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Rechtsanwälte können Wiedereinsetzungsantrag nicht erfolgreich mit Überlastung der Mitarbeiter begründen*

Rechtsanwälte können Wiedereinsetzungsantrag nicht erfolgreich mit Überlastung der Mitarbeiter begründen*
Aktuelles
02.10.2025 — Lesezeit: 3 Minuten

Rechtsanwälte können Wiedereinsetzungsantrag nicht erfolgreich mit Überlastung der Mitarbeiter begründen*

Nach der Entscheidung des OLG Frankfurt a.M. vom 1.9.2025 (- 3 U 69/25) muss in einer Rechtsanwaltskanzlei sichergestellt werden, dass die Angestellten ihre Aufgaben auch dann zuverlässig erfüllen, wenn die Belegschaft durch Krankheit und Ausscheiden einer Mitarbeiterin reduziert ist. Einer eventuellen Überlastung, die dadurch entsteht, dass dem verbliebenen Personal zu viele Aufgaben übertragen werden, muss entgegengewirkt werden. Ein Antrag auf Wiedereinsetzung in eine wegen Überlastung versäumte Berufungsbegründungsfrist hat insofern keine Aussicht auf Erfolg.

Der Fall:

Die Beklagten wurden vom LG in einem Schadensersatzprozess aufgrund von Mängeln bei einem Hauskauf zur Zahlung von knapp 30.000 € verurteilt. Die hiergegen eingelegte Berufung begründete ihre Rechtsanwältin nicht rechtzeitig. Ihren Antrag auf Wiedereinsetzung in die versäumte Frist erläuterte sie damit, dass die Berufungsbegründungfrist infolge eines Fehlers „der verbliebenen Büroangestellten“ nicht in den Fristenkalender eingetragen worden sei. Eine „personelle Ausdünnung“ bei den Kanzleimitarbeitern habe zu dem einmaligen Eingabefehler der verbliebenen Mitarbeiterin geführt.

Die Entscheidung:

Das OLG wies den Antrag auf Wiedereinsetzung zurück und verwarf die Berufung unanfechtbar als unzulässig. Denn es liegt keine unverschuldete Fristsäumnis vor.

Die von der Rechtsanwältin dargelegte drastische Reduzierung des Personals infolge Erkrankung einer Mitarbeiterin und Ausscheiden eines weiteren Mitarbeiters konnte zwar die Gefahr der Überlastung der verbliebenen Mitarbeiterin bergen. Es ist jedoch nicht auszuschließen, dass diese – auf einem Organisationsverschulden beruhende – Überlastung die Ursache für den festgestellten Fehler war.

Die eigenen Sorgfaltspflichten einer Rechtsanwältin sind erhöht, wenn Störungen in der Organisation des Berufsalltags auftreten, die dazu führen können, dass die zulässig delegierten Pflichten der Anwältin nicht erfüllt werden. Sie muss stets sicherstellen, dass die Angestellten ihre Aufgaben auch dann zuverlässig erfüllten, wenn die Belegschaft durch Krankheit und Ausscheiden einer Mitarbeiterin reduziert ist. Dazu gehört, einer eventuellen Überlastung entgegenzuwirken, die dadurch entsteht, dass dem verbliebenen Personal zu viele Aufgaben übertragen werden.

Auf welche Weise eine Rechtsanwältin die Belastung des verbliebenen Personals in zumutbaren Grenzen hält, bleibt ihr überlassen. Im Einzelfall kann es auch notwendig werden, dass die Anwältin die delegierten Aufgaben, wie zum Beispiel die Fristenkontrolle, wieder an sich zieht.

Es ist nicht erkennbar, dass die Prozessbevollmächtigte der Beklagten geeignete Maßnahmen getroffen hat, um trotz des personellen Engstandes eine ausreichende Fristenkontrolle zu gewährleisten. Der Organisationsmangel war auch für die Fristversäumnis ursächlich. Sofern nicht alle möglichen und zumutbaren Maßnahmen zur Wahrung einer Frist ergriffen wurden, geht es zulasten der Rechtsanwältin, wenn nicht festgestellt werden kann, dass die Frist auch bei Durchführung dieser Maßnahmen versäumt worden wäre.

* Quelle: Verlag Dr. Otto Schmidt vom 26.09.2025

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Steffen Pasler
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht

Mail: rostock@etl-rechtsanwaelte.de


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