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Fehlbetankung wird teuer

Bundesfinanzhof kippt Ansatz von außergewöhnlichen Reparaturkosten als Werbungskosten
Fehlbetankung wird teuer
Aktuelles
08.09.2014

Fehlbetankung wird teuer

Bundesfinanzhof kippt Ansatz von außergewöhnlichen Reparaturkosten als Werbungskosten

Kann ich hohe Reparaturkosten eines Fahrzeugs, das ich für den Weg zur Arbeit nutze, steuermindernd in der Einkommenssteuererklärung als Werbungskosten geltend machen?

Wie hat der Bundesfinanzhof dazu entschieden und was sind die tragenden Argumente und Hintergründe der Entscheidung?

Niemand freut sich, wenn Reparaturkosten für das Fahrzeug anfallen, das man jeden Tag auf dem Weg zur Arbeit benötigt. Da stellt sich schnell die Frage, ob man diese finanzielle Belastung dadurch mindern kann, dass man sie steuermindernd in der Einkommenssteuererklärung geltend macht. Genau dies hat ein Arbeitnehmer versucht und sich durch die Gerichtsinstanzen gekämpft, bis der Bundesfinanzhof kürzlich abschließend über den Fall entschieden hat.

Der Entscheidung des Bundesfinanzhofs lag folgender Sachverhalt zugrunde:

Ein Arbeitnehmer hatte auf dem Weg von seinem Wohnort zur Arbeitsstelle an einer Tankstelle getankt. Dabei füllte er irrtümlich statt Dieselkraftstoff Benzin in seinem Tank.

Erst während der anschließenden Weiterfahrt fiel dem Arbeitnehmer auf, dass er falschen Kraftstoff getankt hatte.

Das Fahrzeug wurde in einer Werkstatt fachgerecht repariert, wodurch Reparaturkosten in Höhe von 4.248 EUR entstanden.

Nachdem der Arbeitnehmer die Reparaturkosten bezahlt hatte, hoffte er, wenigstens in seiner Steuererklärung diese Kosten als Werbungskosten steuermindernd ansetzen zu können und damit seine Einkommenssteuerlast deutlich zu verringern.

Das Finanzgericht Niedersachsen hatte dem Antrag des Arbeitnehmers zunächst stattgegeben und dies damit begründet, dass Aufwendungen für Unfallschäden neben den Pauschbeträgen des § 9 Abs. 1 Nr. 4 EStG als Werbungskosten abzusetzen seien. Die Außergewöhnlichkeit dieser Aufwendungen ergebe sich schon daraus, dass Unfälle ihrer Natur nach außergewöhnliche Ereignisse sind und sich daher einer Erfassung in Pauschbeträgen entziehen.

Das Bundesfinanzgericht hat diese Entscheidung aufgehoben und festgestellt, dass die Reparaturaufwendungen nicht als Werbungskosten neben der Entfernungspauschale abziehbar sind. Der Arbeitnehmer konnte daher seine Reparaturkosten von 4.248 EUR nicht als Werbungskosten steuermindernd in Ansatz bringen.

Um die Entscheidung des Bundesfinanzhofs besser verstehen zu können, muss man sich mit der Natur der Entfernungspauschale auseinandersetzen.

Die Entscheidung des Gesetzgebers für eine pauschale Abrechnung der Entfernungskilometer bei den Werbungskosten führt einerseits zu einer deutlichen Vereinfachung für den Steuerpflichtigen und die Finanzverwaltung.

Gäbe es keine Pauschale, müsste der Steuerpflichtige den Anfall der Aufwendungen, die typischerweise und regelmäßig bei den Wegen zwischen Wohnung und regelmäßiger erster Tätigkeitsstätte entstehen, nachweisen. Er müsste also jedes Jahr eine Abrechnung erstellen und insbesondere folgende Positionen nachweisen:

  • Aufwendungen für Benzin und Öl für die Fahrten mit dem Kfz
  • anteilig auf diese Fahrten entfallenden Abschreibungen,
  • gewöhnliche und typische Reparaturen sowie Inspektionen.
  • aufgrund eines Unfalls erhöhte Versicherungsprämie
  • Kfz-Unfallversicherung für die Insassen.
  • Kaskoversicherung
  • Park- und Parkhausgebühren
  • Garagenkosten
  • Schuldzinsen für einen Kredit zur Anschaffung des Kraftfahrzeugs

Diese genaue Abrechnung und deren Prüfung durch die Finanzverwaltung erspart sich der steuerpflichtige Arbeitnehmer durch die Entfernungspauschale.

Der Bundesfinanzhof hat sich in diesem Zusammenhang dafür entschieden, dass auch hohe Reparaturaufwendungen, hier die unvorhersehbaren Reparaturkosten der Fehlbetankung, von der Abgeltung durch die Pauschalregelung umfasst sind.

Daher können die Reparaturkosten wegen der Fehlbetankung nicht zusätzlich zu der Entfernungspauschale steuermindernd geltend gemacht werden.

Dies begründet der Bundesfinanzhof mit dem Wortlaut des § 9 Abs. 2 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes: Denn das Gesetz spricht ausdrücklich von: „sämtlichen Aufwendungen“ und macht keine Ausnahmen.

Das führt im Ergebnis zwar zu etwas weniger Einzelfallgerechtigkeit, macht aber die Durchführung und Erledigung der Steuererklärungen in der Gesamtheit viel einfacher.

Die dadurch eingesparten Verwaltungskosten bei der Finanzverwaltung kommen wiederum der Allgemeinheit der Steuerzahler zugute.

Der Bundesfinanzhof stützte seine Entscheidung auch auf die Systematik und dem Sinn und Zweck der Vorschrift des § 9 Abs. 2 Satz 1 des Einkommenssteuergesetzes.

Denn die Einführung der verkehrsmittelunabhängigen Entfernungspauschale zum Veranlagungszeitraum 2001 hatte neben umwelt- und verkehrspolitischen Erwägungen auch und vor allem der Steuervereinfachung gedient.

Verfassungsrechtliche Bedenken gegen diese Auffassung hat der Bundesfinanzhof nicht gesehen. Dem ist zuzustimmen. Nach Gleichheitssatz des Art. 3 GG darf Gleiches nicht ungleich behandelt werden.

Damit ist eine Regelung, die für einen Einzelnen ungleich wirkt, verboten.

Das verbietet aber nicht eine allgemeine pauschale Regelung bestimmter Bereiche und Lebensverhältnisse. Eine steuerrechtliche Regelung muss nicht jede individuelle Besonderheit erfassen. Denn der Gesetzgeber darf die Besteuerung eines typischen, für den jeweiligen Einzelfall aber fiktiven Sachverhalts anordnen und hat dabei einen weiten Ermessensspielraum.

Daher gilt: Augen auf beim Tanken. Denn die Folgekosten der Fehlbetankung sind hoch und können nach der neuen Entscheidung des Bundesfinanzhofs nicht mehr steuermindernd als Werbungskosten in Ansatz gebracht werden.

 

Quellen:

BFH (Bundesfinanzhof), Urteil vom 20.03.2014, VI R 29/13
Pressemitteilung BFH Nr. 46 vom 25.06.2014
Lochte, in Frotscher/Geurts, EStG, § 9 EStG Rz. , Stand: 10.06.2014 (zit. nach Haufe.Steuer Office)

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