelung des § 1357 Abs. 1 BGB. Dabei kann es dahinstehen, ob es sich bei dem Abschluss eines Arbeitsvertrags mit einer für den Haushalt eingestellten Arbeitskraft überhaupt um ein ´Geschäft zur angemessenen Deckung des Lebensbedarfs der Familie´ iSv. § 1357 Abs. 1 Satz 1 BGB handelt, durch dessen Abschluss nach Abs. 1 Satz 2 der Vorschrift auch der andere Ehegatte berechtigt und verpflichtet würde (vgl. dazu MüKoBGB/Roth 8. Aufl. § 1357 Rn. 23). Denn so wie es den Eheleuten durch die vorgenannte Vorschrift ermöglicht wird, für und gegen ihre jeweiligen Partner Rechte und Pflichten zu begründen, sind sie spiegelbildlich berechtigt, sich von der vertraglichen Vereinbarung mit Wirkung für und gegen den anderen wieder zu lösen (BGH 28. Februar 2018 – XII ZR 94/17 – Rn. 35 f., BGHZ 218, 34). Damit würde, selbst wenn die Beklagte zu 1. das Arbeitsverhältnis gemäß § 1357 Abs. 1 BGB ursprünglich auch mit Wirkung für den Beklagten zu 2. begründet haben sollte, dieses mit einer (wirksamen) Kündigung der Beklagten zu 1. auch gegenüber dem Beklagten zu 2. wieder beendet werden, ohne dass es seiner Beteiligung bedürfte.

6. Danach bedarf es keiner Entscheidung, ob die Regelung in § 1357 Abs. 1 BGB die Annahme nahelegt, dass ein Arbeitsverhältnis mit Eheleuten auch außerhalb des unmittelbaren Anwendungsbereichs der Norm stets von einem Ehegatten gekündigt werden kann.“

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Dr. Stefan Müller-Thele
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