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Ruht der Anspruch auf Krankengeld, wenn die AU- Bescheinigung der Kasse nicht vorliegt?

Ruht der Anspruch auf Krankengeld, wenn die AU- Bescheinigung der Kasse nicht vorliegt?
Frage des Tages
15.04.2024

Ruht der Anspruch auf Krankengeld, wenn die AU- Bescheinigung der Kasse nicht vorliegt?

Nein, sagt das Bundessozialgericht (BSG, Urteil v. 30.11.2023 – B 3 KR 23/22 R). Krankenversicherte können Krankengeld auch dann beanspruchen, wenn weder sie selbst die Arbeitsunfähigkeit (AU) der Krankenkasse gemeldet noch die behandelnde Vertragsärztin bzw. der behandelnde Vertragsarzt die AU-Daten der Kasse elektronisch übermittelt hat. Denn mit der gesetzlichen Einführung der unmittelbar elektronischen Übermittlung der AU-Daten an die Krankenkasse ist die Obliegenheit Versicherter zur Meldung einer vertragsärztlich festgestellten AU entfallen.

In den Entscheidungsgründen heißt es hierzu:

„Die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte und Einrichtungen sind verpflichtet, die von ihnen festgestellten Arbeitsunfähigkeitsdaten aufzuzeichnen und zu übermitteln (§ 295 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB V idF des Art 2 Nr 3 Buchst b Doppelbuchst aa TSVG, in Kraft getreten nach Art 17 Abs 5 TSVG am 1.1.2021). Diese Angaben sind unter Angabe der Diagnosen sowie unter Nutzung der Telematikinfrastruktur nach § 291a SGB V unmittelbar elektronisch an die Krankenkasse zu übermitteln; dies gilt nicht für Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen, die nicht an die Telematikinfrastruktur angeschlossen sind (§ 295 Abs 1 Satz 7 SGB V idF des Art 2 Nr 3 Buchst b Doppelbuchst bb TSVG, in Kraft getreten nach Art 17 Abs 5 TSVG am 1.1.2021; seit 1.1.2020 § 295 Abs 1 Satz 10 SGB V aufgrund Satzeinfügungen durch Art 1 Nr 27 Buchst a MDK-Reformgesetz vom 14.12.2019, BGBl I 2789, in Kraft getreten nach Art 15 Abs 1 MDK-Reformgesetz am 1.1.2020, vgl dazu erneut BT-Drucks 19/29384 S 7, 176). Die Angaben nach § 295 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB V sind unter Angabe der Diagnosen seit 9.6.2021 unter Nutzung des sicheren Übermittlungsverfahrens nach § 311 Abs 6 SGB V über die Telematikinfrastruktur unmittelbar elektronisch an die Krankenkasse zu übermitteln; nach wie vor gilt dies nicht für Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen, die nicht an die Telematikinfrastruktur angeschlossen sind (§ 295 Abs 1 Satz 10 SGB V idF des Art 1 Nr 26 Buchst a DVPMG, in Kraft getreten nach Art 20 Abs 1 DVPMG am 9.6.2021; hierbei handelt es sich um die Korrektur eines Fehlverweises auf die Regelungen zur Telematikinfrastruktur infolge der Änderungen durch das Patientendaten-Schutz-Gesetz – PDSG vom 14.10.2020, BGBl I 2115, dazu BT-Drucks 19/29384 S 182; zu den Änderungen in der Telematikinfrastruktur und Neustrukturierung von deren Regelungen durch das PDSG insoweit BT-Drucks 19/18793 S 95, 98).

(…) Zwar ruht der Anspruch auf Krankengeld nach § 49 Abs 1 Nr 5 SGB V, solange die Arbeitsunfähigkeit der Krankenkasse nicht gemeldet wird, wenn die Meldung nicht innerhalb einer Woche nach Beginn der Arbeitsunfähigkeit erfolgt. Bezug genommen ist damit auf die Obliegenheit des Versicherten, der Krankenkasse zur Vermeidung des Ruhens des Krankengeldanspruchs zeitgerecht die Arbeitsunfähigkeit mitzuteilen (vgl. hierzu aus der Rechtsprechung des Senats zur bis 31.12.2020 geltenden Rechtslage BSG vom 25.10.2018 – B 3 KR 23/17 R – BSGE 127, 53 = SozR 4-2500 § 49 Nr. 8; BSG vom 8.8.2019 – B 3 KR 6/18 R – BSGE 129, 20 = SozR 4-2500 § 49 Nr. 9; BSG vom 26.9.2019 – B 3 KR 1/19 R – juris; BSG vom 5.12.2019 – B 3 KR 5/19 R – juris).

(…) Der Anspruch ruht aber nach § 49 Abs 1 Nr. 5 SGB V auch dann nicht, wenn die Übermittlung der Arbeitsunfähigkeitsdaten im elektronischen Verfahren nach § 295 Abs 1 Satz 10 SGB V erfolgt. Bezug genommen ist damit auf die Übermittlungspflicht der an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte und Einrichtungen nach § 295 Abs 1 Satz 1 Nr 1 iVm Satz 10 SGB V, die seit 1.1.2021 gilt. (…) Dass der Anspruch auf Krankengeld hiernach dann nicht ruht, wenn die Arbeitsunfähigkeitsdaten im elektronischen Verfahren übermittelt werden, bedeutet nicht, dass er dann ruht, wenn diese Übermittlung durch den Vertragsarzt – sei es generell, sei es nur aufgrund von Störungen oder Unterlassungen im konkreten Einzelfall – nicht erfolgt und auch der Versicherte nicht die Arbeitsunfähigkeit innerhalb einer Woche nach ihrem Beginn der Krankenkasse meldet. Vielmehr ist mit der gesetzlichen Einführung der Übermittlungspflicht für die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte und Einrichtungen zum 1.1.2021 die Obliegenheit des Versicherten zur Meldung einer vertragsärztlich festgestellten Arbeitsunfähigkeit ganz entfallen (ebenso LSG Berlin-Brandenburg vom 12.7.2023 – L 14 KR 273/22 – juris RdNr 26 ff). (…).“

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Katrin-C. Beyer, LL.M.
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Dr. Uwe P. Schlegel
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