Betriebsbegriff im KSchG nur inlandsbezogen
Für die Beschäftigtenzahl nach § 23 Abs. 1 KSchG ist regelmäßig nur auf Betriebsangehörige im Inland abzustellen. Das entschied das LAG Rheinland-Pfalz am 2.9.2025 – 4 SLa 200/24
Der Fall:
Der war in einer deutschen GmbH angestellt, die Sparte in einen spanischen Unternehmenszweigverlagerte. Zeitnah begleitend schloss sie den Standort am Klägerwohnort bis auf einen Vorort-Bürobestand, von wo aus der Kläger noch arbeitete. Ab etwa 2012 war der Kläger allerdings der einzige noch in Deutschland verbliebene Spartenmitarbeiter.
Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis des Klägers im März 2024 „ordentlich fristgemäß zum nächst zulässigen Zeitpunkt“. Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner vorliegenden Klage. Er reklamiert die Geltung des allgemeinen Kündigungsschutzes. Der Kläger meint, es bedürfe der verfassungskonformen Auslegung des § 23 Abs. 1 KSchG unter Berücksichtigung des allgemeinen Gleichheitsgrundsatzes nach Art. 3 Abs. 1 GG sowie seiner Berufsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG dahin, dass neben seiner Person auch die in Spanien tätigen Beklagtenbeschäftigten in die Schwellenwertbemessung einbezogen würden.
Das ArbG wies die Klage ab.
Die Entscheidung:
Die Berufung des Klägers hatte vor dem LAG keinen Erfolg.
Dem Kläger kommt mangels überschrittenen Schwellenwertes nach § 23 Abs. 1 KSchG der allgemeine Kündigungsschutz nicht zu. Für die maßgebliche Beschäftigtenzahl ist nur auf „Betriebsangehörige“ im (deutschen) Inland abzustellen.
Dem Kläger ist zwar zuzugeben, dass das BVerfG in der Schwellenwertbestimmung einen verfassungsrechtlich nach Art. 12 Abs. 1 GG und Art. 3 Abs. 1 GG nicht zu beanstanden Interessenausgleich erkennt, der dem in kleineren Beschäftigungseinheiten typischerweise erhöhten arbeitgeberseitigen Schutzbedürfnis angesichts der mit weniger Arbeitskräften und höherer personeller Anfälligkeit angestrebten Geschäftserfolge Rechnung trage sowie angesichts einer von regelmäßig geringerer Finanzausstattung und kleinerer Leistungsfähigkeit geprägten Umgebung angemessen Rechnung trägt. Individuell Kündigungsbetroffenen stünden hinsichtlich ihrer Berufsfreiheit dem Geschehen auch nicht vollkommen schutzlos gegenüber, sondern könnten sich im Rahmen der zivilrechtlichen Generalklauseln gegen sitten- oder treuwidrige Arbeitsplatzverluste durchaus erwehren.
Um im Hinblick auf Art. 3 Abs. 1 GG allerdings sachfremde Ergebnisse auszuschließen, könne bei Einheiten größerer Unternehmen indes an eine verfassungskonforme Normauslegung gedacht werden. Beispielhaft wird deshalb eine Bejahung der Schwellenwertanforderung erwogen, soweit Betriebsleitungen im Ausland ansässig seien, im Gebiet der Bundesrepublik jedoch die ausreichende Zahl Arbeitnehmender beschäftigt wird. Als wesentlicher Anknüpfungspunkt für die schwellenwerterfüllende Einheit wird insgesamt zudem ausgemacht, dass sich die Arbeitsverhältnisse der einzubeziehenden Beschäftigten alle nach deutschem Recht richteten. Den Streitfall kennzeichnet keine dieser erwogenen Ausnahmen. Der Kläger ist einziger Inlandsbeschäftigter der Beklagten. Betriebssitz und weitere Beschäftigungen finden wesentlich nur in Spanien statt. Unter dortiger Betriebsstättenangabe wurde dem Kläger eben zuletzt die formulargemäße Arbeitsbescheinigung nach § 312 SGB III erteilt – wie zuvor bereits auch die mtl. Entgeltabrechnungen erteilt waren.